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«Es dürfte dieses Jahr wesentlich schwieriger sein als sonst»

Südostschweiz
06.06.20 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Josef Kubli meint, dass es dieses Jahr schwieriger dürfte, nach der Lehre eine Arbeitsstelle zu finden.
Josef Kubli meint, dass es dieses Jahr schwieriger dürfte, nach der Lehre eine Arbeitsstelle zu finden.

von Josef Kubli

Herr Kubli, viele Glarner Jugendliche schliessen ihre Lehre oder Ausbildung ab. Wie stehen ihre Chancen, im Ausbildungsbetrieb oder einer anderen Firma eine feste Arbeitsstelle zu finden?

Josef Kubli: Es dürfte dieses Jahr unter dem Einfluss der Coronakrise viel schwieriger sein als sonst. Für die meisten Betriebe gilt wohl: Wer bisher noch keine Probleme und genug Arbeitsvorrat hatte, wird in Zukunft eventuell noch Probleme und weniger Arbeit haben. Jetzt noch neue Leute einzustellen, ist bei vielen undenkbar. Im Gegenteil: Vermutlich muss im einen oder anderen Fall sogar versucht werden, derzeit überzählige Leute ab der Lohnliste zu bringen, wobei das auch sehr stark von der Branche abhängig ist. Es gibt ja wie immer Gewinner und Verlierer.

Wer könnte denn zu den Gewinnern zählen?

Zum Beispiel die Velohändler. Zumindest einzelne von ihnen können derzeit nicht einmal mehr liefern, weil sie gar keine Velos mehr haben. Diese werden denn vermutlich auch mehr Aufträge bekommen, um die Fahrräder zu reparieren.

Und in welchen Branchen könnte es als Gegenpol dazu sogar sehr schwierig werden?

Vorstellen könnte ich mir, dass es vor allem in handwerklichen Berufen schwierig wird, in denen schon sehr viele Lernende auf dem Markt sind. Das ist wohl auch in den kaufmännischen Berufen so. Andererseits hat es in meiner Branche, Haustechnik- und Sanitär, so wenig Nachwuchs, dass dieser wohl beschäftigt werden kann.

Wie sieht es bei neuen Lehrverträgen aus? Ich nehme an, die meisten wurden längst abgeschlossen.

Nein, da gibt es auch ganz viele, die noch keine Lehrstelle haben. Das zumindest hiess es beim Kanton noch vor gut drei Wochen.

Nehmen wir Jugendliche, die einen Lehrvertrag haben. Wie sicher können sie sich sein, die angefangene Lehre schliesslich auch im selben Betrieb abschliessen zu können?

Das wird sich wohl erst noch zeigen. Denn das ist im Moment das Problem. Ich kenne einige, die keine genügend grosse Reserve haben, um mittel- oder längerfristig zu überleben. Da stecken Schicksale dahinter. Oft sind es junge Unternehmen, die sich noch zu wenig gut im Markt etabliert haben. Wenn ihnen die Liquidität ausgeht, macht sie das früher oder später kaputt.

Von der speziellen Situation der Jugendlichen einmal abgesehen: Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Lage der Glarner Betriebe allgemein? Ist die Existenz einzelner bedroht?

Ich glaube schon. Wie schon erwähnt, ist das wahrscheinlich extrem branchenabhängig. Aber in einzelnen lässt sich das jetzt Verpasste gar nicht mehr aufholen. In einem Sportgeschäft wird die Skiausrüstung im Sommer nicht mehr verkauft, die im Winter oder Frühling im Laden blieb. Bei diesem Beispiel lief das Geschäft wahrscheinlich schon Anfang Winter nicht top. Und als es dann gegen den Frühling besser gelaufen wäre, wurde die Saison abgebrochen. Auch in der Modebranche blieb die Frühlingskollektion vermutlich zum grössten Teil im Laden. Das heisst, dass man diese Waren – wenn überhaupt – irgendwann allenfalls noch zum Selbstkostenpreis verscherbeln kann.

Nun scheint die Corona-Pandemie ja allmählich abzuklingen. Aber was glauben Sie: Wie lange werden die Glarner Gewerbetreibenden noch unter den wirtschaftlichen Folgen leiden?

Ich bin überzeugt davon, dass es nicht nur dieses, sondern auch noch das nächste Jahr brauchen wird, bis sich der grösste Teil wieder einigermassen eingependelt hat.

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