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Rossinis Tell in Interlaken

Hans Peter
Danuser
28.08.18 - 14:18 Uhr
CONCERT200.CH

Hans Peter Danuser und Amelie-Claire von Platen sind im Engadin zu Hause und zeigen uns ihren Blickwinkel. Was bewegt Land und Leute? Wo ist das Engadin stark und wo hinkt es einzelnen Mitbewerbern hinterher? Und was geschieht auf politischer Bühne? Der Blog «Engadin direkt» berichtet persönlich und authentisch.

Diesen September wartet das Berner Oberland mit einer imposanten Premiere auf: Die Schweizer «Nationaloper» von Gioachino Rossini in der Naturkulisse der Tellspiele Interlaken – mit über 300 Mitwirkenden. Die fünf Stunden der Originalversion werden auf ein Konzentrat von 90 Minuten an musikalischen Höhepunkten komprimiert, bei dem 100 Darsteller der Tellspiele in historischer Kleidung samt Pferden und Reitern die Aufführungen theatralisch mitprägen. Rossini trifft gewissermassen auf Schiller, dessen Wilhelm Tell seit 1912 in Interlaken jährlich zelebriert wird.

Zu den erwähnten Darstellern aus dem Schauspiel stösst ein Opernchor mit 160 Sängern, ein 52-köpfiges Sinfonie-Orchester sowie fünf Solisten internationalen Ranges.

Im Vorprogramm der Premiere am Samstag, 8. September, stimmen Ländlerkapellen, Volkstanzgruppen und Alphornklänge das Publikum auf die Tell-Oper ein. Die Musiker stammen aus allen vier Sprachregionen der Schweiz. Das Alphorn Ensemble Engiadina St. Moritz vertritt dabei die Rätoromanen. Ausgewählt wurde die Gruppe, weil sie vor drei Jahren die Grosskonzerte an der Expo 2015 und auf dem Domplatz von Mailand initiiert hatte – mit über 400 Alphornbläsern, Fahnenschwingern, Tambouren und Gardisten in Tracht. Eröffnet und abgeschlossen wurden jene Konzerte mit der bekannten Pastoralmelodie aus der Ouvertüre von Rossinis Oper Wilhelm Tell, die auch den bekannten Dreiklang enthält, den die Schweizer Postautos seit 95 Jahren als Hupsignal einsetzen.

Dass ein Deutscher das Schweizer Nationaldrama geschrieben und ein Italiener es als Oper komponiert hat, mag patriotische Eidgenossen verstimmen. Fakt ist, dass beide Werke in ihren Bereichen zu den Klassikern zählen und seit bald 200 Jahren in den kultivierten Kreisen rund um die Welt die Schweiz, Swissness und ihre Werte zelebrieren und in Erinnerung halten. Kommt dazu, dass sowohl die Oper als Kunstgattung, wie auch Wilhelm Tell als Symbol der Schweizer Unabhängigkeit und Selbstbestimmung derzeit eine veritable Renaissance erleben.  

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