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Die Pferderennen machen den Unterschied

Hans Peter
Danuser
05.02.19 - 04:30 Uhr
GIANCARLO CATTANEO

Hans Peter Danuser und Amelie-Claire von Platen sind im Engadin zu Hause und zeigen uns ihren Blickwinkel. Was bewegt Land und Leute? Wo ist das Engadin stark und wo hinkt es einzelnen Mitbewerbern hinterher? Und was geschieht auf politischer Bühne? Der Blog «Engadin direkt» berichtet persönlich und authentisch.

St. Moritz erlebt gerade einen Aufschwung, eine Art Renaissance nach vorübergehendem Formtief: Ein neuer Gemeindepräsident (40), frisch gewählte Vorstands- und Ratsmitglieder, neu zusammengesetzte und verjüngte Gremien sorgen für Schwung und Schlagzeilen. Der Ort erfindet sich nicht neu, besinnt sich aber aus neuen Blickwinkeln auf seine alten Stärken.

Wer mich fragt, was St. Moritz denn so fundamental von allen anderen Bergferienorten der Welt unterscheidet, erhält seit Jahrzehnten die gleiche Antwort: Es ist die weltbekannte Marke und das, wofür sie seit gut 150 Jahren steht: Qualität und Extravaganz im schönsten Hochtal der Welt. Olympisch und Teil des UNESCO-Welterbes, acht Luxus- und Grand Hotels im und beim Ort, Flughafen und einzigartige Events mit faszinierenden Gästen und Partnern aus aller Welt prägen Image und Identität von St. Moritz.

Typisch und wichtiges Beispiel dafür sind die Pferderennen, die seit 1907 regelmässig auf dem gefrorenen See stattfinden, 1770 m ü. M. Wer sie noch nie erlebt hat, kann dem aktuellen Renn-Bulletin entnehmen, wie professionell und international der «White Turf» in St. Moriz daherkommt. Seit über 100 Jahren im Februar und immer wieder mit Neuerungen, Verbesserungen für die Pferde, Jockeys, Partner und die Zuschauer. Seit Mitte der 1980er Jahre finden auf dem See auch Polo- und Cricket-Turniere statt, neuerdings auch Eisschnelllauf auf speziell präparierten Rundbahnen zwischen Segelhaus und Reithalle.

Aber von all den jährlich über 200 St. Moritzer Anlässen sind die Pferderennen für mich – zusammen mit dem Polo – die wichtigsten im Jahresablauf. Sie bringen die Exklusivität von St. Moritz jährlich auf den Punkt, einzigartig, unverwechselbar, Kern und Stolz der Marke. Als Kurdirektor kalauerte ich jeweils: «Wenn von Weihnachten bis März Schnee und Kälte herrschen und der «Grosse Preis» der Pferderennen ohne Zwischenfall über die Runde geht, ist das Jahr zu 60 Prozent gelaufen».

«White Turf» ist eines der vielen Aushängeschilder der Gemeinde und lockt regelmässig viele Besucher nach St. Moritz.
«White Turf» ist eines der vielen Aushängeschilder der Gemeinde und lockt regelmässig viele Besucher nach St. Moritz.
GIANCARLO CATTANEO

St. Moritz ist ein ausgesprochener Outdoor- Ort und hat nicht mal eine Eishalle. Entsprechend wetter- und witterungsabhängig ist das dichte Eventprogramm. Dafür sind die Erlebnisse in der wunderschönen Engadiner Landschaft draussen emotionaler und nachhaltiger als irgendwo in einer Halle. Entsprechend wirkungsstärker sind auch die Bilder in Fernsehen, Social Media und Printmedien, die von spektakulären St. Moritzer Events berichten.

Kommt dazu, dass Stehplätze bei Polo und Cricket auf dem See gratis sind, die Benutzung der Eisbahnen ebenfalls. Bei den Pferderennen kostet ein Stehplatz 25 Franken pro Person. Jeder Südostschweizer sollte in seinem Leben wenigstens einmal die stiebenden Rennpferde und das einzigartige Ambiente im legendären Zeltdorf auf dem gefrorenen St. Moritzer See erleben! Schon die Anfahrt auf der Albulastrecke der Rhätischen Bahn ist ein Erlebnis. Und der See liegt gleich neben dem neu gestalteten eleganten Bahnhof, einfach fünf Höhenmeter tiefer.

P. S.:

Zwei Tage vor dem ersten Rennsonntag liefen die Vorbereitungen auf dem See reibungslos und die Funktionäre meldeten perfekte Bedingungen für die sieben Rennen vom Sonntag, 3. Februar 2019: 56 gemeldete Rennpferde und zehn Galopp-Ponys aus fünf Ländern sollten starten.

Das Wetter jedoch hatte plötzlich für neue Herausforderungen gesorgt. Am Freitag schneite es bis in die tiefen Langen des nahen Italiens. Wir waren auf dem Weg ins Engadin und schafften es im Schneegestöber über den Maloja-Pass kurz bevor dieser geschlossen wurde, wie auch später der Julier und weitere Strassen. Intensiver Schneefall hielt die ganze Nacht an und brachte 70 Zentimeter Neuschnee – tonnenschwer. Auf dem St. Moritzersee wurde geräumt und die ganze Nacht über die Rennbahn gespurt, um den Schnee gleichmässig und rasch zu pressen. Die 70 Zelte wurden kontrolliert, gesichert und freigeschaufelt. Für die Rennen auf dem See sind rund 200 Voluntaris im Einsatz. Die aktuelle Eisdicke beträgt 30 bis 40 cm.

Die Verbindung zwischen Sils und Maloja blieb bis am Montag unterbrochen. Auf dem See in St. Moritz fanden trotz dem vielen Neuschnee alle Rennen nach Plan statt. Die wenigsten Besucher werden wohl realisiert haben, was im Vorfeld und im Hintergrund alles nötig ist, damit ein solcher Grossanlass zum unvergesslichen Erlebnis wird.

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