Was bedeutet der Ausfall der US-Hilfe für die Front?

Alle Verträge über die Herstellung von Militärausrüstung sowie die laufenden Lieferungen ­wurden gestoppt. Dasselbe gilt für den Austausch militärischer Geheimdienstdaten mit der Ukraine.

Die ukrainischen Landradare werden die russischen Raketen zu spät erkennen, um rechtzeitig ­reagieren zu können. Die ukrainische Zivilbevölkerung, die Energie- und Logistikinfrastruktur werden in Mitleidenschaft gezogen. Der Raketenangriff vom Mittwochabend auf ein Hotel in Kryvy Rih, der Heimatstadt von Präsident Wolodymyr Selenskyj, ist eine weitere ­russische Warnung dafür.

Ermutigt durch die Aussetzung der amerikanischen Hilfe für die Ukraine, ist die russische Marine mit ihren ­Raketen wieder aktiv.

Die russischen Angriffe auf die ­Zivilbevölkerung zielen darauf ab, die Moral des Volkes zu untergraben. Dies könnte zu inneren Spaltungen in der ukrainischen Gesellschaft und einer neuen Flüchtlingswelle aus der Ukraine führen.

Amerika liefert Abfangraketen für die Patriot-Luftabwehrsysteme. Sie sind neben dem europäischen Sampt das einzige wirksame Mittel gegen ­ballistische Raketenangriffe. Wird die Hilfe eingestellt, fehlt es der Ukrai

Die USA liefern einen Grossteil der Artilleriegranaten für das ukrainische Militär. Der Mangel an Granaten während der halbjährigen Verzögerung der amerikanischen Lieferungen Anfang 2024 war einer der Hauptgründe für den Verlust von Awdijiwka und die anschliessende russische Offensive in der Region Donezk.

Die Frontlinie und die nahe ukrainische Nachhut sind in hohem Masse auf das amerikanische Starlink-Satelliteninternet angewiesen. Bezahlt wird es von der polnischen Regierung. Es bleibt zu hoffen, dass die amerikanische Regierung diesen internationalen Handelsvertrag nicht bricht.

Derzeit deckt die Ukraine 40 Prozent ihres militärischen Bedarfs selber. Weitere 60 Prozent werden zwischen Europa und den USA aufgeteilt.

Was die Front betrifft, so werden 60 bis 80 Prozent der Ziele von Drohnen getroffen. Die meisten Drohnen werden in der Ukraine aus chinesischen Ersatzteilen hergestellt.

Seit drei Monaten verlangsamen sich die russischen Vorstösse in der Ukraine. Die russischen Verluste an Personal und Ausrüstung sind nach wie vor hoch. Die ukrainischen Streitkräfte stehen in der russischen Region Kursk unter starkem Druck. Die Lage in der Nähe der wichtigen Stadt Pokrowsk in der Region Donezk hat sich jedoch stabilisiert.

Nach den meisten Schätzungen verfügt die Ukraine über Munitionsreserven für drei bis sechs Monate Kampfhandlungen ohne amerikanische Lieferungen. Sollte das ukrainische Militär mit dramatischen Versorgungsengpässen konfrontiert sein, wird es weitere Gebiete aufgeben müssen.

Wenn die russischen Truppen ­Pokrowsk oder den Ballungsraum ­Slowjansk-Kostiantyniwka einnehmen, wird die ukrainische Armee in einer viel schlechteren Lage sein. Es wird schwieriger sein, sie zu schützen, wenn Russland beschliesst, eine weitere Offensive oder Invasion zu starten.

Die USA können noch weiter gehen, wenn sie die Ukraine unter Druck setzen. Aber es besteht eine geringe Chance, dass die amerikanischen Lieferungen wiederhergestellt werden können. Es liegt im besten Interesse Europas, jetzt einzugreifen und die Ukraine aktiv zu unterstützen. Die Euro­päer können viele der Lücken in der militärischen Ausrüstung füllen.

Die amerikanische Unterstützung für Europa wird nie wieder dieselbe sein. Wenn sie überhaupt noch bestehen wird. Das hängt von den poli­tischen Manövern der US-Regierung ab: ob sie ihre Taktik ändert und den Frieden fördert oder ob sie zugunsten Russlands die Seiten wechselt.