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Worte zum Tag der Kranken

Der Verein «Tag der Kranken» wurde 1939 gegründet und engagiert sich über 80 Jahre für kranke und beeinträchtigte Menschen. Ein Kommentar des Bündner Gesundheitsdirektors Peter Peyer.

Südostschweiz
07.03.21 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Peter Peyer
Zum «Tag der Kranken» hat der Bündner Gesundheitsdirektor Peter Peyer ein Kommentar verfasst.
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Von Gesundheitsdirektor Peter Peyer

Der Tag der Kranken hat zum Ziel, Gesunde und Kranke zusammenzubringen und dadurch der Vereinsamung kranker Menschen entgegenzuwirken. Mit dem diesjährigen Motto «Verletzlich, aber stark» sollen Diskussionen angeregt sowie kranke und gesunde Menschen eingeladen werden, sich auszutauschen und einander Sorge zu tragen.

Jeder Mensch wird im Laufe des Lebens mit Krankheiten, Schicksalsschlägen und Beeinträchtigungen konfrontiert – sei es als Angehörige, sei es, weil er oder sie selbst eine gravierende Diagnose erhält oder einen schweren Unfall erlitten hat. Das Jahr 2020 hat uns allen vor Augen geführt, dass Gesundheit nicht selbstverständlich ist und dass eine gesundheitliche Krise auch Einfluss auf unsere Psyche hat. Ob und wie stark eine Krankheit – oder eine Krise wie die Covid-19-Pandemie – seelisch belastet, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Die gute Nachricht: So wie wir das Immunsystem unseres Körpers stärken können, können wir dies ebenso mit unserer Seele respektive Psyche tun und widerstandsfähiger werden.

Die Fähigkeit eines Menschen, Krankheiten, Krisen und Verluste besser zu bewältigen, diese zu akzeptieren, gestärkt daraus hervorzugehen und sich bei Veränderungen flexibler anzupassen, nennt man in der Fachwelt Resilienz. Der Begriff Resilienz (lateinisch resilire: «zurückspringen» oder «abprallen») stammt ursprünglich aus der Physik und definiert die Eigenschaft eines Körpers, nach einer Verformung in seinen ursprünglichen Zustand zurückzukehren. Die psychische Widerstandskraft ist bei jedem Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt, kann jedoch von der Kindheit bis ins hohe Alter erlernt, trainiert und somit selbst beeinflusst werden.

Da Menschen mit Krisen und Schicksalsschlägen sehr unterschiedlich umgehen, gibt es jedoch kein Patentrezept. Jede und jeder muss für sich herausfinden, was für das eigene Wohlbefinden wichtig ist. Wer sich in guten Zeiten damit auseinandersetzt, was ihm oder ihr guttut, kann bei einer Krankheit oder einem Unfall darauf zurückgreifen und senkt das Risiko, an den Folgen schwerer Lebensereignisse psychisch zu erkranken.

Die psychische Widerstandskraft entwickelt man jedoch nicht alleine. Ein wichtiger Aspekt sind die Gemeinschaft und das soziale Umfeld. Dazu zählen Angehörige, Freundinnen, Menschen, die ein ähnliches Schicksal teilen oder dieses bereits bewältigt haben, aber auch der Arbeitgeber oder die Arbeitskollegin, eigentlich jedes Mitglied der Gesellschaft. Das soziale Umfeld, das einen Menschen fördert und im Krisenfall unterstützt, spielt als Schutzfaktor eine wesentliche Rolle. Deshalb sind wir alle aufgerufen, mit den Themen Krankheit und psychische Gesundheit offener umzugehen und über psychische Belastungen zu sprechen, aber auch darüber, was uns guttut und was wir brauchen, wenn wir eine schwierige Zeit durchmachen. Akzeptieren wir, dass wir keine Superheldinnen oder Superhelden sind, die ihre Probleme im Alleingang lösen, sondern haben wir die Stärke, uns anderen Menschen anzuvertrauen und soziale Unterstützung anzunehmen.

Der Tag der Kranken soll für uns Anlass sein, gegenüber unseren kranken und beeinträchtigten Mitmenschen unser Mitgefühl auszudrücken und ihnen heute und in Zukunft viel Kraft und Zuversicht zu wünschen. Der Tag der Kranken soll für uns aber auch, insbesondere wegen der anhaltenden Covid-19-Pandemie, Anlass sein, dem Pflegepersonal, der Ärzteschaft wie auch den pflegenden Angehörigen Dank und Anerkennung für ihren täglichen, unermüdlichen und wertvollen Einsatz auszusprechen. Der Tag der Kranken soll schliesslich auch die Gelegenheit bieten, als Gesellschaft einen Moment innezuhalten, um die vielen in der Schweiz an den Folgen von Covid-19 verstorbenen Menschen nicht zu vergessen und an die Angehörigen, Freunde und Freundinnen zu denken, die einen geliebten Menschen verloren haben. Die Coronakrise stellt uns alle auf die Probe. Kontakte sind auf das Nötigste zu beschränken. Lassen wir kranke und beeinträchtigte Menschen nicht alleine, sondern lassen Sie uns füreinander da sein. Reden wir miteinander, sei es durch Videotelefonie, soziale Medien oder ganz klassisch durch Briefe schreiben oder ein Telefonat. Tragen wir Sorge zueinander!

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