Gartenatelier Domat/Ems: Von der halben Welt inspiriert
Ein Spaziergang durch die verschiedenen Gärten des Gartenateliers in Domat/Ems und ein Eintauchen in die Geschichten, die dahinterstecken
Ein Spaziergang durch die verschiedenen Gärten des Gartenateliers in Domat/Ems und ein Eintauchen in die Geschichten, die dahinterstecken

von Riccarda Hartmann
Ein Zug fährt vorbei, sein Rot blitzt hinter den Blättern hervor. Das Rauschen der Autobahn ist zu hören. Auf der anderen Seite sind Autos, Lastwagen und Traktoren über die Schnellstrasse unterwegs. Hecken trennen diese schnelle und laute Welt ab. Helle Steinchen knirschen unter den Schuhen. Als die Sonne hinter den Wolken hervorkommt, werfen die dünnen Äste der Büsche und Bäume, die Sträucher und die Halme der Gräser in Töpfen Schatten auf die Steinfläche. Fein und verwoben wie Spinnennetze.
«Man kann aus jedem Ort etwas Schönes machen», sagt Olivier Zuber, Landschaftsarchitekt und Geschäftsführer der Zuber Aussenwelten. Und das wollten er und seine Frau Maja Tobler tun. Etwas Schönes, eingeklemmt zwischen Strassen und Eisenbahn. Umgeben von Bergen.

Hinter den Glasscheiben der Orangerie im Jugendstil sitzen mehrere Studierende. Der erste Kurs der «Masterclass Gestalten mit Pflanzen» findet an diesem Freitag Mitte April statt. Eine Weiterbildung, die Maja Tobler durchführt. Von Ökologie zu Farbenlehre und Pflanzenverwendung gehört vieles dazu.
Doch erst einmal geht es zu den verschiedenen Gärten. Olivier Zuber führt durch das türkisfarbene Gartentor, weiter hinein in den Park. Das Gartenatelier mit seinen verschiedenen Gärten erstreckt sich über eine Fläche von etwa 9000 Quadratmetern. Jedes Jahr ist er Stück für Stück erweitert worden.
Durch das Tor geht es auf die Rasenfläche des ersten Teils. Ein langes Wasserbecken liegt in der Mitte. Bläulich ist das Wasser, bald solle aber schwarze Lebensmittelfarbe hineingetan werden, damit es wieder schön schwarz werde. Etwas, das Olivier Zuber in England gesehen habe, wie er erzählt. Das Becken führt zu einem kleinen Häuschen hin mit weiss und weinrot angemaltem Holz. Der Zuckerpäckerpavillon. Früher stand er auf dem Bahnhofplatz in Chur, aus ihm verkaufte Arthur Bühler Gipfeli, weshalb er so genannt wird. «Wir haben Glasscheiben hineingebaut und Bänke hineingestellt», erklärt Olivier Zuber. Er blickt zum Pavillon, der sich hinter Büschen zur Hälfte versteckt.
Grüne Girlanden
«Links und rechts haben wir Obstbäume gepflanzt, die alte Obstsorten aus dem Bündnerland tragen», sagt Olivier Zuber und deutet auf die Bäume, die auf der Wiese neben der Rasenfläche gepflanzt sind. Dahinter eine Abtrennung zum Garten – dem Ikonen-Garten – daneben. Keine einfache Hecke, sondern Girlanden aus Hainbuchen. Steine dienen als Gewicht, sie ziehen die Buchen nach unten und formieren sie so. Wenn sie dann genügend dicke Zweige gebildet hat, werden die Steine abgenommen.
Zwischen den beiden grünen Girlanden hindurch sieht man zum Ikonen-Garten hinüber. Zum ältesten Gartenteil. Pflanzenrabatten, die mit Studenten angelegt worden sind. Geplant und bepflanzt. In Dreiergruppen war die Aufgabe, eine Pflanzengestalterin oder einen Pflanzengestalter aus der Geschichte zu studieren, nachzuvollziehen und in deren Sinne eine der Rabatten zu gestalten. Und so gibt es verschieden Resultate: Flächige Strukturen inspiriert von Roberto Burle Marx, ein Maler und Landschaftsarchitekt aus Brasilien oder eine naturalistische Rabatte inspiriert von Piet Oudolf, ein niederländischer Landschaftsgärtner.

Vom Ikonen-Garten geht es vorbei am Zuckerbäckerpavillon zu einem runden Steinbrunnen. Ein Froschkönig sitzt am Rand, schaut in das Wasser, in dem rote Pflanzen wachsen. Der Brunnen steht im Exoten-Garten. «Im Sommer sieht es hier aus wie ein Dschungel», mein Olivier Zuber und blickt die kahlen Stämme an, die erst noch grün und mehr Blätter austreiben werden, als die vereinzelten, die bereits hervorgekommen sind. Viele grosse Blätter soll es geben. Wie in Brasilien, wo Maja Tobler aufgewachsen ist.
Am Beeren-Garten, der neben dem Exoten-Garten liegt, vorbei und durch den Blautannen-Wald, erreicht man den zukünftigen Klima-Garten. Noch ist er in Arbeit. Aus Kies- und Sandmaterial soll eine Schalung gemacht werden, damit das Material natürlich erodieren kann und es am Ende aussieht wie ein Flussufer. Die Aufgabe der diesjährigen Klasse wird es sein, ein Konzept für diesen Garten zu entwickeln. Welche Pflanzen funktionieren, wenn es wenig, aber heftige Niederschläge geben wird? Wie können diese Pflanzen vermehrt werden? Solche Fragen werden bei diesem Forschungsprojekt behandelt.
Wir sind immer auf Pflanzensuche
Olivier Zuber
Eine Hecke, durch die man durch eine Öffnung in den Prärie-Garten dahinter gehen kann. Dem Lieblingsgarten von Olivier Zuber. Auch hier haben Studierende in Dreiergruppen Rabatten konzipiert und bepflanzt. Die Aufgabe: eine Prärie entwickeln. Eine, wie es sie in Amerika gibt. Arten von hier mit Arten von Übersee zusammenbringen. Der Wind streicht durch die hohen hellbraunen Grasbüschel, bewegt sie sanft.

Es geht weiter: durch den Gemüse-Garten, wo Spezialitäten und Raritäten angepflanzt werden, gemischt mit Blumen zum Carré-Garten. Quadratische Beete, in denen ein Farbenverlauf entsteht. Er fängt in einem Beet mit Blau an, geht über zu Rosarot, Rot, zu Orange und zu Weiss. «Wir sind immer auf Pflanzensuche», sagt Olivier Zuber und so landen viele entdeckte Pflanzen in diesem Gartenabschnitt. Olivier Zuber und seine Familie reisen viel herum, besuchen Gärtnereien und schauen dort, was es Neues gibt. «Dinge, die wir nicht kennen, bringen wir mit», erklärt Olivier Zuber. Dann würden sie schauen, wie die Pflanzen hier wachsen.
Und das, was Olivier Zuber mit dem Gartenatelier der Welt weitergeben möchte? «Wir wollen die Natur und Gartenkultur näher bringen. Dass es befriedigend ist, selber etwas mit den Händen zu machen», meint er. Es geht zurück durch die verschiedenen Gärten. Hinaus und auftauchen aus dem Atelier.