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Mit Echtzeitdaten den Puls der Wirtschaft messen

Fachhochschule
Graubünden
02.02.21 - 13:33 Uhr
PIXABAY

An der Fachhochschule Graubünden wird ausgebildet und geforscht. Über 2000 Studierende besuchen Bachelor-, Master- und Weiterbildungsstudiengänge. In diesem Blog geben Studierende, Dozierende und Mitarbeitende Einblicke in den Hochschulalltag und in Themen, welche sie gerade beschäftigen.

von Adhurim Haxhimusa und Peter Moser*

Wie wirkt sich der Teil-Lockdown auf die Schweizer Wirtschaft aus? Wie stark beeinträchtigt die Corona-Pandemie die Wintersaison in Graubünden? Zeitnahe Antworten auf diese Fragen sind für Entscheidungsträger von grossem Interesse.

Wichtige volkswirtschaftliche Massgrössen, wie das Bruttoinlandprodukt, die Arbeitslosigkeit oder der private Konsum liegen jedoch erst mit beträchtlichen Zeitverzögerungen vor. Deshalb wird vermehrt auf Echtzeitdaten zurückgegriffen. So werden auf der Plattform «Monitoring Consumption Switzerland» Zahlungsdaten des privaten Konsums zugänglich gemacht. Diese Zahlen zeigen, dass im vergangenen Dezember die Zahlungen mit inländischen Kredit- und Debitkarten ca. 12 Prozent oder 150 Millionen Franken höher waren als im Dezember 2019, dafür aber die Zahlungen von ausländischen Karten sich halbiert haben und um ca. 20 Millionen Franken gesunken sind. Mit der Ladenschliessung ab dem 18. Januar sind jedoch die gesamten Kartenzahlungen in der Schweiz um 23 Prozent zurückgegangen, in Graubünden sogar um 29 Prozent.

Wir an der Fachhochschule Graubünden interessieren uns für den Einfluss der Pandemie auf die regionale Wirtschaft. Im Vordergrund steht der Tourismus. Während die Entwicklung des Tourismus typischerweise mit Logiernächten gemessen wird, werten wir seit Oktober 2020 Verkehrsdaten des motorisierten Individualverkehrs aus, die das ASTRA minütlich an über 500 Messtellen in der gesamten Schweiz erhebt. Diese Daten erlauben, auch den Besuch touristischer Destinationen von Zweitwohnungsbesitzenden und von Tagesgästen abzuschätzen.

Wir haben die Verkehrsflüsse in alle touristischen Regionen der Schweiz in der zweiten Dezemberhälfte 2020 analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass zwischen dem 17. und 31. Dezember 2020 der Individualverkehr mit den touristischen Regionen der Schweiz im Vergleich zur selben Periode im Jahr 2018 um 12 Prozent zurückging. Der Verkehr mit den touristischen Destinationen in Graubünden nahm sogar um 17 Prozent ab. Besonders stark war der Rückgang vom 25. bis 29. Dezember. In dieser Periode lag das Verkehrsvolumen etwa einen Drittel tiefer (schweizweit minus 27, in Graubünden minus 33 Prozent). Selbstverständlich beeinflussen Wetter- und Schneeverhältnisse das Reiseverhalten besonders von Tagesgästen, aber dennoch zeigen diese Daten, dass die Zahl der touristischen Gäste über die Weihnachtstage deutlich abgenommen hat. Ein Lichtblick sind die jüngsten Zahlen für die Zeit vom 1. bis 25. Januar: Der Verkehr in die Bündner Destinationen erreicht fast das Niveau von 2018 (minus 8 Prozent). Demgegenüber geht der Verkehr schweizweit mit den touristischen Destinationen um ca. einen Viertel zurück.

Die Forschungsarbeiten stehen erst am Anfang. Ihr Erfolg hängt davon ab, dass die in vielen Bereichen erhobenen Daten in aggregierter Form in Echtzeit öffentlich gemacht werden, etwa die Eintritte bei Bergbahnen oder die Nutzung des öffentlichen Verkehrs. Zusammen mit Daten zum Energieverbrauch und den Konsumausgaben würde sich daraus ein Cockpit zur aktuellen Wirtschaftslage in Regionen entwickeln lassen. Erste Schritte in diese Richtung werden an der FH Graubünden zurzeit unternommen.

* Dr. Adhurim Haxhimusa, Wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Schwerpunkt Energie- und Klimapolitik, und Dr. Peter Moser, Professor für Volkswirtschaftslehre, sind am Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung tätig: fhgr.ch/zwf. Alle vier Wochen diskutiert die Fachhochschule Graubünden an dieser Stelle aktuelle Themen aus Lehre und Forschung.

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