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Unter einem Dach

Das Musikschaffen in Graubünden ist vielfältig. Der Verein Graubünden Musik bietet sich als Plattform für Bündner Musikerinnen und Musiker an.

Bündner Woche
21.09.22 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit

von Susanne Turra

Pop. Rock. Urban. Hip-Hop. Reggae. Ska. Offbeat. Metal. Electronica. Folk. Blues. Schlager. Klassik. Jazz. Was darf es sein? Das Musikschaffen in Graubünden ist vielfältig. Und es hat Potenzial. Doch wohin sollen sich die Musikschaffenden wenden, wenn sie Fragen haben? Unterstützung brauchen? Schnell wird klar, ein Gefäss muss her. Eine Plattform. Und so wird vor drei Jahren, genau genommen am 4. April 2019, der Verein Graubünden Musik ins Leben gerufen. Mit Erfolg. Der Verein ist zur wichtigen Plattform der Vernetzung und Beratung geworden. Rund 300 Musikerinnen und Musiker, 150 Formationen und 40 Veranstalterinnen und Veranstalter im Bereich der Populärmusik sind bis heute dort registriert. Populärmusik? Der Begriff steht für verschiedene Musikstile. Die populäre Musik trifft damit einen breiten Publikumsgeschmack. Zurück zum Verein. Der Vorstand ist seit Kurzem neu formiert. Neuer Geschäftsleiter wird Stefan Parpan. Präsident bleibt Sandro Dietrich. Aktuell starten die Verantwortlichen eine dreijährige Projektphase. Der Verein soll weiter wachsen.

Es ist Dienstag, der zweite im September, in Chur. Stefan Parpan und Sandro Dietrich sitzen in der grünen Lounge im Medienhaus und erzählen. «Gewisse Verbände in Graubünden sind strukturell sehr gut aufgestellt. Der ganze Chorbereich ist beispielsweise durch den Bündner Kantonalgesangsverband vertreten», betont Stefan Parpan gleich zu Beginn. «Da möchten wir auch gar nicht dazwischenfunken.» Für viele Künstlerinnen und Künstler, vor allem aus der populären Musik, ist der Verein Graubünden Musik aber die perfekte Anlaufstelle. Eine diesbezügliche Vernetzung ist sehr wichtig. Sonst kämpfen die Musikschaffenden weiterhin für sich alleine. Weiter macht es Sinn, Musikerinnen und Veranstalter regelmässig an einen Tisch zu bringen.

Wenig musikalische Ausstrahlung

«Mittlerweile haben wir in Graubünden wenig nationale und fast keine internationale musikalische Ausstrahlung mehr», bedauert der Geschäftsführer. «Vor 15 Jahren haben wir diesbezüglich noch die grössere Szene gehabt.» Das soll sich wieder ändern. Und so steht auch die Talentförderung beim Verein Graubünden Musik ganz oben. Bereits die Kleinsten sollen für Musik begeistert werden. Und das nicht nur für Blockflöte. Für verschiedene Instrumente.

Wo sind die Talente?

Doch, wo sind die Talente? «Das ist das Problem», sagt Sandro Dietrich. «Du musst heute nicht mehr in eine Jugendmusik. Auch nicht in eine Musikschule. Du brauchst ein Handy. Das genügt, um Musik zu machen.» Doch das birgt auch Gefahren. «Plötzlich haben wir die talentierten, jungen Musikerinnen und Musiker nicht mehr auf dem Schirm», gibt der Präsident zu bedenken. «Wir sehen sie nicht mehr in einem Chor oder in einer Musikformation.» Sie bleiben unsichtbar. Tummeln sich auf Youtube. Oder auf Musikportalen. Und dort muss man sie erst einmal finden. «Und deshalb braucht es uns», betont Sandro Dietrich. «Wir möchten die Talente aus dem stillen Kämmerlein holen.» Aber Musikerinnen und Musiker wollen ganz einfach Musik machen. Die meisten können sich nicht vermarkten. Sie brauchen Unterstützung. Und dazu braucht es ein Gefäss. Aus welchem man sehr einfach und sehr schnell Finanzen zur Verfügung stellen kann. «Leider ist beim kantonalen Kulturförderungsgesetz klar definiert, dass nur Projekte gefördert werden», so Stefan Parpan. «Um aber ein Projekt überhaupt erarbeiten zu können, braucht es Strukturen. Infrastrukturen. Einen Bandraum. Instrumente. Und vieles mehr.» Und genau hier kommt der Verein Graubünden Musik ins Spiel. Bis zum Projektende im Dezember 2025 möchte sich der Verein als struktureller Bestandteil der Bündner Kulturförderung im Bereich Populärmusik etablieren.

Einen Fond aufbauen

«Wir möchten einen Fond aufbauen, aus welchem wir finanzielle Leistungen vergeben können», so Stefan Parpan. «Wir möchten vielversprechenden Musikerinnen und Musikern sagen können: Du hast Potenzial. Wir glauben an dich. Und wir unterstützen dich.» Dabei ist eines klar: «Als Musikerin und Musiker machst du nicht einfach nur Musik», gibt Sandro Dietrich zu verstehen. «Du nimmst nicht einfach nur die Gitarre zur Hand. Und spielst und singst ein bisschen.» Nein. Ein Musiker, eine Musikerin ist ein Einzelunternehmen. Es gilt, Konzepte zu schreiben. Eine Tour zu planen. Mit Veranstalterinnen und Veranstaltern um Gagen zu verhandeln. Mit Grafikern und Produzenten zusammen zu arbeiten. Das alles muss finanziert werden.

Mitglieder generieren

«Wir sind auf Partnerschaften mit privaten Unternehmen und Organisationen, öffentlichen Institutionen und Stiftungen angewiesen», betont Stefan Parpan. Weiter möchte der Verein künftig auch Mitglieder generieren. Für einen jährlichen Beitrag sollen diese von verschiedenen Leistungen profitieren können. Regionale Musikfestivals. Podcast-Serie «Rampaliacht». Bündner Music Award. Materialvermietung. Songwriting-Workshops. Booking. Diese Angebote stehen dabei im Vordergrund. So oder so. «Unsere Online-Plattform ist sehr beliebt», freut sich Stefan Parpan. «Und das Orakel ist top», ergänzt Sandro Dietrich und lacht. Orakel? Auf dem Frage-Antwort-Tool werden mit seiner Hilfe alle musikalischen Fragen beantwortet. Übrigens bezeichnet sich Geschäftsführer und Primarlehrer Stefan Parpan selber als «blockflötengeschädigt». «Ich hätte lieber Ukulele gespielt in meiner Kindheit», erzählt er. «Dann hätte ich sofort Feuer gefangen.» Später im Lehrerseminar hat es zwischen ihm und einer Gitarre dann doch noch gefunkt. Und Sandro Dietrich? Der Präsident und Musiker lacht. «Ich habe als Kind getrommelt», verrät er. «Aber ich wollte lieber Klavier spielen.» Gesagt, getan. Mit einem kleinen Keyboard zusammen entdeckt er die Liebe zur Musik.

Am 27. November veranstaltet der Verein Graubünden Musik in der Churer «Werkstatt» das erste von zwölf geplanten regionalen Musikfestivals mit Workshop zu einem aktuellen Musikthema, Technik- und Instrumente-Flohmarkt und Konzerten.

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