×

Wolfswanderung

Christian
Ruch
30.03.19 - 04:30 Uhr

In «Ruchs Rubrik» beleuchtet Christian Ruch Bedenkliches, Merkwürdiges und Lustiges aus der Region Südostschweiz. Das alles einmal wöchentlich und mit viel Esprit und Humor. Ob Politik, Kultur, Wirtschaft oder Sport – in Ruchs Rubrik hat all das Platz, was sich mit einem Augenzwinkern betrachten lässt.

Graubünden ist bekanntlich ein Tourismuskanton. Unser Herz schlägt höher, wenn Menschen aus aller Welt beispielsweise nach Davos kommen, weil dort einst eine lungenkranke Frankfurter Instagram-Influencerin namens Heidi mit dem einheimischen Ziegenzüchter Peter das WEF gegründet hat.

Nervös werden wir dagegen, wenn Bündner den Kanton verlassen – auch wenn es nur Vierbeiner sind. So berichtete «Schweiz aktuell», dass im Aargau der erste Wolf gesichtet worden sei. Da ich davon ausgehe, dass es sich um einen unserer Wölfe handelt, stelle ich mir besorgt Fragen: Was will ein Wolf im Aargau? Was ist so toll am Fressbalken und am Shopping-Center Spreitenbach, dass es sich lohnt, unsere wunderbaren Täler zu verlassen? Und wissen Aargauer mit so einem Wolf überhaupt richtig umzugehen? Als ich in den Aargau zog, bekam ich netterweise einen Kehrichtsack und Jodtabletten für den atomaren Ernstfall geschenkt – kann der Wolf ebenfalls mit solch einer Gratisdienstleistung rechnen? Ich verstehe auch den ganzen Hype nicht so ganz: Bündner Wölfe sind schon viel weiter gewandert. So wurde vor einiger Zeit mal ein Wolf aus unserem Calanda-Rudel auf der Autobahn A5 zwischen Basel und Karlsruhe überfahren. Das war ein besonders tragischer Fall, denn dieser Wolf war wie so viele Eidgenossen auf dem Weg zum Europa-Park in Rust, allerdings nicht vergnügungshalber, sondern weil er im Märchenland eine neue Stelle an der Seite einer weiblichen Fachkraft namens Rotkäppchen antreten wollte. Ob der Wolf im Aargau auch einem tollen Jobangebot der Rüebliländer gefolgt ist, ist leider unklar. Möglicherweise hat er sich in der kantonalen Verwaltung auf eine Stelle als Reisswolf beworben.

Eins ist jedenfalls klar: Graubünden muss sich darum kümmern, dass Wölfe nicht auswandern müssen. Mein Vorschlag: Da die doofen Touristen es sowieso nicht merken, dichten wir die Geschichte vom Heidi halt etwas um, entlassen im Heididorf die Geissen und stellen stattdessen Wölfe ein. Und der Peter ist ab sofort ein Wolfgang. Genial, oder?

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.