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Sind wir am Ende der Durchhalteparolen?

Single
Bock
28.10.20 - 16:30 Uhr

Bau ein Haus, pflanz einen Baum, mach ein Kind – dass dieser Lebensentwurf nicht zwangsläufig auf jeden Menschen zugeschnitten ist, beweisen die anonymen Liebesbriefe ans wunderschöne, elende Single-Leben. Ein Hoch auf Selbstgespräche, Dosen-Ravioli und Liebeleien.

So. Da sitze ich also wieder im Homeoffice. In Trainerhosen und T-Shirt. Ich trinke meine fünf Kaffees aus ein und derselben Tasse. Die letzte Rasur ist mehrere Tage her. Das dreckige Geschirr stapelt sich im Spülbecken und Wäschewaschen wäre auch mal wieder nötig. Nur die Kollegen, die Motivation und den Antrieb haben sich verkrümelt. An ihrem Platz sitzen Resignation und Ärger.

Ich bin in einem verf****en Corona-Déjà-Vu. Mittendrin! Was habe ich mich in den vergangenen Monaten mit Durchhalteparolen zu motivieren versucht. Ich habe den Frühlingsputz zelebriert, mir neue Fähigkeiten angeeignet und mir immer wieder einzureden versucht, dass sich die Situation bald verbessern wird. Ich habe mir auf Tinder die Finger wundgeswiped und Face-Time-Dates abgehalten. Ich habe mit Fakeprofilen auf Instagram geflirtet, meinen Kleiderschrank ausgemistet und mich einer finnischen Entspannungstechnik bedient. Immer in der Hoffnung, dass bald alles wieder gut wird. Aber wie es so oft ist: Bevor es besser wird, wird es erst mal noch so richtig scheisse. Corona hat mein Leben in den letzten Monaten bestimmt – und so wie es aussieht, wird es das auch die nächsten Monate noch tun.

Im Frühling hatte das Ganze irgendwie etwas positiv Herausforderndes. Ich hatte gezwungenermassen mehr Zeit für mich. Ich habe versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Die Situation hat sich im Frühling und Sommer entschärft und wir konnten uns einige Freiheiten zurückergattern. Offenbar waren es zu viele. Jetzt wird es Herbst. Die Woche hat mit einem Kälteeinbruch angefangen. Auch im Kopf nimmt der Herbst Einzug. Wir haben die Uhr umgestellt, die Tage werden dunkler und der Gemütszustand verschlechtert sich mit jedem Tag, an dem man von mehr Corona-Hospitalisierungen hört. Und ein Date bei Maskenpflicht macht irgendwie auch keinen rechten Spass – ganz abgesehen davon, dass ich mich momentan unwohl fühle, wenn zu viele Menschen um mich herum sind. Gleichzeitig bin ich gefühlt am Ende meiner Durchhalteparolen angelangt. Es fällt mir im Moment jedenfalls schwer, weitere zu formulieren.

Dabei wären die jetzt wichtiger als je zuvor. Jetzt können wir wirklich zeigen, ob wir Corona können, wie es Bundesrat Berset Ende Mai – im Nachhinein wohl etwas gar optimistisch – formuliert hat. Aber, diese Situation wird vorbeigehen. Irgendwann. Daran sollten wir uns orientieren. Es ist für alle eine beschissene Lage. Genau deswegen sollten wir uns jetzt (wieder) darauf konzentrieren, das Tal der Ernüchterung zu durchwaten, um bald wieder den sprichwörtlichen Silberstreifen am Horizont zu sehen.

Es geht vorbei. Versprochen. Haltet durch ... und passt auf Euch auf

Euer Singlebock

P.S. wie motiviert Ihr Euch in dieser Zeit? Schreibt es mir in die Kommentare. Ich brauche das jetzt.

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