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Time-out

Christian
Ruch
12.08.17 - 10:14 Uhr

In «Ruchs Rubrik» beleuchtet Christian Ruch Bedenkliches, Merkwürdiges und Lustiges aus der Region Südostschweiz. Das alles einmal wöchentlich und mit viel Esprit und Humor. Ob Politik, Kultur, Wirtschaft oder Sport – in Ruchs Rubrik hat all das Platz, was sich mit einem Augenzwinkern betrachten lässt.

Früher, als dieses Land sich noch mit Wichtigerem als der Frage beschäftigte, ob eine alleinerziehende Mutter Bundesrätin werden kann, gab es die Guten Dienste. Die leistete die Schweiz, um diskret zwischen Konfliktparteien zu vermitteln. Das wäre mit Blick auf Nordkorea vielleicht wieder mal ganz nützlich. Und da man beim US-Präsidenten hinsichtlich der Empfänglichkeit für Vernunft die Erwartungen doch stark dämpfen muss, sollte man bei Kim Jong-Un ansetzen. Schliesslich kennt der die Schweiz.

Meine Idee ist zugegeben etwas kühn: Wie bei verhaltensauffälligen Buben üblich, bekommt Kim ein sogenanntes Time-out in Form einer sinnvollen Beschäftigung bei uns. Er darf, seinen Neigungen entsprechend, im Auftrag der Eidg. Materialprüfungsanstalt Empa Silvester- resp. Erstaugustraketen testen. Ist natürlich etwas heikel, weil ja der Missbrauch von Pyrotechnik neuerdings bestraft werden kann. Doch das muss uns der Weltfrieden wert sein. Ort des Time-outs wäre der Thurgau, wo man eh nichts mehr anrichten kann. Aus Mostindien liesse sich bestimmt problemlos ein Mostkorea machen, zumal die Pferde dort so abgemagert sind, dass sich Kim wie daheim fühlen muss. Und ob die Raketen jetzt im Japanischen oder im Schwäbischen Meer niedergehen, ist ihm wahrscheinlich egal. Sollte dabei bedauerlicherweise das bei Einkaufstouristen so beliebte Konstanzer Shopping-Center «Lago» abgefackelt werden, käme es zwar zu einer empörten UN-Resolution Deutschlands, doch von der Interessengemeinschaft Detailhandel Schweiz bekäme der Bub immerhin den sehr nordkoreanisch anmutenden Titel „«Heldenhaft hellstrahlender Lichterglanz am Abendhimmel» verliehen.

Ist das Time-out erfolgreich, wird Kim also dank des Praktikums bei der Empa empathisch, könnte man ihn ja vielleicht sogar zum Bleiben bewegen und zum Bundesrat machen. Ich finde, dieses Land braucht einen Politiker, der die Massen in Ekstase versetzt. Vor allem aber wäre er garantiert keine alleinerziehende Mutter. Und das ist doch das Wichtigste. Oder?

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