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Gourmet-Tour durch die Reben: Eine Ode an die Vorfreude

Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude und manchmal so gross, dass sie alleine schon eine Geschichte wert ist. Unsere Autorin nimmt sie mit auf eine Gourmet-Tour durch die Reben, die sie nächste Woche genau so, fast so oder noch viel besser erleben wird.

Leben & Freizeit
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01.09.20 - 09:17 Uhr

Wieso ich mir heute trotz regelmässiger Yogapraxis so umständlich die Trekkingschuhe schnüre? Das liegt eindeutig am strengen Training vom Vorabend. Nicht, dass mich einer jetzt falsch versteht – ich habe keinen Muskelkater; sondern bloss einen Kater. Dafür aber einen gewaltigen. «Du musst dich doch auf diese Wein-Tour vorbereiten», sagte mein Mann gestern beim Znacht. «Weisst du überhaupt wie man degustiert?» Wusste ich nicht und wurde ganz schön unsicher. Weiss ich jetzt übrigens auch noch nicht, weil was dann kam, nenne ich mal vorsichtig unkontrolliertes Üben. Das habe ich jetzt davon. Wandern mit Kopfschmerzen und Trekkingschuhe die – «gopfnomol» – schon auf dem Zugperron in Maienfeld wieder aufgehen. Dort wartet auch schon Gian Carlo Casparis, Weinexperte und Inhaber von Wine Tours Switzerland, auf mich und die anderen «Weintürler». Nett sieht er aus. Irgendwie wie eine Mischung aus australischem Sonnyboy und kanadischem Naturbursche mit Bündner Dialekt. Eigentlich ist er aber waschechter Herrschäftler, erfahrener Hotelier der Spitzenhotellerie und diplomierter Weinkenner mit Passion. Sympathisch. Neben ihm durchforstet Herr Weissalles gerade sein Telefon nach dem neuesten Newsletter des Château Lafite-Rothschild und Frau und Herr Müller den Rucksack nach der Sonnencrème, die höchstwahrscheinlich noch im Hotel auf dem Nachttischchen liegt. Sehr zum Ärger von Herrn Müller, der ganz ohne Sonne gerade rot anläuft. Und dann ist da noch Alvin aus London, der zufrieden in sein Handy blinzelt und ein Selfie schiesst. Sie alle haben sich zur Gourmet-Tour angemeldet und gehören heute zur Gruppe, die mit Gian Carlo durch die Rebberge wandert. Mit mir sind wir komplett, es kann losgehen. Ab in die Rebberge der Bündner Herrschaft.

So entstehen pralle Früchtchen

Feine Nebelschwaden ziehen wie flattierende Kätzchen um die Rebstöcke, die gebückt unter der schweren Last der Trauben nach der Morgensonne lechzen. Fruchtiger, eleganter Blauburgunder: Die typische und begehrte Sorte aus dem Bündner Rheintal. Herr Weissalles steckt sich selbstbewusst eine Traubenbeere in den Mund und erkennt von Anis bis Zeder gefühlte einhundertzwanzig Holz- und Gewürznoten im Abgang. Ich probiere ebenfalls. Für mich schmeckt die Traube wunderbar süss und fruchtig – nach Traube eben.

Nach Morgentau und Herbst. Dafür ernte ich von Herrn Weissalles ein spöttisches Lächeln und von Gian Carlo ein anerkennendes Nicken. Schon in Ordnung. Es ist, was es ist: Eine edle Traube. Nicht mehr und nicht weniger. Der Weg bis zur Ernte sei da schon eher eine Wissenschaft – ein altes Handwerk sowieso! Sechzehn Arbeitsschritte brauche es, bis die Traube erntereif in der Spätsommersonne hange, erklärt Gian Carlo leidenschaftlich. Tatsächlich würden die heimischen Winzer Jahr für Jahr aus über 42 Rebsorten mehr als 60 verschiedene Weinspezialitäten vinifizieren, die in jüngerer Vergangenheit gleich mehrere Pinot-Noir-Weltmeistertitel abgeräumt hätten. «Amazing», Alvin schiesst ein Selfie vor den Rebstöcken und Müllers suchen Schatten dahinter. Weiter geht es in den ersten Weinkeller.

