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15 müsste man nochmals sein

Single
Böckin
12.09.19 - 16:30 Uhr
PIXABAY
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Bau ein Haus, pflanz einen Baum, mach ein Kind – dass dieser Lebensentwurf nicht zwangsläufig auf jeden Menschen zugeschnitten ist, beweisen die anonymen Liebesbriefe ans wunderschöne, elende Single-Leben. Ein Hoch auf Selbstgespräche, Dosen-Ravioli und Liebeleien.

Was hatte man doch mit 15 Jahren noch für Probleme! Die Eltern verlangten gute Noten – schliesslich sollte man eine anständige Lehre oder den Sprung ins Gymnasium schaffen –, die Lehrer versuchten einem Freikurse schmackhaft zu machen, man selbst versuchte möglichst coole Kleidung zu tragen und versteckte den neuen Freund vor Mama und Papa. Was für ein Leben, denkt sich mein heutiges Ü30-Ich und schwelgt in Erinnerungen. 

Die Sache mit dem Erinnern, kann aber auch schnell peinlich werden. Wenn ich an meine damaligen MSN-Chats denke, dann erröte ich immer noch. Wie offenherzig wir da über mögliche Paarungsrituale und Intimbehaarung sprachen. Schockierend. Heutzutage würden wir dabei wohl von Sexting sprechen. Dating-Apps wie Tinder gab es zwar noch nicht, aber der Bluewin-Chat verhalf einem, zum einen oder anderen neuen Kontakt und mir gar einmal zu einem Blinddate. Würde meine Patentochter heutzutage sagen, dass sie sich mit 15 Jahren zu einem Blinddate treffen würde, würde ich sie wohl ohne Einverständnis der Eltern ins Kloster schicken. Damals herrschte aber noch heile Welt. Zumindest in meinen Augen und deshalb traf ich mein Blinddate. 

Das Treffen vereinbarten wir vor einem Detailhändler, vor welchem früher noch der Stadtbus hielt und die Kids auch heute noch abhängen. Das Date endete nach knapp fünf Minuten. Irgendwie hatten wir optisch jeweils etwas anderes erwartet. Jahre später – ja, Graubünden ist wie ein Dorf – können wir nun über diese Begegnung lachen. Ach, wie war doch alles noch so furchtbar unkompliziert. 

Heute, 15 Jahre später, horche ich meiner Freundin, welche einen 15-jährigen Sohn hat. Dieser hat seinen Sommer gerade in vollen Zügen genossen. Das schliesse ich zumindest aus den Geschichten seiner Mutter, welche das Liebesleben ihres Sohnes mit Skepsis verfolgt. Der junge Mann traf sich nicht etwa mit zwei, nicht etwa mit drei, sondern gar vier Mädchen gleichzeitig. Wow, dass nenne ich mal Multitasking. Und ich schwanke gerade zwischen Bewunderung und Nachdenklichkeit. Ich bewundere, dass man(n) vier Frauen gleichzeitig treffen kann, ohne sich dabei erwischen zu lassen und nachdenklich, weil ich hoffe, dass nicht der Eindruck entsteht, dass man dieses Konzept noch Jahre lang so weiterführen kann. Und doch beneide ich ihn gerade ein wenig. 

Damals, mit 15 Jahren, hielt der Liebeskummer maximal ein paar Tage an, man machte sich noch keine Gedanken über eine gemeinsame Zukunft oder über die Vater- bzw. Mutter-Qualitäten des Gegenübers. Man war einfach verliebt und manchmal auch in mehrere Personen gleichzeitig.

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