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Zürcher Loverboy-Beschuldigte streiten Vorwürfe ab

Die fünf beschuldigten jungen Männer, die seit Montag beim Loverboy-Prozess vor dem Zürcher Obergericht stehen, wollten in den Befragungen nichts von Missbrauch eines 12-jährigen Mädchens wissen. Es habe freiwillig Sex mit ihnen gehabt.

Agentur
sda
02.12.24 - 16:43 Uhr
Blaulicht
Vor dem Zürcher Obergericht muss sich ein so genannter Loverboy verantworten. Er beutete ein 12-jähriges Mädchen aus, das in ihn verliebt war. (Archivbild)
Vor dem Zürcher Obergericht muss sich ein so genannter Loverboy verantworten. Er beutete ein 12-jähriges Mädchen aus, das in ihn verliebt war. (Archivbild)
KEYSTONE/ALESSANDRO DELLA BELLA

Im Nachhinein betrachtet sei es natürlich schon nicht normal, dass ein 12-jähriges Mädchen Sex mit mehreren Männern habe. «Ich habe es aber so verstanden, dass sie das freiwillig machte», sagte der heute 23-jährige Hauptbeschuldigte. «Ich habe keine Anweisungen gegeben.»

Alle hätten damals Sachen ausprobiert und Spass gehabt. Das Mädchen habe Männer aber auch ablehnen können. «Das habe ich akzeptiert.» Ein zweiter Beschuldigter, einer der «Bros», zeigte sich ebenfalls erstaunt darüber, dass das Mädchen sexuell so aktiv war.

«Sie war willig und erfahren.» Sie habe auch viel älter ausgesehen. Dass es sich um eine 12-Jährige handelte, will keiner der «Bros» gewusst haben. Einer von ihnen war damals bereits 28. Er sei schockiert gewesen, als er gehört habe, wie jung sie gewesen sei.

Unsterblich verliebt

Das mittlerweile volljährige Opfer war ab einem Alter von 12 Jahren unsterblich in den vier Jahre älteren Hauptbeschuldigten verliebt. Dieses Machtgefälle habe der Verurteilte zwar nicht aktiv geschaffen, so die Anklage. Aber er habe es rasch erkannt und für sich und seine Kollegen ausgenutzt.

Die Vorinstanz, das Jugendgericht Winterthur, bezeichnete die sexuellen Handlungen als eigentliche Massenvergewaltigungen. Es verurteilte den Hauptbeschuldigten im Jahr 2022 zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren und 9 Monaten, unter anderem wegen Menschenhandel, Vergewaltigung und sexuellen Handlungen mit Kindern.

Seine sechs «Bros» wurden zu bedingten und teilweise unbedingten Freiheitsstrafen verurteilt, zwei erhielten auch Landesverweise. Der Hauptbeschuldigte und vier der sechs «Bros» legten Berufung ein.

Opfer beschenkt den Peiniger

In der Befragung der jungen Frau zeigte sich am Montag, dass die Liebe zum Hauptbeschuldigten noch lange ein Thema war. So hatte sie im Jahr 2023 - also nach der erstinstanzlichen Verurteilung ihres Peinigers - mehrmals dessen Wohnort aufgesucht. Sie sei «zufällig» dort vorübergegangen, als sie ihn gesehen habe, sagte sie.

Am Tag darauf klingelte sie bei seiner Wohnung und redete mit seinen Verwandten. Einmal legte sie eine Rose in den Briefkasten, einmal ein Armband vor die Tür. Sie habe sich eine Umarmung erhofft.

«Ich wollte mit ihm reden, um mit der Sache abzuschliessen.» Heute habe sie dieses Bedürfnis aber nicht mehr. In Therapie ist sie nicht mehr. Es gehe ihr ganz gut, sie träume auch nicht mehr schlecht.

Der Prozess wird am Dienstag mit den Plädoyers der Anwältinnen und Anwälte fortgesetzt. Wann das Urteil eröffnet wird, ist noch offen.

Dieser Fall ist ein drastisches Beispiel der so genannten Loverboy-Missbrauchsform. Loverboys sind Männer, die Mädchen oder Frauen, die in sie verliebt sind, abhängig machen und ausbeuten. Häufig drängen sie die Opfer zu Sex mit anderen.

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