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Musik in meinem Kopf

Karin
Hobi-Pertl
07.05.17 - 13:29 Uhr

Karin Hobi-Pertl ist zweifache Mutter und «nebenbei» noch Autorin. Seit ihrer Jugendzeit schreibt sie - aus Leidenschaft und Berufung. In ihrem Blog berichtet sie über Mutterfreuden, Perfektionismus und was das Muttersein noch so mit sich bringt.

Ich habe Musik in meinem Kopf. Genau. Tagtäglich trällere und summe ich sie vor mich hin, meine Ohrwürmer. «I ghöre es Glöggli» ist quasi Hit Number one. Dicht gefolgt von «Siebe kugelrundi Soi» und die Kinderlieder von Linard Bardill sind ebenfalls ganz weit vorne. Ja, ich erlebe meine Kindheit zum zweiten Mal. Die meisten meiner Jeans haben Löcher bei den Knien (kein Joke!). Im Kinderbuchladen flippe ich fast aus, wenn ich Geschichten wie «Jim Knopf», «Pippi Langstrumpf» oder «Die dumme Augustine» begegne und sie dann immer und immer wieder meinen Kindern erzähle (ich kann es kaum erwarten, wenn «Die Kinder von Bullerbü» und «Hanni und Nanni» an der Reihe sind!). Ich spiele wieder Memory und Lego, baue Türme und beobachte fasziniert, wie die Murmeln die «Kügelibahn» hinunterrollen. Und – das hätte ich niemals von mir gedacht – ich spreche ab und zu in der Babysprache und von mir als «Mammi» in der dritten Person!

In meiner kindlichen Erwachsenenwelt erinnere ich mich daran, dass ich die Erwachsenen als Kind oft komisch fand. Aussagen wie «Ist sie gross geworden» (was sowieso nie stimmte, ich war immer die Kleinste) oder Vergleiche, wem ich denn nun ähnlichsehen würde, nervten. Ermahnungen wie «Tu das nicht», «Das ist gefährlich» oder «Hör bitte damit auf» verdarben mir jeglichen Spass. Und bei was ertappe ich mich heute ständig? Ich rede mir tagtäglich den Mund schusselig mit mahnenden Worten, suche nach Ähnlichkeiten mit Mamma und Papa und stelle immer wieder laut und staunend fest, wie «gross» unsere Kleinen schon geworden sind. Sie haben es nicht einfach mit uns, die kleinen Menschen.

Als Mutter kann ich aber leider nicht nur herumtollen, kuscheln, schmusen und spielen. Ich trage eine Verantwortung. Und ich möchte meinen Kids ja auch Werte mitgeben, sie auf Gefahren hinweisen, sie Dankbarkeit und Wertschätzung lehren. Dabei wäre ich gerne eine offene, moderne und jung gebliebene coole Mutter, die auch mal ein Auge zudrückt. Gleichzeitig möchte ich auch eine Mutter sein, die konsequent ist in ihrem Sagen und Tun. Damit die Kleinen einem nicht auf der Nase herumtanzen. Das wäre ja noch! Natürlich möchte ich auch eine Mutter sein, bei der sich das Kind entfalten und frei entwickeln kann. Die Kids sollen herumtoben können, schmutzig sein und sich vollkleckern dürfen. Sauberkeit und Schönheit ist mir aber ebensor wichtig. Ja, eine Mutter, die Wert legt auf saubere Gesichter und Hände sowie passende Klamotten und die ein Auge für schöne Kinderzimmereinrichtungen hat, das wäre ich ebenfalls gerne. Und eine lustige, humorvolle Mutter. Eine, die viel lacht, auch über sich selbst, und für jeden Spass zu haben ist. Ich möchte eine Mutter sein, die für ihre Kinder da ist. Gleichzeitig aber auch eine, die sich selbst treu bleibt, ihre eigenen Bedürfnisse nicht vergisst und auch die Beziehung zum Ehemann pflegt.

Wie um alles in der Welt ist es mit all diesen Wünschen und Anforderungen an sich selbst möglich, eine gute Mischung zu finden?

Würde ich mich auch noch darum kümmern, es allen andern recht machen zu wollen, wäre ich wohl komplett verloren. Bei manchen bist du akzeptiert, wenn du als Mutter noch arbeitest, andere schauen dich beim Wort «Fremdbetreuung» an, als würdest du das Kind im Wald aussetzen. Je nach Gegenüber begeht «Mutter» einen drastischen Fehler, wenn sie sich für ein Einzelkind entscheidet. Andere sind ausser sich, wenn du «in der heutigen Zeit» über ein zweites oder gar ein drittes oder viertes Kind sprichst. Jeder weiss es besser als der andere. Erwartungen zu erfüllen, um im «Kreise der guten Mütter» aufgenommen zu werden, macht also von Anfang an keinen Sinn. Und wie wäre es mit Authentizität? Leben und leben lassen? Das, worüber jeder spricht, was aber kaum jemand wirklich lebt. Die Erwachsenenwelt ist kompliziert. Und darum ziehe ich mich lieber ein bisschen zurück, singe «Alle meine Entlein» und baue einen Legoturm. Spielen, innehalten, ganz sich selbst und im Hier und Jetzt sein: Wie damals. Als Kind.

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