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Gott, die Welt und Thomas Domenig

Der Churer «Kampfgüggel» Thomas Domenig senior ist mit seinen 86 Jahren ruhiger geworden – aber keineswegs weniger pointiert in seinen Äusserungen. Er sagt immer noch, was er denkt. Und was er alles erlebt hat. Im Rahmen der einmaligen Folge «Engi trifft» spricht er über Jugendsünden, Neid, Geld und den EHC Chur.

Südostschweiz
13.12.19 - 17:00 Uhr
Leben & Freizeit
Thomas Domenig senior blickt mit Mario Engi auf das Hier und Jetzt - und das Davor. VIDEO MARCO HARTMANN

«Da käme mir eigentlich nichts in Sinn. Es ist die Frage, was es kostet». Ehrlicher könnte Thomas Domenig senior die Frage, was man mit Geld nicht kaufen könne, nicht beantworten. 

Der Churer Architekt nimmt kein Blatt vor den Mund. Das strahlt er auch aus. Domenig ist mittlerweile 86-jährig, in der Erscheinung imposant. Sein Markenzeichen: die Western-Krawatte. Und seine Pfeife. Wobei diese öffentlich nicht mehr zum Zuge kommt. Auch nicht im Gespräch im Fumoir des Restaurants «City West» in Chur. Seit ein, zwei Monaten raucht er nur noch zu Hause und im Büro. Domenig musste bremsen, schliesslich nahm er sie morgens bis abends zur Hand. Unterwegs wars das also mit dem blauen Dunst.

Unterwegs schlägt Domenig überhaupt ein gemächlicheres Tempo an als früher. Vorbei die Zeiten, als er noch in eineinhalb Stunden mit dem Maserati von Magadino nach Chur fuhr – über den San-Bernardino-Pass. «Da konnten wir noch volle Pulle geben. Aber jetzt ist es vorbei damit. Ich fahre Sportwagen schon gar nicht mehr», sagt Domenig im Gespräch. Der Verkehr habe dermassen zugenommen, dass nichts mehr sicher sei. Domenig schaut im Auto heute lieber aus dem Fenster und überlässt das Fahren seiner Frau. 

Der älteste Churer ist der Neid

Thomas Domenig senior hat Chur und sein Stadtbild geprägt. Er hat zum Beispiel in den 1960er-Jahren markante Hochhäuser im Lacuna-Quartier realisiert. Das Quartier gilt heute noch als städtebauliches Vorzeigeprojekt. Domenig hat auch das Einkaufszentrum «City West» mit den beiden Hochhäusern umgesetzt. Daneben baute er weitere Wohnhäuser, Schul- und Geschäftshäuser und Gewerbebauten. Und demnächst wohl einen Kino-Komplex. Bei einem Talk in einem Jahr «können wir dann schauen, wie weit wir mit dem Kino sind», sagt Domenig. Hintergrund dieser Aussage ist die Initiative eines siebenköpfigen Komitees, die ihm nicht das Leben, wohl aber den Bau schwer macht.

Aber nicht nur die. «Wir haben verheerende Zustände im Bauamt», wettert Domenig. Hier schlage ihm der Neid entgegen. Plus: Vor zehn bis 15 Jahren seien es noch das Hoch- und Tiefbauamt gewesen. Heute würden sich 15 Amtsstellen mit seinen Projekten befassen. Die Mühlen würden langsam mahlen, Projekte verzögert und die Architekten vor Probleme gestellt.

Zuspruch erhält Domenig aus der Bevölkerung. Nichts von Neid. Auch dank dem jahrelangen Engagement beim EHC Chur schätzten die Churerinnen und Churer den Ehrenbürger der Stadt. Der EHC Chur könne «mit Sicherheit» immer auf die Unterstützung der Familie Domenig zählen. Solche Aussagen dürften seine Beliebtheit bei aller Streitbarkeit nicht schmälern.

Wertvolle Vorarbeit

Wie Domenig im Gespräch mit Engi erklärt, stand für den Baulöwen - er ist mehrere Hundert Millionen Franken schwer - nie das Geld im Vordergrund. Er habe sich für die Architektur begeistern können und einfach bauen wollen. Was letztlich alles entstanden ist, hätte selbst ein überzeugter Domenig senior nicht für möglich gehalten. «Ich hatte ohnehin keinen Cent im Sack», sagt Domenig. «Nur die Vorarbeit von meinem Vater, der schon vor mir baute und sich Land aneignete, und meiner Mutter machte meinen Werdegang überhaupt möglich.»

Domenigs Werdegang hat ihn ruhiger werden lassen. Er sei ein «Kampfgüggel» gewesen, der viele Kämpfe ausgetragen habe. Heute nimmt er es ruhiger und mit Ironie. «Was willst du auch machen?», fragt ein entspannter Domenig. Zum Beispiel den Termin für ein weiteres Gespräch reservieren, bei welchem es wohl Neues zu berichten gibt über seine aktuellen Projekte, die er mit einer Prise Ironie und einer Portion Ruhe durchboxen will und womöglich auch wird.

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