×

Arzt im Hintergrund - und doch sehr nah am Patienten

Wer sich im Spital einem Eingriff unterziehen muss, denkt selten zuerst an den Anästhesiearzt. Der Chirurg steht im Rampenlicht. Der Anästhesiearzt ist eher im Hintergrund – und doch sehr nah am Patienten.

Leben & Freizeit
Sponsored Content
16.12.19 - 00:00 Uhr

Vertrauen vermitteln

Der Patientenkontakt des Anästhesiearztes beschränkt sich meist auf die präoperative Sprechstunde, sowie die Betreuung im Operationssaal und allenfalls im Aufwachraum oder auf der Intensivstation. Es ist wichtig, dass dem Patienten in diesen kurzen Kontakten Vertrauen in das betreuende Anästhesieteam vermittelt wird. Einige Tage bis maximal vier Wochen vor dem Eingriff findet ein Anästhesie-Vorgespräch statt. Dort legen wir mit dem Patienten das Anästhesieverfahren fest. Ob eine Teil- oder Allgemeinanästhesie (Vollnarkose) in Frage kommt, richtet sich in erster Linie nach der Art des chirurgischen Eingriffs, zum Teil auch nach den Vorerkrankungen, – und nicht zuletzt dem Wunsch des Patienten. Einige Patienten fürchten den Kontrollverlust während einer Vollnarkose und bevorzugen eine Teilanästhesie. Andere möchten am liebsten gar nichts vom Geschehen im Operationssaal mitbekommen und wünschen eine Vollnarkose. In jedem Fall muss ein Anästhesieverfahren empfohlen werden, dass dem Chirurgen optimale Operationsbedingungen bietet. Am Ende von jedem Gespräch vergewissere ich mich, ob der Patient die wesentlichen Punkte verstanden hat und realisiert, was auf ihn zukommt.

Damit er jedem Patienten das optimale Anästhesieverfahren empfehlen kann, muss der Anästhesiearzt den Ablauf und die Auswirkungen der geplanten Operation kennen. Zudem muss er mit allen möglichen Krankheiten und Medikamenten vertraut sein, die die Patienten mitbringen. Zum breiten Spektrum der Anästhesie gehören auch die Notfall- und die Intensivmedizin, wo Anästhesisten bei der raschen Behandlung bedrohlicher Situation mithelfen. Mit diesen breiten Kenntnissen ist der Anästhesiearzt so etwas wie ein Generalist oder Allgemeinpraktiker im Spital.

Die Dosis macht’s

Im Operationssaal wird der Patient vom Anästhesieteam gemäss der Vorbesprechung betreut. Unabhängig vom gewählten Anästhesieverfahren werden bei jedem Patienten die lebenswichtigen Funktionen wie Herzschlag, Blutdruck, Puls und Sauerstoffgehalt im Blut laufend überwacht.

Bei einer Teilanästhesie (Regionalanästhesie) wird ein örtliches Betäubungsmittel in die Nähe der Rückenmarksnerven oder der grossen Nervenstämme eines Armes oder Beines gespritzt. Die gezielte Betäubung an Nervenstämmen geschieht schonend mit Ultraschallkontrolle. Mit der Wahl des Medikamentes und der Menge, die gespritzt wird, können wir beeinflussen, wie lange die gewünschte Körperregion «schläft». Auf Wunsch kann der Patient während dem Eingriff Musik hören oder ein Schlafmittel erhalten.

Bei einer Vollnarkose erhält der Patient Medikamente, die das Bewusstsein und die Schmerzwahrnehmung ausschalten und die Muskulatur so entspannen, dass optimale Operationsbedingungen resultieren. Der Atemweg wird mit einer Kehlkopfmaske oder einem Beatmungsschlauch offengehalten und die Atmung des Patienten unterstützt. Von diesen Massnahmen spürt der tief schlafende Patient nichts. Die Dosierung aller Medikamente wird auf den Patienten abgestimmt. Dabei spielen Alter, Geschlecht, Grösse, Gewicht und Gesundheitszustand eine wichtige Rolle. Heute kann die Wirkung vieler Medikamente mit speziellen Techniken überwacht und bei Bedarf laufend angepasst werden. Jeder Patient erhält so eine individuell auf seine Bedürfnisse angepasste Narkose. Am Operationsende wird die Medikamentenzufuhr gestoppt. Der Patient erwacht innert weniger Minuten und kann für die weitere Betreuung an die Pflegeexpertinnen im Aufwachraum oder auf der Intensivstation übergeben werden. Mit der Medikamentendosierung nach dem Prinzip: «so viel wie nötig, so wenig wie möglich» können unangenehme Neben- und Nachwirkungen der Narkose deutlich reduziert werden.

Trotz aller moderner Technik, die bei der Überwachung der Patienten und auch bei der Verabreichung der Medikamente zum Einsatz kommt, bleibt die Verantwortung beim Menschen. Anästhesie ist dabei ausgeprägte Teamarbeit. Der Anästhesiearzt wird bei der Betreuung des Patienten von Pflegeexpertinnen und – experten mit einem Nachdiplomstudium in Anästhesie unterstützt. Bei der Anästhesieeinleitung und während kritischen Phasen einer Operation arbeiten wir zu zweit. Jeder Patient wird während der Operation lückenlos von einem Mitglied des Anästhesieteams betreut. Unterstützung durch weitere Anästhesiefachleute ist jederzeit verfügbar.

Ohne Angst geht's besser

Mit den beschriebenen Vorgehensweisen und personellen Verfügbarkeiten ist die anästhesiologische Betreuung im Operationssaal sehr sicher geworden. Trotzdem gilt natürlich, dass keine Eingriffe und generell keine medizinischen Massnahmen ganz ohne Risiken sind. Die Überwachung und die direkte Betreuung durch qualifizierte Fachleute machen den Operationssaal zu einer sehr sicheren Umgebung. Wir sind in der Lage, Probleme frühzeitig zu erkennen und sofort zu behandeln. Es ist eine wichtige Aufgabe, diese Sicherheit zu vermitteln, um die Angst der Patienten vor einem Eingriff und der Anästhesie zu nehmen oder zumindest zu reduzieren. Das vertrauensbildende Vorgespräch mit dem Anästhesiearzt ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Anästhesiebetreuung und häufig die bessere Medizin als jedes Beruhigungsmittel.

Promoted Content von
Mehr zu Leben & Freizeit MEHR