Im Keller der Tatsachen

Wie Zucker eigentlich zu Alkohol werde, fragt Gian Carlo in die Runde. Ich weiss es nicht und blicke mich hilfesuchend um. Frau Müller wisse bloss wie Alkohol zu Zucker werde und schaut ihren Mann vorwurfsvoll an. Der wird schon wieder rot. Wir anderen finden das ziemlich lustig, aber der Antwort näher kommen wir dadurch auch nicht! «Mit Hefe natürlich» weiss plötzlich Herr Weissalles und steckt seinen Freund Google unauffällig zurück in die Hosentasche. Gian Carlo weiss auch ohne Google Bescheid. Er erzählt spannend und kurzweilig und macht uns zu kleinen Experten der Weinherstellung. Zum Fachwissen gibt’s ein wunderbares Glas Roten dazu. Der streichelt meinen Kater und macht ihn zur Schmusekatze. Die Kopfschmerzen verfliegen mit dem vollen Abgang. Vom Keller geht es bald weiter Richtung Mittagsrast und ich bekomme richtig Hunger – auf Essen und auf Wissen. Mit Loch im Bauch frage ich Gian Carlo Löcher in den Bauch. Er antwortet ausführlich, geduldig und mit diesem Glänzen in den Augen, wenn er über Region, Weintradition und Winzerkultur spricht. Wie aus Blauburgunder Federweiss wird zum Beispiel, und warum Federweiss typisch goldig ist, erklärt er so klar wie Selbstgebrannter ist. Federweiss nenne man einen, aus Blauburgunder Trauben gekelterten Weisswein: einen Blanc de Noir. Das Fruchtfleisch der Blauburgundertrauben enthalte keine Farbpigmente, somit bleibe der Saft nach dem Abpressen sehr hell. Nur die Beerenhäute gäben einen "Federhauch" an hellroter Farbe ab, die während der Gärung und dem Keltern ins Goldene übergehe. Spätestens jetzt merke ich: Der gute Mann hat wirklich Ahnung! Sogar Herr Weissalles hat nichts entgegenzusetzen. Ich glaube, das frustriert ihn gerade ein bisschen. «Wein doch, Herr Weissalles!»

Genusskultur pur erleben

Nach ein paar weiteren, gemütlichen Schritten durch die Rebberge erreichen wir den Rastplatz. Das gewaltige Alpenpanorama begrüsst uns mit gestochen scharfer Schönheit. Der berühmte Rheintaler Föhn trägt es zum Greifen nah heran und bläst uns mild entgegen. Er ist typisch für die Region und Teil des «Herrschäftlers» Erfolgsrezeptes, erklärt Gian Carlo. Müllers graben derweil im Rucksack nach den Windjäckchen, nur um dann doch noch überglücklich die Sonnencreme zu finden. Den freudigen Moment will Alvin im Sturmfrisuren-Gruppenselfie festhalten. «Say Cheese!». Wir sagen «Käse» und schnuppern lecker Essen! Der Föhn trägt uns einen deliziösen Duft in die Nase. Herr Weissalles meint darin dezente Noten von Weihrauch und Myrre zu erkennen, wir anderen riechen Lachsforelle. Die stammt aus dem Weisstannental oberhalb von Mels und sei eine wahre Delikatesse. Da läuft auch mir, dem Vegi aus Überzeugung, das Wasser im Mund zusammen. Und während ich noch gegen meinen inneren Moralapostel kämpfe, freuen sich die anderen auf ein wunderbares Viergänge-Menu aus nachhaltiger, regionaler Produktion – zubereitet auf dem Feuerring vom Spitzenkoch, notabene! Bei so viel Leckereien vergisst Herr Müller natürlich seinen Zucker und sogar Frau Müller drückt gnädig ein Auge zu. Bei mir gewinnt dann doch der Moralapostel. Aber bloss weil die Alternative zur Forelle, ein grilliertes und fein mariniertes Alpgeisschäsli, nicht minder verlockend klingt. Zum Essen gibt’s eine ungezwungene Weinbegleitung. Kein wildes Gurgeln und Schmatzen – ich hatte ganz umsonst geübt – sondern ein achtsames, gemeinsames Geniessen. Wir lernen regionale Spitzenweine kennen – ein Geschenk an uns aus langer Winzertradition, einem besonderen Wetterphenomen und gelebter Weinkultur. «Cheers», ruft Alvin und hebt Glas und IPhone. Ein weiteres, heiteres Gruppenselfie zieht in die unendlichen Weiten des World Wide Webs ein. Ein unvergesslicher Tag wird unvergänglich gemacht! «Viva zemma!»

Wer sich mit Gian Carlo und unserer Autorin auf die Gourmet-Tour durch die Reben begeben will, darf sich gerne anmelden. Ob auch Müllers, Alvin und Herr Weissalles dabei sein werden, können wir nicht versprechen. Aber möglich wäre es natürlich schon.

Buchen Sie jetzt ihre Gourmet-Tour vom 6. September 2020: www.genussfestival.ch                                                         

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