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Bündnerin plaudert aus dem Quarantänen-Nähkasten

Eine Frau aus der Region Prättigau im Kanton Graubünden steht aktuell unter Corona-Quarantäne. Uns erzählt sie, wie es sich anfühlt, das Haus nicht mehr verlassen zu dürfen und wie sie sich in ihren vier Wänden beschäftigt.

10.03.20 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Bücher lesen, Wohnung putzen und «Netflixen» - einige Dinge, die man unter Quarantäne andauernd machen kann.
Bücher lesen, Wohnung putzen und «Netflixen» - einige Dinge, die man unter Quarantäne andauernd machen kann.
PIXABAY

Sybille Huber* steht unter häuslicher Quarantäne. Schon seit einigen Tagen – und voraussichtlich noch bis und mit Sonntag. Sie hatte Kontakt mit einer Person aus ihrem Umfeld, die positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Die Person stammt aus dem Kanton Zürich.

Sybille Huber selbst hat keine Anzeichen einer Ansteckung. Trotzdem sitzt sie zu Hause, in ihren vier Wänden, ohne Kontakt zur Aussenwelt. «Ich erhielt während der Arbeit einen Anruf vom Amt für Militär und Zivilschutz und wurde sofort nach Hause geschickt», sagt sie auf Anfrage von «suedostschweiz.ch». Vor dem Anruf wurde vom Bund abgeklärt, wie ihr Kontakt mit der infizierten Person war, erklärt sie. Weil das Risiko als zu hoch eingestuft wurde, steht sie seitdem unter Quarantäne. Die Behörden verfolgen damit das Ziel, ein weiteres Verbreiten des Coronavirus zu verhindern. Sie nimmt die Situation relativ gelassen: «Es bringt nichts, sich aufzuregen. Ich mache das Beste daraus. Die anderen machen ja auch nur ihren Job», so die Prättigauerin.

Ferien mit Einschränkungen

Sybille Huber hat einen Beruf, in dem es nicht möglich ist, im Home-Office zu arbeiten. «Mein Chef hatte natürlich nur mässig Freude daran, weil ich wirklich gar keine Anzeichen habe und es nur sicherheitshalber vorgeschrieben wurde.» Bis jetzt sei auch noch offen, wer die Kosten für den Arbeitsausfall übernehme, was sie zurzeit noch verunsichere.

Derzeit bleibt Sybille Huber nichts anderes übrig, als die Tage so sinnvoll wie möglich zu nutzen. «Ich bin pflegeleicht, für mich ist es weniger schlimm.» Mit Netflix-Folgen, vielen Büchern und Musik vertreibt sie sich ihre Zeit. Ausserdem nimmt sie sich mehr Zeit zu kochen und ihre Wohnung zu putzen. «Ich habe die Wohnung auch umgestellt und sogar das Büro aufgeräumt», sagt sie. «Es ist noch praktisch, wenn man zu Hause ist und auf einmal Zeit für Dinge hat, die man sonst aufschiebt.»

Trotzdem stellt sich die Frage, ob einem die Decke nicht auf den Kopf fällt, wenn man das Haus nicht mehr verlassen darf. «Es wäre viel schlimmer, wenn ich Symptome hätte und im Spital eingesperrt wäre. Ich wohne an einem schönen Ort, habe den ganzen Tag über Tageslicht und eine gute Aussicht», so Huber. Und: «Am Abend gönne ich mir etwas frische Luft, öffne die Fenster und gehe kurz auf die Terrasse, wenn niemand vor dem Haus herumläuft.» Coronaviren werden über Tröpfchen (Niesen und Husten) übertragen, weshalb das Lüften keine Gefahr für Passanten verursacht.

Eine Überlebenskünstlerin

Sybille Huber war bisher auf wenig Hilfe von aussen angewiesen. «Ich habe Glück, dass ich immer gut gefüllte Speisekammern habe. Ich würde sicher ein bis zwei Monate überleben, wenn es darauf ankäme.» Am Sonntag habe ihr eine Freundin jedoch etwas frisches Gemüse und Schokolade vor die Haustüre gestellt.

Seltsam fühle sie sich nicht, weil sie unter Quarantäne stehe. Es sei jedoch spannend, von so vielen Behörden kontaktiert zu werden, sagt sie. «Jeden Tag ruft mich jemand vom Amt für Militär und Zivilschutz an. Sie würden fragen, ob sie etwas brauche und ob es Veränderungen gegeben habe, sagt sie. «In den letzten 25 Jahren hat noch nie jemand so oft nachgefragt, wie es mir geht, wie jene vom Amt für Militär und Zivilschutz», sagt sie lachend.

Das Smartphone ist zurzeit ihre einzige Möglichkeit, Kontakt zur Aussenwelt aufzunehmen. Einsam fühle sie sich aber nicht. «Ich lebe alleine, meine Schwester und mein Vater wohnen anderswo. Wir haben in letzter Zeit etwas mehr telefoniert als sonst», sagt sie. Einzig am vergangenen Wochenende, als Freunde etwas unternehmen wollten, musste sie absagen. «Ich sagte, dass ich beim nächsten Mal wieder dabei bin.»

Darauf wird Sybille Huber nicht mehr lange warten müssen. Wenn sie nichts mehr von den Behörden hört, wird sie am 16. März nicht mehr unter Quarantäne stehen. (can)

*Name der Redaktion bekannt

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