×

Rückflug

Christian
Ruch
28.03.20 - 04:30 Uhr
BILD PIXABAY
BILD PIXABAY

In «Ruchs Rubrik» beleuchtet Christian Ruch Bedenkliches, Merkwürdiges und Lustiges aus der Region Südostschweiz. Das alles einmal wöchentlich und mit viel Esprit und Humor. Ob Politik, Kultur, Wirtschaft oder Sport – in Ruchs Rubrik hat all das Platz, was sich mit einem Augenzwinkern betrachten lässt.

Diese Woche erlebte ich den letzten Akt meiner Mutation zum Eidgenossen: die Passanfertigung. Allerdings mit einem Passbild ohne Brille, weil die Gläser zu sehr gespiegelt hätten. Mich beunruhigt das, denn ich möchte nicht in Äquatorialguinea verhaftet werden, nur weil man mich auf dem Passbild nicht erkennt.

Zugegeben: Eine Reise nach Äquatorialguinea ist derzeit eher unwahrscheinlich, im Moment läuft ja vielmehr eine gigantische Rückholaktion. Wobei ich da interessante Unterschiede festgestellt habe. Während Mutti für gestrandete Deutsche sofort zig Flugzeuge losgeschickt hat, meinte man beim EDA lange, es sei Sache des Reiseveranstalters bzw. von einem selber, sich um den Rückflug zu kümmern. Richtig so! Schweizer sollen gefälligst hier bleiben. Wer in Mitlödi, Maloja oder Mettmenstetten Ferien macht, braucht auch kein EDA. Wenn sich beispielsweise unsere Aargauer Gäste auf den Bündner Pisten tummeln, finden die meisten von ihnen, sobald sie keine frischen weissen Socken mehr haben, völlig selbständig und ohne behördlichen Beistand nach Hause. Und falls man als Weltenbummler wirklich mal in Not gerät, muss man halt ein bisschen Kreativität an den Tag legen. Wenn mich das EDA nicht holen kann oder will, simuliere ich einfach einen Blinddarmdurchbruch und dann kommt die Rega. Wer einen heimfliegt, ist doch nun wirklich egal. Übrigens hat jetzt auch das Fürstentum Liechtenstein den Ernst der Lage erkannt und erklärt, dass man die Untertanen von dero Fürstliche Gnaden zurückholen werde. Das wird auch höchste Zeit! Zigtausende Liechtensteiner Urlauber irren momentan verzweifelt durch Trübbach, Sevelen und Haag und wissen nicht, wie sie heimkommen sollen. In einem zweiten Schritt folgt der Rückflug der Liechtensteiner Einkaufstouristen, die vor der Migros in Buchs SG auf Rettung warten.

So lehrt uns Covid-19, dass man sich gut überlegen sollte, wohin man reist. Zudem ist angesichts von Home Office und Hausarrest ja mittlerweile nur schon der Aldi ein exotisches Reiseziel. Sollte es dort zu Schlägereien ums WC-Papier kommen, erwarte ich vom EDA, dass es mich rausholt. Ich meine, Aldi ist ja irgendwie Deutschland und wozu habe ich jetzt einen Schweizer Pass?

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.