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Die Königsroute zum Comersee

Hans Peter
Danuser
17.07.18 - 04:30 Uhr

Hans Peter Danuser und Amelie-Claire von Platen sind im Engadin zu Hause und zeigen uns ihren Blickwinkel. Was bewegt Land und Leute? Wo ist das Engadin stark und wo hinkt es einzelnen Mitbewerbern hinterher? Und was geschieht auf politischer Bühne? Der Blog «Engadin direkt» berichtet persönlich und authentisch.

Dieser Text richtet sich an Genussradler, Gentleman und Lady-Biker, denen der Weg wichtiger ist als das Ziel und Fahrspass, Natur, Panorama und Architektur wichtiger als Zeit und Tempo. Es geht um die einzigartige Veloroute von St. Moritz nach Colico am obersten Comersee, schlappe 75 Kilometer, weniger als 1,5 Stunden mit dem Auto, eine Tagestour für den Velogeniesser, der sich Zeit nimmt. Es geht natürlich auch schneller und kürzer, wenns so besser passt.

Seit 35 Jahren kenne ich die Autoroute, seit zwei Jahren den Radweg zwischen St. Moritz und Colico. Es gibt drei Velo-Varianten für diese Strecke, die ich hier kurz skizziere.

  1. «Vista e veloce»
    Mit dem Postauto um 8.15 Uhr starten wir ab St. Moritz. Die Velos sind hinten angehängt. Bis Nasciarina im Bergell. Ab dort fahren wir mit dem Rad gemäss
    Schweiz Mobil Karte zum Zoll in Castasegna/Villa di Chiavenna. Dazu folgende Hinweise: Via Roticcio und Pungel auf der 679 Route durch Vicosporano und Borgnonovo über Coltura und Caccior nach Promontogno, alles abseits der Kantonsstrasse auf geteerten Strassen oder gepflegten Wegen ohne Motorverkehr.

Durch Promotogno und über die neue Hängebrücke nach Bondo. Hier ist eine Gedenkpause angebracht, wenn man über dem gewaltigen Bachbett steht und die Situation im Jahr nach dem Felssturz des Cengalo betrachtet. Das wirkt und bleibt tief in Erinnerung.

Wir sparen uns den Abstecher nach Motta und fahren von Bondo her über die Kantonsstrasse und Brücke via Spino rechts der Maira gut zwei Kilometer auf der breiten Kantonsstrasse zum Zoll. Ab hier geht es bis Colico auf der Route 6 weiter, die 50 Meter nach dem Zoll nach links unter der SS37 durchgeht und gut signalisiert ist (http://www.valtellinaturismo.com/pdf/Cartina_SentieroValtellina.pdf).

Mit wenigen Ausnahmen fahren wir nun auf perfekt asphaltiertem, teils beleuchtetem Radweg der Maira entlang ins Tal hinunter, durch grossartige Natur und authentische Borgos mit pittoresken Brücken, Tunnels, Viadukten, Kapellen, Grottis – kurz: eine Traumstrecke der Sonderklasse, abseits des lärmigen und gefährlichen Strassenverkehrs.

Ca. 2 1/4 Stunden nach dem Start in St. Moritz und rund 1500 Höhenmeter tiefer nehmen wir im Bistro «Mastei» vis-à-vis vom Bahnhof in Chiavenna einen Espresso und dann den Zug, der kurz nach 11 Uhr in Colico ankommt. Ein Kollege hat in Chiavenna sein Bike ans nächste Postauto gehängt und ist mit diesem um 11.05 Uhr zurück nach St. Moritz gefahren, um dort rechtzeitig zum Mittagessen zu sein.

  1. «Panoramica completta»

Mit dem ersten Postauto fahren wir um 7.25 Uhr von St. Moritz nach Nasciarina und schwingen uns dann auf unsere Sättel wie bei der Variante A bis Chiavenna. Nach einer Pause und kulinarischen Stärkung gehts weiter auf dem Velo bis nach Colico, das wir nach 1,5 Stunden von Chiavenna aus erreichen. Die Pista ciclabile ist perfekt, das erste Drittel der Strecke wunderschön in der Natur, dann wird es landschaftlich etwas eintönig dem Flussdamm entlang. Zum Schluss belohnt die Route mit Romantik am Lago die Mezzola entlang über die Pian di Spagna zur Adda und bis nach Colico, wo wir rechtzeitig zum Aperitivo und Mittagessen am Hafen eintreffen.

  1. Tagestour «Royal»

Wir starten in St. Moritz mit den Velos und fahren auf den wunderschönen Radwegen abseits der Kantonsstrasse, der wir nur von der Passhöhe Maloja bis Casaccia hinunter nicht ausweichen können. Weiter gemäss Variante B.
Nur die Tagestour wird dieser Route richtig gerecht, lässt sie doch Zeit für all die optischen und kulinarischen Rosinen entlang dem Fahrweg und in den malerischen Orten wie Vicosporano, San Croce, Prosto und Chiavenna.

Wir Schweizer sind verwöhnt von unseren Landschaften und gut signalisierten Radwegen. Das Feinste an eigentlichen Panorama-Kompositionen bietet die Herzroute mit ihren 13 Tagesetappen und zwei Zusatzschlaufen zwischen Bodensee und Genfersee. Die «Königsroute» St. Moritz – Colico spielt hier auf Augenhöhe mit und bringt zwei Qualitäten dazu, die in dieser Art einzigartig sind: Die Italianità ab Maloja und den sehr geschätzten Beitrag der Schwerkraft: 1500 Höhenmeter abwärts in 1,5 Stunden in einer derart attraktiven Landschaft und Kultur wie zwischen dem Engadin und dem Comersee. Wo gibt es diesen Spass sonst noch?

Schöne Fahrt wünsche ich allen Geniessern!

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