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Wo sind die Frauen?

Während der Woche von «Davos Klosters Sounds Good» fragte Yasmine Bastug in einer auch an die DZ gesandten Mitteilung dessen OK: «Wie hoch ist der Frauenanteil bei den spielenden Bands?» Bei einer groben Ersteinschätzung der Bands (ohne Kinder) würde sie auf circa achtzig Männer und geradezu fünf bis sechs Frauen kommen. «Das wäre ein Frauenanteil von circa vier Prozent», rechnet sie vor.

Barbara
Gassler
28.07.22 - 12:31 Uhr
Leben & Freizeit
Kann der Nachwuchs es richten? Bei Dai Kimotos Swing Kids sind Musikerinnen in der Überzahl.
Kann der Nachwuchs es richten? Bei Dai Kimotos Swing Kids sind Musikerinnen in der Überzahl.
zVg/Davos Klosters Sounds Good (djh)

Wie diese Repräsentation gerechtfertigt werde, und was Jazz Davos Klosters aktiv unternehme, um den Frauenanteil zu ­fördern, will sie weiter wissen. «Gibt es Richtlinien oder Überlegungen, wie ein ausgeglicheneres ‹Line Up› aussehen könnte für das kommende Jahr?», heisst es in der Anfrage weiter.

In der Folge erhielt die DZ die vom OK an Yasmine Bastug gesandte Stellung­nahme, welche sie an dieser Stelle im Wortlaut veröffentlicht:

«Sehr geehrte Frau Bastug

Danke für Ihre Anfrage zum Frauenanteil bei Davos Klosters Sounds Good. Ihre Feststellung, dass markant mehr Männer als Frauen aufgetreten sind, trifft zu. Bleiben wir zu Beginn aber bei den Fakten: Ihre Schilderung, dass nur gerade vier Prozent Frauen auf unseren Bühnen waren, klingt zwar dramatisch, ist aber weit untertrieben. Es waren rund 10 Prozent. Nun kann man sagen, das sei nicht eben viel, aber so bleiben wir bei den Fakten. Ein einfaches «Durchzählen» nach Frauen und Männern wird der Musik und der Rolle der Frauen aber nicht gerecht. Viel wichtiger ist es, dass in einem Viertel der bei uns aufgetretenen Formationen ­Frauen die Mehrheit stellten oder die Formation anführten.

Mit Isabelle Nahrstedt, Nicole Johänntgen, Jessie Gordon und Sister Suzie ist es uns gelungen, herausragende Frauen (Bandleaderinnen) aus verschiedenen Ländern zu verpflichten, die mit ihren Formationen beim Publikum musikalisch sehr gut angekommen sind. Genauso gut gefielen Dai Kimoto und seine Swing Kids aus der Schweiz, wo 8 von 13 Bandmitgliedern junge Frauen sind. Gerade diese Formation machte uns viel Freude, weil sie jungen Nachwuchsmusikerinnen wichtige Auftrittsmöglichkeiten bietet. Wir finden das besonders wichtig, denn in unseren Stilrichtungen ist es sehr schwierig, weibliche Acts zu finden. Schon innerhalb der Formationen, die aus mehreren Musikern und ­Musikerinnen bestehen, sind die Männer fast immer in der Überzahl, und darauf haben wir keinen Einfluss.

Bei der Zusammenstellung unseres Line-Ups stellen sich uns eine Reihe von Fragen: Passt eine Formation oder eine Künstlerin zu unserem Anlass? Ist er oder sie an unseren Daten in der Schweiz verfügbar? Können wir uns die geforderte Gage leisten? Wie viel Publikum können wir mit einem Act erwarten, und an welcher Location können wir ihn oder sie auftreten lassen? Auch das Geschlecht der Auftretenden ist ein Faktor, aber wir tun uns wie andere Festivals schwer damit, Frauen oder Frauenformationen zu finden, die wir bei uns unter der Beachtung der oben erwähnten Fragen auftreten lassen könnten.

Unsere Bemühungen, Frauen auf unsere Bühnen zu bekommen, gehen natürlich weiter. Wenn Sie Vorschläge für professionelle Formationen oder Künstlerinnen haben, die wir engagieren könnten, sind wir sehr gern bereit, sie zu prüfen.

Es grüsst Sie freundlich

Davos Klosters Sounds Good

Ralph Pfiffner

OK Präsident»

Kommentar

Beim Erhalt der Anfrage nach der Frauenquote stutzte ich zuerst: «Diese Frage zu stellen, darauf wäre ich nun im Leben nicht gekommen». Doch ­warum? Gehöre ich noch zu einer Generation, für die es normal ist, mehr Männer als Frauen in der Öffentlichkeit zu sehen? Ist für mich die Gleichstellung der Geschlechter abgeschlossen? Der Errungenschaften genug?

Aus dem Internet erfahre ich, dass im Jazz gerade mal ein Fünftel des Personals von Musikerinnen gestellt wird. Woran liegt das? Zuwenig weibliches Interesse, Förderung, Möglichkeiten?

Die Frage geht weiter: Ich gebe zu, ich tue mich mit dem Gendern (Musikerinnen und Musiker) schwer. Ist es wirklich notwendig jedes Mal beide Geschlechter beim Namen zu nennen? Die Texte werden dadurch nicht wirklich aufgewertet.

Doch sind nicht gerade solche Diskussionen ein gutes Zeichen? Weisen sie nicht darauf hin, dass das Thema in der Gesellschaft präsent ist und wir uns gerade in einer Übergangsphase befinden? Die Generationen nach mir werden sicher bald einen guten und pragmatischen Weg zum Umgang mit der Frage finden. Und solange müssen solche Fragen erlaubt sein.

Barbara Gassler, Redaktorin DZ

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