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Flexibilität für Beruf und Familie

Eine Geografin und ein Geograf, zwei kleine Kinder, und der Wunsch, anspruchsvolle Arbeit für beide plus Familienleben so zu vereinbaren, dass niemand dabei zu kurz kommt – geht das?

Davoser
Zeitung
17.10.21 - 06:33 Uhr
Leben & Freizeit
Jeannette Nötzli und Andi Hasler bei der Feldarbeit.
Jeannette Nötzli und Andi Hasler bei der Feldarbeit.
zVg

FJeannette Nötzli, promovierte Geografin und Andi Hasler, Elektroniker und ebenso promovierter Geograf, leben und arbeiten mit ihren zwei Kindern in Davos. Jeannette forscht zu Permafrost im Gebirge am WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF und ist Projektleiterin von PERMOS, dem Schweizer Permafrostmessnetz. Andi arbeitet beim Davoser KMU SensAlpin GmbH, das Überwachungs- und Alarmsysteme für alpine Naturgefahren konzipiert, erstellt und betreibt. Als Andi das Angebot bekam, bei SensAlpin GmbH zu arbeiten, beschloss die junge Familie von Zürich nach Davos zu ziehen. Jeannettes Arbeit, damals noch ausschliesslich für PERMOS, war bereits eng mit dem SLF verknüpft – die Nähe zum Forschungsobjekt Permafrost in Davos zudem ein offensichtlicher Vorteil. Die «höchstgelegene Stadt Europas» mit ihren Forschungsinstituten bietet sowohl Arbeitsplätze in der forschungsnahen Industrie als die passende Infrastruktur – zum Beispiel eine gut ausgebaute Kinderbetreuung. Nicht nur der Beruf gab jedoch den Ausschlag, sondern auch die Liebe zu den Bergen und die vielen Sportmöglichkeiten.

Zwei 70-Prozent-Pensen

Für beide war von Beginn an klar, dass sie sich als Eltern sowohl in der Erwerbsarbeit als auch in der Kindererziehung gleichberechtigt engagieren wollen. Heute arbeiten beide je 70 Prozent im Beruf, teilen sich die Familienarbeit auf und nutzen nebenher Betreuungsangebote, inklusive gelegentlicher Hilfe durch Freunde und Grosseltern. «Meine Teilzeitarbeit sehe ich nicht als Verzicht zugunsten der Frau», so Andi, «sondern als ein Privileg, um eine enge Beziehung zu meinen Kindern aufzubauen». Doch wie läuft das im Alltag? Flexibilität und Organisation stehen hier im Zentrum – nicht nur in der Familie, sondern auch ganz entscheidend bei der Arbeit. Dies bedeutet, dass Arbeitgebende und Arbeitnehmende auf fixe Tagesarbeitszeiten verzichten und stattdessen darauf bauen, dass die Qualität der Arbeit stimmt und Termine eingehalten werden, was, wie Jeannette betont, «Vertrauen, Professionalität und eine gute Kommunikation von beiden Seiten erfordert». Beide Eltern erklären, dass sie von ihren Arbeitgebern viel Flexibilität bekommen, um ihre Arbeit und die Kinderbetreuung ideal einzuteilen und aufeinander abzustimmen. Aber auch sie bieten dem Arbeitgeber eine hohe Flexibilität, wenn beispielsweise mehrtägige wetterabhängige Feldeinsätze, wissenschaftliche Konferenzen im Ausland oder dringende Ar-beiten anstehen. Die besondere Situation durch Corona zeigte klar, wieviel mehr Flexibilität im Arbeitsalltag möglich ist, und wie sehr strikte Arbeitsmuster ohne Qualitätsverlust durchbrochen werden können. Eine Erkenntnis, die Familien – und Firmen – zugutekommen kann.

Positive Rollenmodelle

Damit Frauen in der Forschung verantwortungsvolle Positionen erreichen und halten können, ohne den Wunsch nach genügend Familienzeit aufzugeben, braucht es also nicht nur flexible Teilzeitstellen für Frauen und Männer sowie ­gute Betreuungsangebote. Ebenso wichtig sind männliche Rollenmodelle, damit junge Männer erkennen, dass es für sie ein Gewinn ist, aktiv das Familienleben mitzugestalten und eine enge Bindung zu ihren Kindern aufbauen zu können. Und es braucht Arbeitgeber, die flexible Teilzeitmitarbeitende als Bereicherung und nicht als Einbusse erleben.

 

www.slf.ch und  www.sensalpin.ch 

Dieser Beitrag stammt von der Academia Raetica und wurde erstmals in der Bündner Woche publiziert.

 

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