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Martin Berthod – der leise Macher von St. Moritz

Hans Peter
Danuser
19.02.19 - 04:30 Uhr
Martin Berthod
Martin Berthod, St. Moritz

Hans Peter Danuser und Amelie-Claire von Platen sind im Engadin zu Hause und zeigen uns ihren Blickwinkel. Was bewegt Land und Leute? Wo ist das Engadin stark und wo hinkt es einzelnen Mitbewerbern hinterher? Und was geschieht auf politischer Bühne? Der Blog «Engadin direkt» berichtet persönlich und authentisch.

St. Moritz gilt nicht gerade als scheuer Ferienort. Der Slogan «Top of the World» (Weltspitze) ist selbstbewusst und wenig bescheiden. Trotzdem: Auf Dauer muss auch eine bekannte Destination liefern, nicht lafern: im Engadin sowieso.

Einer, der 38 Jahre lang geliefert hat, ist Martin Berthod, unter verschiedenen Titeln verantwortlich für Sport, Kultur, Events, und entsprechende Anlagen. Für jährlich etwa 200 Veranstaltungen stand er mit seinen Teams und OKs gerade, gut 8000 insgesamt, darunter zwei Alpine Ski-WM, mehrere Bob-WM, und viele weitere mehr. Während fast 40 Jahren hat er damit im Schnitt gut jeden zweiten Tag geliefert: verlässlich, bei jedem Wetter, sauber organisiert, unaufgeregt, cool. Seit April 1981.

Das ist nicht nur quantitativ eine riesige Leistung. Berthold lieferte auch Qualität und «Credo». Als ehemaliger Spitzensportler Ski Alpin im Schweizer Nationalkader/Abfahrt setzte er bei jedem Anlass klare Prioritäten. Zuerst kamen immer der Athlet, Künstler, Leistungsträger eines Anlasses, seine Sicherheit, Bedürfnisse und Regeln. «Wenn die Aktiven glücklich sind, wird ein Event gut und macht auch den Passiven, dem Publikum, Gästen wie Einheimischen Freude» – war und ist Berthods Überzeugung. Von modernen Gladiatoren, die mit viel Show und Geld für Spass und Unterhaltung sorgen, hält Berthod gar nichts. Der Erfolg, den er mit «seinen» Events als prägendem Beitrag zu Image und Identität von St. Moritzer erzielt hat, gibt ihm recht.

Typisches Beispiel für seine Kompetenz, Kreativität und Nervenstärke war die Lancierung von Snow-Polo auf dem gefrorenen St. Moritzersee – eine Weltpremiere im ältesten Mannschaftssport der Geschichte. Der Widerstand gegen den neuen Anlass auf dem »heiligen» See war gross: Der Rennverein hatte hier seit 1907 exklusiv das Sagen und stand dem Polo mit viel Skepsis und wenig Sympathie gegenüber. Die Tierschützer hatten höchste Bedenken, und die Tierärzte verlangten indiskutabel ein grosses Zelt auf dem See, zum Schutz der verschwitzten Pferde gegen Wind und Wetter. Da der See naturgemäss ausserhalb der Bauzone liegt, zierte sich die Gemeinde mit der Bewilligung und der Kurverein hatte keinen Franken im Budget für einen solchen Anlass – kurz: hohe Kreativität, Mut und Überzeugungskraft waren gefragt. Und die Zeit drängte.

Mit viel Glück und Beweglichkeit aller Beteiligten gelang folgende Lösung: Reto Gaudenzi gewann Cartier als Hauptsponsor und stand für die gesamte Organisation gerade. Der Kurvereien «vermachte» die ersten Einnahmen aus der Lizenzvergabe für die Marke St. Moritz dem Rennverein, der dafür das Grand Prix-Rennen in «Chopard Grosser Preis von St. Moritz» umbenannte und bei der Gemeinde eine «Fahrnis-Baubewilligung» für das Pony-Zelt erlangte.

Das Turnier war ein grosser Erfolg und brachte auf dem St. Moritzersee eine gewaltige Entwicklung in Gang: Mehr Sponsorengelder für Pferderennen und Polo, mehr Zelte für Gäste und Publikum, weltweite Publizität für St. Moritz und substanzielle Stärkung seiner Marke. Ende Januar fand dieses Jahr das 35. St. Moritzer Snow-Polo-Turnier statt: Ein Spitzenanlass! Er hat sich auch dank einer gesunden und konstruktiven Rivalität mit den Pferderennen so gut entwickelt.

Dank Erfahrung und Netzwerk gelang es Martin Berthod, auch weitere Event-Innovationen zu realisieren oder zu ermöglichen: etwa das Cricket-Turnier auf dem See und das St. Moritz Gourmet Festival im Winter, das British Classic Car Meeting und den Engadin Inline Marathon im Sommer.

Auf Grund von Berthods persönlicher Intervention entschied das IOC, die «Eis-Disziplinen» Bob, Skeleton, Schlitteln und Eisschnelllauf bei den olympischen Jugendspielen Lausanne 2020 nicht in Frankreich, sondern auf dem Natureis von St. Moritz durchzuführen.

Seit 1. Februar 2019 ist Martin Berthod pensioniert, bleibt dem Engadin aber als Exekutiv-Politiker erhalten. Seit 1. Januar 2019 ist er als neu und gut gewähltes Mitglied des St. Moritzer Gemeindevorstandes zuständig für den Bereich Tourismus, Anlagen und Veranstaltungen. Da das Mandat vier Jahre dauert, dürfte Berthod im April 2021 das fünfte Jahrzehnt seiner Tätigkeit für St. Moritz und das Engadin beginnen. Eine Treue und Einsatzdauer, die in der heutigen Zeit immer rascheren Wandels und Wechsels doch eher selten ist und sowohl dem Ort, wie auch dem Tal sehr zu Nutzen kommt. Grazcha fich, lieber Martin – und weiter so!

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