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Bündner Gesang und Dolce Vita in Chiavenna

Hans Peter
Danuser
19.06.18 - 04:30 Uhr
Bündner Musik in den Gassen Chiavennas.
Bündner Musik in den Gassen Chiavennas.
ROLF CANAL

Hans Peter Danuser und Amelie-Claire von Platen sind im Engadin zu Hause und zeigen uns ihren Blickwinkel. Was bewegt Land und Leute? Wo ist das Engadin stark und wo hinkt es einzelnen Mitbewerbern hinterher? Und was geschieht auf politischer Bühne? Der Blog «Engadin direkt» berichtet persönlich und authentisch.

Die Bündner Kulturszene ist innovativ und setzt einen neuen Trend: musikalische Invasionen ins südliche Nachbarland. Unter dem Motto «Alphörner statt Hellebarden» nahmen vor drei Jahren 400 Schweizer Alphornbläser in Mailand die Weltausstellung und den Domplatz in Beschlag – die Töne und Bilder gingen um die Welt. Anfang Juni 2018 beschallten zehnmal mehr Bündner Sänger das Städtchen Chiavenna mit romanischen, italienischen und deutschsprachigen Liedern. Die Initianten der beiden Anlässe kamen aus dem Oberengadin: der musikalische Polizeichef in St. Moritz für das gigantische Alphornkonzert in Mailand, der Gemeindepräsident von Samedan und der Leiter des dortigen Cor Viril für das kantonale Gesangsfest in Chiavenna.

Fast 300 Jahre lang war Chiavenna Teil der Bündner Untertanenlande Veltlin/Bormio (1512–1797). Gut 220 Jahre später erfolgte eine weitere, allerdings äusserst friedliche Invasion des 7500-Einwohner-Städtchens durch rund 4000 Bündner Sänger und ihre Begleiter. Vom 8. bis 9. Juni 2018 trafen sich 81 Bündner Chöre zehn Kilometer hinter der Schweizer Grenze mit 34 italienischen Chören zum Bündner Gesangsfest, das alle sechs Jahre stattfindet, und zum Sängerfest der Provinz Sondrio.

Es war ein wunderbares Zusammentreffen bei bestem Wetter und Italianità pur, eine begeisternde Symbiose schweizerischer Organisation und italienischem Improvisationstalent (Ruth Spitzenpfeil, «Südostschweiz am Wochenende»).

Ich fahre seit 35 Jahren regelmässig durch das pittoreske Chiavenna und entdecke immer wieder Neues. Etwa den grossartigen, perfekt signalisierten Veloweg abseits der Passtrasse das Bergell hinab und nach der Grenze entlang der Maira nach Chiavenna sowie weiter bis Colico, Route 6, in zwei bis drei Stunden.

Vorbei am früheren «Bündner Hafen» Riva di Chiavenna, heute Samolaco (lateinisch Summum lagum – zuoberst am See) und dem damaligen Grenzort Novo Olonio/Dubino, wo die Staatsstrasse SS 36 nach Colico und weiter nach Lecco sich von jener nach Menaggio und Como trennt.

Das Bündner Territorium dürfte damals bis zur Adda gereicht haben, die quer durch die Pian di Spanga in die Maira mündete, bis die Österreicher mit italienischen Ingenieuren 1850 den heutigen Kanal gerade aus in den Comersee erbauten. Ewas früher hatten sie in ähnlicher Weise die Fahrstrasse über den Splügenpass gebaut und finanziert.

Während dort heute die historische Via Spluga die Wanderer in vier Tagen von Thusis durch die Via Mala über Andeer, Splügen und Isola nach Chiavenna führt, bieten das Bergell und die Val Chiavenna den Radlern beste Velowege. Beides kann ich sehr empfehlen.

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