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Mit «Landwirtschaft macht Schule» Berührungspunkte schaffen

Der Bündner Bauernverband möchte in Zusammenarbeit mit dem Verein Agro-Image Landwirtschaftsthemen näher zu den Jugendlichen bringen – ein Besuch in der Oberstufe Zizers

Bündner Woche
12.04.23 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Ausserodentlich: Florian Stucki bringt den Schülerinnen und Schülern in Zizers die Schweizer Landwirtschaft näher.
Ausserodentlich: Florian Stucki bringt den Schülerinnen und Schülern in Zizers die Schweizer Landwirtschaft näher.
Laura Kessler

Von Laura Kessler

Auf der Leinwand leuchtet ein Wimmelbild eines Bauernhofes auf. Ein üppiger Garten, Wiesen mit Blumen, Kühe, Schweine, Hühner. Ein Bild wie aus dem Bilderbuch – wortwörtlich und im übertragenen Sinne. Denn die Schweizer Landwirtschaftsbetriebe präsentieren sich heute anders. «Sie haben sich spezialisiert», erklärt Florian Stucki, Landwirt und Referent des Vereins Agro-Image. Mit dem Projekt «Landwirtschaft macht Schule!» steht er an einem Dienstagvormittag Ende März vor einer ersten Oberstufenklasse in Zizers.

«Beim Thema Landwirtschaft gehen die Schülerinnen und Schüler auf Distanz», sagt Claudio Gujan, Lehrer in der Oberstufe Zizers, kurz zuvor beim Kaffee. Landwirtschaft sei nicht wirklich angesagt. Das bestätigt auch Sina Rellstab vom Bündner Bauernverband.

«Die Landwirtschaft wieder näher zur Gesellschaft bringen»
Sina Rellstab, Bündner Bauernverband

Die meisten Kinder würden nicht mehr auf einem Bauernhof aufwachsen und hätten deshalb auch kaum Berührungspunkte mit der Landwirtschaft, sagt sie. «Mit solchen Projekten wollen wir die Landwirtschaft wieder näher zur Gesellschaft bringen und besonders in der Oberstufe mit ganzheitlicher Wissensvermittlung und interaktiven Fragestellungen zum Denken anregen», meint sie weiter.

Und so fragt Florian Stucki auch gleich zu Beginn, wer von den Schülerinnen und Schülern auf einem Bauernhof lebt. Die Hände bleiben unten. Und weiter will er wissen, für was die Landwirtschaft denn nötig sei. Stille. «Fürs Essen», kommt dann doch eine Antwort. Es bleibt vorerst dabei. Die Lektion nimmt ihren Lauf und Florian Stucki taucht tiefer ins Thema ein. Er deckt auf, weshalb in der Schweiz Landwirtschaft betrieben wird, geht auf die Geschichte ein, erklärt, was Direktzahlungen sind, klärt über verschiedene Arten der Tierhaltung auf und nennt diverse Zahlen.

Es ist das Ziel von «Landwirtschaft macht Schule!», Grundwissen zu vermitteln, aber auch Zusammenhänge zwischen der Lebensmittelproduktion und dem Konsum aufzuzeigen. In der ganzen Schweiz lehren gelernte Landwirtinnen, Bauern und Fachpersonen aus der Landwirtschaft in Oberstufen, Gymnasien, Berufsschulen und Fortbildungsklassen mehr zu den Themen Landwirtschaft, Nachhaltigkeit, Konsum, Markt und Welthandel.

«Landwirtschaft macht Schule!» im Kanton anbieten

Obwohl das Projekt bereits seit 1995 besteht, hat es sich in Graubünden noch nicht etabliert. Das möchte der Bündner Bauernverband ändern, wie Sina Rellstab sagt. «Ziel ist es, ‹Landwirtschaft macht Schule!› im ganzen Kanton anbieten zu können.» Dafür braucht es jedoch Referentinnen und Referenten aus Graubünden, sprich Fachpersonen aus der Landwirtschaft, die ihr Wissen vermitteln wollen und können. Aktuell findet sich beim Verein Agro-Image noch keine Referentin, kein Referent aus Graubünden. Die Lektion in Zizers an jenem Dienstagmorgen ist deshalb nicht nur für die Schülerinnen und Schüler offen, sondern auch für interessierte Fachpersonen. Insgesamt besuchte Agro-Image vor Kurzem im Rahmen einer Bündner Tour drei Oberstufenschulen in Ilanz, Zizers und Chur,.Einerseits um das Projekt bei den Schulen bekannt zu machen, andererseits um Fachpublikum anzusprechen.

Wie war das noch mal? In Gruppenarbeiten  werden verschiedene landwirtschaftliche Themen aufgearbeitet – hier geht es darum, Kuhrassen zuzuordnen. Bild Laura Kessler
Wie war das noch mal? In Gruppenarbeiten werden verschiedene landwirtschaftliche Themen aufgearbeitet – hier geht es darum, Kuhrassen zuzuordnen. Bild Laura Kessler

Florian Stucki ruft indes zu einer Gruppenarbeit auf. Ein Domino, bei dem die Schülerinnen und Schüler Getreidesorten oder Kuhrassen zuordnen müssen. Was für das Fachpublikum Alltag ist, ist für die Jugendlichen eine fremde Welt. Wie hiess nochmals diese Kuhrasse aus dem Wallis? Und welche Kühe sieht man eigentlich bei uns am meisten? Die Schülerinnen und Schüler beteiligen sich nun lebhaft am Geschehen im Klassenzimmer.

Zum Schluss nimmt Florian Stucki die Jugendlichen mit auf eine virtuelle Einkaufstour. «Was kauft ihr im Laden?», will er wissen. «Eistee», «Redbull», «Cola», so die Antworten. Er will wissen, ob die Schülerinnen und Schüler Markenprodukte oder doch die günstigeren Varianten kaufen und ob sie auch Markenprodukte kaufen würden, wenn diese um ein Vielfaches teurer sind. Alles Fragen, die sich die Schülerinnen und Schüler bis jetzt wohl nur bedingt gestellt haben. Worauf Florian Stucki hinaus möchte: Er will mehr über die verschiedenen Labels vermitteln und erklären, was es mit IP Suisse, Bio Suisse, Demeter und Co. auf sich hat. Und worauf er auch hinaus möchte: Er will die Schülerinnen und Schüler zum Nachdenken anregen. Denn schlussendlich sind sie die gegenwärtigen und vor allem zukünftigen Konsumentinnen und Konsumenten. Und wer weiss, vielleicht sogar irgendwann die Produzentinnen und Produzenten. Denn möglicherweise ist die Landwirtschaft nach dieser Lektion gar nicht mal mehr so uncool.

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