«Guat Holz»
Der KK Grischa, Mitglied der Bündner Freien Kegler Vereinigung, trainiert in Summaprada. Ein Besuch.
Der KK Grischa, Mitglied der Bündner Freien Kegler Vereinigung, trainiert in Summaprada. Ein Besuch.
Von Susanne Turra
Eine ruhige Kugel schieben? Das tönt verlockend. Ist aber leider im Leben nicht immer möglich. Anders beim Kegeln. Wer treffen will und damit etwas bewegen möchte, sollte dort tatsächlich eine ruhige Kugel schieben. Auf der Kegelbahn. Im Leben wohl eher nicht. So oder so. Der kürzliche Besuch im Hotel «Reich» in Summaprada zeigt es auf. Die Keglerinnen und Kegler der Bündner Freien Kegler Vereinigung (BFKV) sind durchaus treffsicher. Sie haben eine gute Kugelkontrolle. Oder Ballkontrolle. Doch, was denn nun? Kugel oder Ball? Und überhaupt. Kegeln oder Bowling? Zwei ähnliche Sportarten. Dennoch verschieden. Die Unterschiede ganz kurz zu erläutern, muss an dieser Stelle einfach sein. Die Kegelkugel ist schwerer als die Bowlingkugel. Letztere wird übrigens manchenorts tatsächlich als Ball beschrieben. Trotzdem. Im Kegeln und im Bowling wird die Kugel geschoben. Im Kegeln sollen neun Kegel getroffen werden und im Bowling zehn Pins. Die Kegel werden im Viereck aufgestellt und die Pins im Dreieck. Die Kegelbahn ist ein bisschen kürzer als die Bowlingbahn. Wer beim Kegeln alles abräumt, trifft «Alle Neun». Wer dies beim Bowlen tut, schafft ein «Strike».
Zurück auf die Kegelbahn. An jenem Montagabend in Summaprada. Nach und nach trudeln die Keglerinnen und Kegler der Kegelklubs (KK) ein. Vom KK Grischa sind heute Hitsch, Kari, Kurt und Hugo am Trainieren. Und vom KK Vilan sind Renate, Lydia und Lieseli anwesend. Die Herren in Weiss und die Damen in Pink. Allesamt sind sie Mitglieder der BFKV. Präsident Christian (Hitsch) Wilhelm setzt zum Wurf an. Und er gelingt. Alle neun Kegel fallen. «Holz», ruft es aus den Reihen der Kolleginnen und Kollegen. Holz? «Das ist unser Schlachtruf für diejenigen, die alle Neun treffen», erklärt der Präsident später am Tisch. Damit ist auch klar, weshalb die Keglerinnen und Kegler sich vor einem Wettkampf «Guat Holz» wünschen. Wie auch immer. Das grosse Problem des Vereins ist der Mitgliederschwund. In den Achtzigerjahren zählte der BFKV noch rund 185 Mitglieder. Heute sind es nur noch 47 männliche und weibliche Mitglieder, die dem Verein angehören. «Einerseits haben wir keinen Nachwuchs mehr», bedauert Christian Wilhelm. «Und andererseits werden immer mehr Kegelbahnen geschlossen.» Mittlerweile sind einzelne Kegelklubs gänzlich aufgelöst worden. In Bonaduz, Chur, Malans, Thusis und Untervaz, zum Beispiel. Früher sind allein in Chur rund zehn Kegelbahnen betrieben worden. Im Hotel «Krone» Masans, im Hotel «Sommerau», im «Kasernenhöfli», im «Rosenhügel» und in der «Brauerei». Heute gibt es nur noch eine Bahn in der «Turnerwiese».
Gut, wenn über das Kegeln gesprochen wird
So oder so. «Es ist gut, dass wieder einmal über das Kegeln gesprochen wird», freut sich Christian Wilhelm. «Vielleicht bekommen wir so ja wieder ein bisschen mehr Mitglieder», hofft er. Ältere und Jüngere. Männer und Frauen. Im BFKV sind alle willkommen. Die Schweizerische Freie Kegler Vereinigung besteht seit 1952. Die Bündner Freie Kegler Vereinigung seit 1970. Christian Wilhelm ist seit 1974 mit dabei. Er weiss, wie es geht.
