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Aisha mailt

Christian
Ruch
17.11.18 - 04:30 Uhr
PIXABAY

In «Ruchs Rubrik» beleuchtet Christian Ruch Bedenkliches, Merkwürdiges und Lustiges aus der Region Südostschweiz. Das alles einmal wöchentlich und mit viel Esprit und Humor. Ob Politik, Kultur, Wirtschaft oder Sport – in Ruchs Rubrik hat all das Platz, was sich mit einem Augenzwinkern betrachten lässt.

Kaum hatte ich meinen 50. Geburtstag mit der angesichts des tragischen Ereignisses nötigen Fassung gefeiert, war ich für gewisse Damen uninteressant. Genauer gesagt für jene Russinnen, deren Deutschkenntnisse ähnlich knapp sind wie die Rocklänge auf den mitgesandten Fotos. Diese Natalias, Irinas und wie sie alle hiessen, schickten mir, als ich noch ein sexy Endvierziger war, regelmässig Mails mit netten Worten wie «Hallo meine shone Herr wie geht?» und stellten einen vertieften Austausch in Aussicht. Wie tief, zeigte ihr Dekolleté.

Aber eben: Alles vorbei. Die einzige Frau, die mir jetzt noch schreibt, ist Aisha Gaddafi, Tochter eines berühmten Vaters. Sie mailt regelmässig aus einem Flüchtlingslager in Niger und bittet mich um Hilfe ihr Familienvermögen betreffend, dies für eine recht grosszügige Aufwandsentschädigung. Doch mich kränkt das: Bei Irina und Swetlana ging es immer um grosse, echte Gefühle, nicht um schnöden Mammon. Dass sich Aisha an jemanden aus der Schweiz wendet, ist natürlich naheliegend, denn dieses Land verfügt ja über einen hart erarbeiteten guten Ruf im Bereich Vermögensverwaltung von Despotendepots. Sympathischer sind mir da meine Follower auf Twitter, die mich nicht derart plump um Gefälligkeiten angehen. Zu ihnen zählen auch Darstellerinnen im Bereich der ebenso stimmgewaltigen wie rhythmischen Leibesübungen mit männlichem Partner zum Zwecke der Erwachsenenunterhaltung. Diese Filmschauspielerinnen sind noch ärmer als Irina und Co., denn sie können sich nicht mal ein Dekolleté leisten. Wobei ich finde, dass sie da schon auch ein bisschen selbst dran schuld sind, denn so manche Dame scheint viel Geld für ein chirurgisches Upgrade verbraucht zu haben, statt sich was Anständiges zum Anziehen zu kaufen.

So gesehen hat sich Aisha den Sinn für das Wesentliche bewahrt. Sie weiss, dass es im Saharasand sinnlos wäre, aus ihren Lippen ein Schlauchboot zu formen. Und es stört sie nicht, dass ich schon 50 bin. Das ist für Männer meines Alters doch schon mal ein grosser Trost.

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