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Die «Göttin» Gletscher

Um es gleich vorwegzunehmen: Am «Researchers Beer» genannten Anlass der Academia Raetica im Kulturplatz gab es auch Alternativen zu Bier. Die Flaschen in den Fäusten der Teilnehmenden zeigten allerdings die deutliche Vorliebe für den Gerstensaft. Wichtiger jedoch war das gesellige Beisammensein bei Gesprächen über Wissenschaft und alles daneben.

Barbara
Gassler
07.03.22 - 06:46 Uhr
Leben & Freizeit
Nadine Salzmann leitet die Forschungseinheit Alpine Umwelt und Naturgefahren am CERC.
Nadine Salzmann leitet die Forschungseinheit Alpine Umwelt und Naturgefahren am CERC.
bg

Das Format soll zukünftig jeden ersten Dienstag im Monat stattfinden, und als spezieller Gast bei der ersten Durchführung war Nadine Salzmann geladen. Sie ist Leiterin der Forschungseinheit «Alpine Umwelt und Naturgefahren» am Forschungszentrum für Klimawandel, Ex-tremereignisse und Naturgefahren im Alpenraum (CERC) am SLF. Erfahrung im Management von Naturgefahren hatte sie unter anderem schon in den Anden und dem Himalaja gesammelt und dort ein bescheideneres, weniger sicherheitsorientiertes Denken kennengelernt. «Etwas von dieser Akzeptanz einer höheren Gewalt stünde auch uns gut zu Gesicht», sagte sie im Verlauf des Gesprächs mit der Geschäftsführerin von Academia Raetica, Barbara Haller. Dabei erinnerte sie sich an eine Begebenheit, als sie die Bewohner eines Dorfes in Nepal über die Gefahren durch einen Gletschersee informierte. «Der Gletscher sei ihre Göttin, die sie ernähre, aber manchmal halt auch bedrohe, habe man ihr da geantwortet. Ganz so fatalistisch brauche man nicht zu sein, aber etwas mehr Demut sei angezeigt. «Wir können nicht jedes Stück Alpen verbauen. Wir müssen uns auf die erhöhten Risiken einlassen.»

Das Deutsch der PhD-Studenten am PMOD/WRD, Angelos aus Griechenland und Arseniy aus Russland, reichte nicht ganz, um den Ausführungen vollständig zu folgen.
Das Deutsch der PhD-Studenten am PMOD/WRD, Angelos aus Griechenland und Arseniy aus Russland, reichte nicht ganz, um den Ausführungen vollständig zu folgen.
bg

Datenlage verbessern

Das hält Salzmann jedoch nicht von der Erforschung dieser Naturgefahren ab. «Covid hat uns gelehrt, dass wir auch in unwahrscheinlichen und kumulierten Szenarien denken müssen.» Ein grosser Teil ihrer Arbeit sei nun, die Datenlage, die im Hochgebirge sehr dünn sei, zu verbessern. «Wenn ein Sensor ausfällt, kann man ihn nicht einfach so schnell austauschen», erklärte sie das Warum auf eine Nachfrage aus dem Publikum. «Wie viel von dem Wasser, das im Niederschlagsmessgerät landet, ist tatsächlich Regen oder Schnee? Wie viel davon stammt von vereisendem Wind?» In ihrem Forschungsgebiet gehe es darum, die blinden Flecken im System zu erkennen und robust zu machen. «Einen Dürresommer in 50 Jahren steckt unser Schutzwald locker weg», nannte Salzmann ein weiteres Beispiel. «In den letzten paar Jahren gab es aber gleich drei oder vier solche Sommer. Wie lange dauert es, bis er seine Funktion nicht mehr erfüllen kann? Was passiert, wenn ein Wintersturm die geschwächten Bäume fällt und im Sommer darauf ein Brand durch die trockenen Stämme fegt?», stellte sie eine weitere Kaskade anschaulich dar.

Das zweite «Reasarchers Beer» findet am Dienstag, 5. April, statt. PMOD/WRC-Direktorin Louise Harra berichtet, dann vorwiegend auf Englisch, von der Sonde Solar Orbiter.

Die CERC-Forscher Andrea Manconi und Yves Bühler im Gespräch mit Thomas Gadmer.
Die CERC-Forscher Andrea Manconi und Yves Bühler im Gespräch mit Thomas Gadmer.
bg
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