Gretchenfrage in Flims
Die anstehende Entscheidung der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger in Flims über massive Investitionen in eine Bergbahninfrastruktur fordert eine objektive Sicht der Dinge.
1.Die bestehenden Investitionen in die Infrastruktur der Finanz Infra AG wurden in Synergie mit öffentlichen Aufgaben getätigt. Die neuen Beschneiungsanlagen dienen auch der Stromerzeugung, das Parkhaus im Stennazentrum der Verkehrserschliessung. Die Gemeinden haben somit schon heute «den Fuss in der Türe». Weitere Investitionen müssen wohl überlegt sein.
2.Das Problem der Nachfolgeregelung des Haupt-Aktionariates steht an. Ist es nicht sinnvoll, dass die Gemeinden über die Nachfolge mitbestimmen können, bevor sie ins volle Risiko gehen?
3.Die Gemeinden kommen mit den geplanten Investitionen wohl oder übel in die Verantwortung der Preisgestaltung der Bergbahnen. Wie werden die Interessen der Einheimischen, «Zweitheimischen», Hotelgäste und Tagesausflügler abgedeckt? Das ist ein wichtiges Kriterium für die Wahl des neuen Investors auf Seiten des Betreibers.
4.Auch die Bonitäten der Gemeinden haben Grenzen. Instandhaltungskosten werden meistens unterschätzt und hochtechnische Bauwerke haben heutzutage eine kurze Lebensdauer mit grossem Abschreibungsbedarf. Zudem stehen auch andere Aufgaben an. Irgendwann ist das Fass voll und der Zinshammer schlägt zu.
Somit stellt sich die Gretchenfrage:
Was ist die Aufgabe einer Gemeinde und was sind die dazu erforderlichen Bedingungen?
Adrian Steiger
Ex-Gemeindepräsident Flims
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Geschätzter Herr Steiger Ihr…
Geschätzter Herr Steiger
Ihr Leserbrief bringt es auf den Punkt: Die anstehende Entscheidung über Millioneninvestitionen in die Flimser Bergbahninfrastruktur ist kein nostalgischer Abstecher ins Winterwonderland, sondern ein riskanter Balanceakt zwischen strategischer Weichenstellung, begrenzten Gemeindebudgets und politischer Verantwortung.
Der «Fuss in der Tür» ist längst drin – jetzt steht die Gemeinde davor, das ganze Haus zu kaufen – inklusive Reparaturstau, Aktionärsinteressen und dem potenziellen Zinshammer. Wer hier beherzt «Ja» sagt, sollte wissen: Es geht nicht um glitzernde Pisten, sondern um die schleichende Transformation eines Gemeinwesens zur AG – mit Gemeinderat als Aufsichtsrat.
Ein Blick nach Chur mahnt zur Vorsicht: Die Brambrüeschbahn wurde zum Mahnmal falsch gestellter Fragen – öffentlich gewollt, wirtschaftlich verfehlt, am Ende teuer bezahlt. Droht Flims ein ähnliches Szenario? Wie in Chur ist auch in Flims die Bonität endlich – und die Liste der Pflichtaufgaben lang: Schulen, Pflege, Digitalisierung, Klimaanpassung. Was bringt der schönste Sessellift, wenn das Dach der Primarschule tropft?
Ja, eine starke Tourismusregion braucht Zukunftsperspektiven. Aber öffentlicher Idealismus darf nicht zum Investitionsabenteuer verkommen. Öffentliche Mittel verlangen öffentlichen Verstand. Nicht Glanzprojekte, sondern echter, nachhaltiger Mehrwert! Wer dreistellige Millionenbeträge will, muss auch den politischen Auftrag neu denken – und offenlegen, was wirklich zur Abstimmung steht. Alles andere ist Schönwetterpolitik. Und die kann sich heute niemand mehr leisten.