«Wenn jemand eine Meisterschaft wirft, braucht es 100 Würfe. Dies mit einer zehn Kilogramm schweren Kugel», erklärt der leidenschaftliche Kegler. «Damit wird in 40 Minuten nicht weniger als eine Tonne verschoben.» Das beeindruckt. Und das beweist, dass Kegeln ein Sport mit grosser körperlicher Ertüchtigung ist. Keinesfalls zu unterschätzen. Das wird später auch die Journalistin noch erfahren. Beim Kegeln kommen viele Dinge zusammen. Konzentration, Kondition, Präzision, Technik. Und es kommt auf die Bahn an. Die kann je nach Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Pflege und Wachs einen Einfluss auf den Wurf haben. «Die Bahn richtet sich nicht nach uns», so Christian Wilhelm. «Wir müssen uns nach der Bahn richten.»
«Früher sah man vor lauter Rauch manchmal die Kegel nicht mehr.»
Christian Wilhelm
«Holz», ruft es wiederholt aus den Reihen. Und gleich nochmals: «Holz.» Da werden fleissig Neuner getroffen. Momentan wird pro Person mit 25 Würfen trainiert. Die maximale Punktzahl liegt da bei 225. «Das schafft keiner», so der Präsident. «Gewisse schaffen aber 200. Und das ist im Schnitt ein Achter.»
Und was ist das Ziel? «Im Schnitt ein Siebner werfen, sollte schon drinliegen», ist aus den Reihen zu hören. Gesagt, getan? Die Journalistin schnappt sich eine Kugel und wirft. Zwei. «Einen Zweier zu treffen, ist sehr schwierig», ist aus den Reihen zu hören. Die Journalistin nimmt das als Kompliment. Sie wirft noch einen Vierer. Und einen Nuller. Der Blick auf die Anzeigetafel zeigt da natürlich keine grossartigen Zahlen. Oben links ist jeweils die Geschwindigkeit zu sehen. Die liegt meistens zwischen neun und zwölf Stundenkilometern. Oben rechts wird der Durchschnitt der Würfe angezeigt. Unten links ist die Anzahl Würfe zu sehen. In der Mitte der aktuelle Wurf. Und rechts das Total der bisher getroffenen Kegel. Übrigens werden alkoholisierte Keglerinnen und Kegler von der Bahn gewiesen. «Heute wird der Kegelsport seriöser betrieben», bestätigt Christian Wilhelm und schmunzelt. «Früher sah man vor lauter Rauch manchmal die Kegel nicht mehr.» Heute gibt es den Stumpen und ein Bier nur noch nach dem Sport. Dann, wenn gefeiert wird.
Schweizer Meisterschaft im Oktober
Und das ist hoffentlich im September nach den Schweizer Meisterschaften in Luzern und im Oktober nach der kantonalen Jubiläumsmeisterschaft in Summaprada der Fall. «Letztere wäre eigentlich vor zwei Jahren gewesen», so der Präsident. «Aber wegen Corona ist sie verschoben worden. Und so feiern wir jetzt halt 50 und zwei Jahre.»
Immer noch wird fleissig trainiert. Die Herren in Weiss. Und die Damen in Pink. Später wird in Gruppen noch Pyramide gespielt. Bei diesem Spiel gilt es, alle Zahlen zu treffen. Von Null bis Neun. Und da sind wir wieder bei der Kugelkontrolle. Der ruhigen Kugel. Dazu gleich nochmals ein bisschen Geschichte.
Und diese geht beim Kegeln sehr weit zurück. Auch wenn die Sportart erst spät als solche bezeichnet wurde, wurden Archäologen bei Ausgrabungen immer wieder auf Teile des Kegel-Spiels aufmerksam. Die ältesten Entdeckungen sind bis 3500 vor Christus zurückzuführen. Zu dieser Zeit wurde noch mit Steinen und Knochen gespielt. Damals. Im alten Ägypten. Nicht so heute. In Summaprada.
Die Schweizer Meisterschaften der Schweizerischen Freien Keglervereinigung (SFKV) werden in Luzern ausgetragen. Sie starten am 3. September und enden am 9. Oktober. Die kantonale Jubiläumsmeisterschaft wird vom 8. bis 16. Oktober im Hotel «Reich» in Summaprada durchgeführt. Informationen unter www.uvgr.ch.
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