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Der Esaf-Funktionär verbietet Handys auch in der Schreinerei

Das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest, der grösste Sportanlass der Schweiz, beeindruckt vor allem mit gewaltigen Zahlen. Zur Organisation des Esaf 2025 trägt der Präsident des Trägervereins viel bei – ohne Handy.

Martin
Meier
09.11.22 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Erfinderisch: Wer Hans-Ruedi Hauser eine SMS schreiben möchte, macht dies auf die Schiefertafel vor seiner Schreinerei.
Erfinderisch: Wer Hans-Ruedi Hauser eine SMS schreiben möchte, macht dies auf die Schiefertafel vor seiner Schreinerei.
Bilder Sasi Subramaniam

Ein kleiner Rückblick, der gar nicht so lange zurückreicht: Das erste Handy kam 1983 auf den Markt. Ein dicker «Knochen» von 33 mal 4,6 mal 8,5 Zentimeter Kantenlänge, 800 Gramm schwer. Maximale Gesprächszeit: eine halbe Stunde, wobei die Minute 50 Cent kostete – egal, ob man anrief oder angerufen wurde. Das Handy war damals ein Luxusgut, Kaufpreis 3995 Dollar.

Heute, 39 Jahre später, ist das Handy auch im hintersten Winkel angekommen und aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Aber nicht überall. Im hintersten Glarnerland will sich ein Unikum partout nicht zum Sklaven der Erreichbarkeit machen – auch wenn in der Schweiz inzwischen mehr Handys auf Sendung sind, als Einwohner leben. Und auch wenn der Mann seine Schreinerei oder das nächste Eidgenössische Schwing- und Älplerfest Esaf mitorganisiert. Er ist einerseits die rechte Hand des Präsidenten des Organisationskomitees (OK) Jakob Kamm und andererseits Präsident des Trägervereins, dem es mit einem starken Team gelungen ist, dank Mut, Zuversicht, Herzblut und Einsatz das Esaf ins Glarnerland zu holen. Die Frage ist da nur: wie – ohne Handy? Wie kann Hans-Ruedi Hauser so mit an der Spitze des grössten Sportanlasses der Schweiz stehen, der insgesamt 400’000 Besucherinnen und Besucher vereint?

Rauchzeichen gibt Hans-Ruedi Hauser keine

Breitschultrig steht Hans-Ruedi Hauser in seiner Schreinerwerkstatt da. Es riecht nach Holz. Rauchzeichen gebe er keine, wenn er sich verabreden wolle, verrät der 60-Jährige. «Auch schwinge ich keine Schweizerfahnen.» Das bekäme um die Ecken ohnehin keiner mit. «Vielmehr arbeite ich mit vorgegebenen Zeitfenstern, in denen ich meine Leute treffe.» Vor seiner Schreinerei steht auf der Schiefertafel: «Hier können Sie Ihre SMS schreiben.» Der Chef habe kein Handy. «Mittlerweile aber wissen die meisten, wo sie mich finden: beim Znüni.»

«Mittlerweile wissen die meisten, wo sie mich finden: beim Znüni.»

Hans-Ruedi Hauser, Esaf-Funktionär

Die Frage, warum er kein Handy habe, beantwortet Hans-Ruedi Hauser wie aus der Kanone geschossen: «Weil ich all die Jungen sehe und wie oft sie ihr Handy benutzen. Währenddessen habe ich die Zeit, den Menschen beim Sprechen in die Augen zu schauen.» Seinem Lehrling habe er verboten, im Geschäft ein Handy zu benutzen. «Unter der Androhung, dass ich ihm sonst das Telefon durchbohre.»

Handarbeit: Auch beim Arbeiten verlässt er sich auf analoge Hilfsmittel wie Bleistift und Lineal.
Handarbeit: Auch beim Arbeiten verlässt er sich auf analoge Hilfsmittel wie Bleistift und Lineal.
Bild Sasi Subramaniam

Nicht beantworten möchte Hans-Ruedi Hauser die Frage, ob er noch nie froh gewesen wäre, hätte er ein Handy dabeigehabt. Der Elmer sagt dazu nur: «Wenn doch, würde ich dies nie zugeben.» Immerhin habe er ein Festnetztelefon und einen Computer. «Aber ohne Instagram, Facebook und all das Zeugs.» Die Grundrisse und Pläne zeichne er aber noch immer mit spitzem Bleistift und grossem Reissbrett von Hand.

Hauser zelebriert sein handyloses Dasein

Hans-Ruedi Hauser, der «Sonderling» aus Elm, der gegen den Strom der Zeit schwimmt: Er beschreibt sein handyloses Dasein auch immer mit einem gewissen Schmunzeln im Gesicht, als scheine er das Ganze auch ein wenig zu zelebrieren. Er erinnere sich noch genau daran, als er das erste Handy – ein Ungetüm – zu Gesicht bekam. «Das gehörte unserem Viehdoktor.»

Hans-Ruedi Hauser ist einer, wie es die «Bösen», seine Schwingerfreunde, auch sind: urchig und bodenständig. Einer, der sich vom Fluss der Zeit nicht beeinflussen lässt. Der Schwingsport bedeutet ihm alles: Brauchtum, Kameradschaft, Heimat und Familie. Schliesslich trat der Elmer in früheren Jahren selbst im Ring zum Kampf an. Heute darf er jeweils an den Esaf in der Arena als Ehrengast des eidgenössischen Verbands Platz nehmen, eine der höchsten Auszeichnungen im Schwingsport. Erreicht hat dies Hauser ganz ohne Handy.

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Zur Erinnerung, die beste Zeit, das Wirtschaftswunder, die Zeit der grössten Freiheit, war vor dem Handy. Vor dem Internet und vor der Digitalisierung. Wer diese Zeit erlebt hat träumt von ihr. Die Autos fuhren ohne Chips und Bildschirm genau so gut, oder besser. Man schrieb Briefe und wartete auf Antwort. Na und?

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