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Gibt es eine Verbindung zwischen dem Kawasaki-Syndrom und dem Coronavirus?

Das Coronavirus bestimmt seit mehreren Wochen unser Leben. Als wäre das nicht schon schlimm genug, kommt bereits die nächste Erkrankung um die Ecke: das Kawasaki-Syndrom. RSO Reporter Patrick Ulber hat mit Thomas Riedel, Chefarzt und Departementsleiter Kinder-Jugendmedizin im Kantonsspital Graubünden, gesprochen.

Südostschweiz
03.05.20 - 11:30 Uhr
Leben & Freizeit
Dr. med. Thomas Riedel ist Chefarzt und Departementsleiter der Kinder-Jugendmedizin am Kantonsspital Graubünden.
Dr. med. Thomas Riedel ist Chefarzt und Departementsleiter der Kinder-Jugendmedizin am Kantonsspital Graubünden.
PHILIPP BAER / PHILIPP BAER

Herr Dr. med. Riedel, seit einigen Tagen wird in den Medien immer öfters vom Kawasaki-Syndrom gesprochen. Was müssen wir uns darunter vorstellen? 

Das Kawasaki-Syndrom ist eine Erkrankung, die vor allem Kleinkinder bis zum fünften Lebensjahr betrifft. Die Erkrankung führt zur Entzündung der kleinen Blutgefässe und dadurch zu einer Entzündung der Organe. In den meisten Fällen geht es den Kindern mit der Zeit aber wieder besser. Es gibt jedoch Kinder, die eine Mitbeteiligung vom Herz haben und somit auch längerfristig Probleme haben könnten. Noch ist unklar, was die Ursache von diesem Syndrom sein könnte. Man vermutet aber, dass es im Zusammenhang mit anderen Virusinfektionen steht. 

Wie ist der Verlauf dieser Krankheit?

Typischerweise haben die Kinder Fieber, ohne dass man ganz genau weiss, warum sie es haben. Meistens dauert dies bis zu zehn Tage. Die meisten Kinder entwickeln auch Symptome, die man an der Haut oder auf der Zunge sieht. Die Zunge oder die Handfläche können rot werden. Zudem tritt häufig eine Bindehautentzündung auf und der Grossteil  der Kinder hat  auch vergrösserte Lymphknoten. Sind all diese Symptome vorhanden, dann muss untersucht werden, ob auch das Herz beteiligt ist. Das ist nämlich genau das, worüber wir uns Sorgen machen, wenn man das nicht behandelt. Denn etwa 30 bis 40 Prozent der Kinder könnten eine Mitbeteiligung von den Herzkranzgefässe haben. 

Was bedeutet das genau, wenn auch die Herzkranzgefässe davon betroffen wären?

Man kann es behandeln, obwohl man nicht weiss, was die Ursache ist. Es gibt gute Behandlungsmöglichkeiten, die das Risiko von Beteiligungen der Herzkranzgefässe deutlich reduzieren können. Die Kinder, welche eine Beteiligung haben, haben längerfristig ein grösseres Risiko um dann eine Arterienverkalkung, und im späteren erwachsenen Leben, ein grösseres Risiko für Herzinfarkt zu machen. 

Im Normalfall kriegt man das Kawasaki-Syndrom gut und rasch in den Griff. Stimmt das so?

Das ist so! Da Kinderärzte dieses Syndrom kennen, können sie es früh erkennen und somit auch früher behandeln. 

Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Kawasaki-Syndrom und dem Coronavirus? 

Da das Kawasaki-Syndrom mit verschiedenen Viren in Verbindung steht, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass es auch mit dem Coronavirus zusammen hängen kann. Die häufigsten Fälle, die in der Presse erwähnt werden, sind momentan schwierig zu interpretieren. Schaut man genau hin, ist es wahrscheinlich eine Vermischung von verschiedenen Krankheiten, die hier interpretiert werden. 

Hat der Kanton Graubünden bereits Kawasaki-Syndrom Fälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus zu vermelden? 

Das Kawasaki-Syndrom ist eine seltene Erkrankung. In Deutschland, der Schweiz oder Österreich erkranken pro Jahr etwa sieben bis zehn von 100'000 Kindern unter dem fünften Lebensjahr. Im Kanton Graubünden wäre das etwa ein Kind pro Jahr. Im Zusammenhang mit dem Coronavirus ist uns aber kein Fall bekannt. 

Was heisst das für die Eltern? Müssen sie sich also keine Sorgen machen? 

Im Moment haben wir keinen Grund uns zusätzliche Sorgen zu machen. Wichtig ist, wenn es dem Kind nicht gut geht, sollten die Eltern zum Haus- oder Kinderarzt gehen. Die Kinderärzte kennen diese Diagnose. Es besteht also kein Grund zur Sorge. (ulp/huj)

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