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In Quarantäne auf italienischer Halbinsel

Hans Peter
Danuser
31.03.20 - 04:30 Uhr
BILD ZVG
BILD ZVG

Hans Peter Danuser und Amelie-Claire von Platen sind im Engadin zu Hause und zeigen uns ihren Blickwinkel. Was bewegt Land und Leute? Wo ist das Engadin stark und wo hinkt es einzelnen Mitbewerbern hinterher? Und was geschieht auf politischer Bühne? Der Blog «Engadin direkt» berichtet persönlich und authentisch.

Aufgrund verschiedener Umstände lebe ich seit einigen Wochen mit meiner Familie auf der Halbinsel Piona am oberen Comer See in Quarantäne. Das mag bei den aktuellen Corona-Zahlen dieser Region dramatisch klingen, ist es aber nicht. Einzige Nachbarn sind einige Wildschweine, Hirsche und unzählige Vögel aller Art. Die Italiener bleiben zu Hause und halten sich an die Weisungen der Regierung, wir ebenfalls.

Die Virus-Krise nehmen wir vorwiegend akustisch wahr: Ambulanz- und Polizeisirenen auf den Uferstraßen beidseits des Sees, 'Lautsprecher- und Balkon-Konzerte' um 12 Uhr mittags, 18 und gelegentlich 21 Uhr mit Chorliedern von Verdi und Trompetensolos mit «Il silenzio», die wir bei Windstille auch vom gegenüber liegenden, drei Kilometer entfernten Ufer gut hören.

Um 18.30 Uhr antworte ich jeweils mit dem Alphorn «auf Italienisch»: ebenfalls ««Il silenzio», nur langsamer und mit weniger Wiederholungen, plus Melodien aus Aida, Wilhelm Tell/Rossini und der italienischen Nationalhymne. Die akustische Reichweite des Alphorns beträgt acht Kilometer....

Tagsüber ergänzen die Kirchenglocken das Programm, die – wie seinerzeit in den«Don-Camillo-Filmen» – aus allen Richtungen bimmeln. «Andrà tutto bene!» / «Alles wird gut!» ist hier die Devise, getragen von ernsthafter Sorge und Solidarität.

Die Tage verbringen wir bei den hiesigen Frühlingstemperaturen vorwiegend draußen bei diversen Beschäftigungen. Der Bau einer neuen Steintreppe wird unterbrochen, da alle Baustellen geschlossen werden, zumal bei Unfällen keine Spital-Kapazitäten mehr frei sind.

Beim Fällen eine Palme staunen wie über die zähe Flechtstruktur ihrer Rinde,

die den Stamm auch bei Sturmwind elastisch hält und nicht brechen lässt. Dann gilt es, ein herrenloses Boot abzuschleppen, zwei Schwäne zu füttern, Schwemmholz zu sammeln ...

Dreimal musste ich im März aus verschiedenen Gründen über den Zoll ins Engadin zurück. Zweimal ging das problemlos. Am 17.03. 20.30 Uhr war der italienische Zoll unbesetzt, der Schweizer aber komplett abgesperrt. Vier freundliche Zöllner in Uniform liessen mich passieren und sagten mir, dass der Schweizer Übergang fortan von 20.00 bis 05.00 Uhr geschlossen sei.

Auf der Rückfahrt winkte mich der einzige italienische Zollbeamte durch, aber bei Mese kontrollierten mich zwei Carabinieri. Wir komplettierten zusammen mein Passage-Formular, das zurzeit jeder, der in Italien unterwegs ist, auf sich tragen muss. Auch dieser Kontakt war professionell und freundlich. Seither bin ich fix auf der Halbinsel geblieben und damit sehr gut gefahren.

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