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Die Lageberichte werden von Mal zu Mal dramatischer

Mehr Erkrankte, grosse Verunsicherung in der Wirtschaft, kein Abbau bei Bahn und Bus: Die Bündner Regierung hat gestern die wichtigsten Fragen zur Coronakrise beantwortet – in ungewohnter Form.

Olivier
Berger
17.03.20 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Nur noch am Bildschirm: Die Regierung informiert in Social-Distancing-Sitzordnung und via Internet über die jüngsten Entwicklungen.
Nur noch am Bildschirm: Die Regierung informiert in Social-Distancing-Sitzordnung und via Internet über die jüngsten Entwicklungen.
OLIVIA AEBLI ITEM

In Zeiten von Coronavirus und Social Distancing geht auch die Bündner Regierung neue Wege. So stellte sie sich gestern Abend zwar den Medien – aber nur via Livestream im Internet. Knapp 24 Stunden nach der weitgehenden Stilllegung des öffentlichen Lebens im Kanton erläuterten die fünf Mitglieder der kantonalen Exekutive die aktuelle Situation – auch mit Blick auf die jüngsten Entscheidungen des Bundesrats (siehe Seite 17).

Die vom Bundesrat verhängten Massnahmen deckten sich weitgehend mit jenen Bestimmungen, welche die Bündner Regierung am Sonntagabend erlassen habe, erklärte Regierungspräsident Christian Rathgeb vor der Kamera. Es gebe lediglich kleine Unterschiede. Wo diese lägen, werde die Regierung jetzt analysieren und die Massnahmen im Kanton nötigenfalls angleichen. Das Ziel sei es, dass Bund und Kanton «möglichst kongruent» seien. Das gelte auch in zeitlicher Hinsicht, so Rathgeb. Die Beschränkungen im Kanton sollen vorläufig bis 30. April gelten; die Frist des Bundes endet rund zwei Wochen früher. Man werde die Entwicklung laufend beobachten und allenfalls reagieren, sagte Rathgeb.

«In kritischem Zustand»

In Graubünden sind mittlerweile 64 Fälle von Infektionen mit dem Coronavirus bestätigt worden, wie Gesundheitsdirektor Peter Peyer erklärte. Einige der Betroffenen befänden sich in Spitalpflege, darunter auch Menschen, die «leider in kritischem Zustand» seien. Der Entscheid des Bundes, die Armee zur Bewältigung der Krise einzusetzen, sei «richtig und wird von uns auch begrüsst», sagte Peyer. Er lobte ausserdem die mittlerweile angelaufene private Hilfe. Der kantonale Krisenstab prüfe die Errichtung einer Art Drehscheibe für Helfer und Hilfesuchende. «Wir können diese Krise nur zusammen bewältigen», so Peyer.

Gesuche sind massiv gestiegen

Gross ist die Verunsicherung in der Wirtschaft, wie Volkswirtschaftsdirektor Marcus Caduff betonte. Viele Unternehmer und Selbstständigerwerbende machten sich existenzielle Sorgen. «Dafür haben wir grosses Verständnis.»

Beim zuständigen Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (Kiga) seien mittlerweile rund 700 Gesuche um Kurzarbeitsentschädigung eingegangen, so Caduff. 84 davon habe man bereits bewilligt, die Kadenz werde jetzt aber deutlich erhöht. Ausserdem werde geprüft, ob und wie die Kurzarbeitsentschädigung auch an Personen mit befristeten Arbeitsverträgen und Selbstständigerwerbende ausgerichtet werden könne, sagte Caduff.

Weiterhin suche der Kanton auch Möglichkeiten, um die Liquidität von Unternehmen zu sichern. Ein denkbarer Ansatz seien beispielsweise Bürgschaften der öffentlichen Hand für Darlehen.

Die Schulen sind gefordert

Der Entscheid des Bundesrats, alle Schulen im Land zu schliessen (Ausgabe vom Samstag) habe das Leben «aller Familien mit Kindern total auf den Kopf gestellt», betonte Bildungsdirektor Jon Domenic Parolini. Angebote für Kinder, die nicht von ihren Eltern betreut werden könnten, müssten rasch starten. Bei älteren Jugendlichen setze man auf neue Unterrichtsformen. Ziel sei es, dass diese «auch unter erschwerten Bedingungen Lernerfolge erzielen» könnten.

Frohe Kunde aus Bern brachte Infrastrukturdirektor Mario Cavigelli mit. Es sei kein Abbau im öffentlichen Verkehr geplant. Auch die «Taktrealität» werde beibehalten, das Angebot also namentlich in Randgebieten nicht ausgedünnt. Das sehe die Regierung «mit Befriedigung».

Olivier Berger wuchs in Fribourg, dem Zürcher Oberland und Liechtenstein auf. Seit rund 30 Jahren arbeitet er für die Medien in der Region, aktuell als stellvertretender Chefredaktor Online/Zeitung. Daneben moderiert er mehrmals jährlich die TV-Sendung «Südostschweiz Standpunkte». Mehr Infos

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