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Zwei Tessiner entdecken wertvolle Ruine

Die Gebrüder Cereghetti hatten ein glückliches Händchen, als sie vor zwei Jahren im Tessin eine 15 Hektar grosse Weidefläche für ihre Tiere kauften. Sie entdeckten die Ruinen eines 1768 erbauten Landguts, dessen Architekt später in Italien zu Ruhm gelangte.

Agentur
sda
19.07.19 - 10:00 Uhr
Leben & Freizeit

«Als ich die Überreste des Gebäudes sah, wurde mir klar, dass es ein einzigartiges und für seine Zeit aussergewöhnliches Gebäude ist», sagt Luca Cereghetti, ein 25-jähriger Geschichtsstudent der Universität Freiburg, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Und ich wollte mehr darüber erfahren.»

Das Gebäude aus dem 18. Jahrhundert befindet sich auf 1000 Metern Höhe auf der Alp Pianspessa am Fusse des Monte Generoso. Das Gebiet der Gemeinde Breggia ist Teil des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler. Das Landgut im lombardischen Stil besteht aus drei gemauerten, zweistöckigen Gebäuden in L-Form, die durch Raumfluchten miteinander verbunden sind.

Etwas weiter hinten befindet sich ein Stall und direkt dahinter ein rundes Mauerwerk, das von seiner Form her ein wenig an ein Iglu erinnert. Die «Nevèra» war ein Vorratsraum, den man im Spätwinter mit Schnee füllte und in dem es auch im Hochsommer nicht wärmer als 10 Grad wurde. «In diesem Kühlschrank wurden früher Milch und Käse gekühlt», erklärt Luca Cereghetti.

Beim Eingang der Anlage, etwas versteckt hinter grossen Laubbäumen, befindet sich ein gut erhaltener Steinturm, der sogenannte «Roccolo». «Zwischen den Bäumen und Büschen spannte man früher Netze, um Zugvögel zu fangen ... und zu kochen», sagt Luca Cereghetti. Vom Turm aus lockten die Vogeljäger die Tiere mit allerhand Kniffs und Tricks an.

Sommerresidenz der Cantoni

Beeinflusst durch sein Geschichtsstudium wies Luca Cereghetti das Tessiner Kulturamt auf die Bedeutung seiner Entdeckung hin. Auch stellte er Nachforschungen über die Geschichte der Erbengemeinschaft an, die den Brüdern das Land verkauft hatte.

Er fand heraus, dass der Architekt der «Pianspessa» kein Geringerer als Simone Cantoni ist, einer der bedeutendsten neoklassischen Architekten in Italien. Geboren wurde der berühmte Baumeister in Muggio, einem kleinen Tessiner Dorf an den Hängen des Monte Generoso.

«Simone Cantoni stammt aus einer Familie renommierter Architekten. Gemäss den Briefen, die ich im Kantonsarchiv in Bellinzona gefunden habe, war das Gebäude sein erstes vor der Realisierung grosser Bauwerke in Italien», erklärt Luca Cereghetti. «Wahrscheinlich war es eine Zweitresidenz, die von der Familie Cantoni im Sommer oder Herbst als Jagdsitz genutzt wurde.»

Das Landgut Pianspessa war auch ein Bauernhof, der zunächst ganzjährig und später nur noch im Sommer als Alp betrieben wurde. «Kurz bevor wir das Land kauften, verbrachte ein Achtzigjähriger aus Muggio noch den Sommer dort mit seinen Kühen unter prekären Bedingungen. Aus Sicherheitsgründen kündigte der Besitzer den Vertrag. »Er hatte Mühe, diese bittere Pille zu schlucken", sagt Luca Cereghetti.

Auf der Suche nach Geld

Die Cereghetti-Brüder wollen die Gebäude nun restaurieren. Dafür benötigen sie viereinhalb Millionen Franken. Sie hoffen auch finanzielle Unterstützung: «Wir haben dem Kanton ein Dokument mit den Interventionspunkten und genauen Schätzungen vorgelegt und hoffen, dass bis Ende des Jahres eine Antwort vorliegt.»

«Unser Ziel ist es, die Struktur zu verbessern und die Gebäude in ein Agritourismuszentrum mit Werkstatt und Bibliothek zu verwandeln». Die Gebrüder wollen auch die Strasse und den Wanderweg zum Gelände ausbauen sowie die Trockenmauern und Alleen wieder instand stellen.

Unterstützung vom Kanton

«In einem ersten Eingriff sichern wir den gesamten Baukomplex. Diese Arbeiten sind bereits im Gange. Die Kosten dafür belaufen sich auf geschätzte 150'000 Franken und werden zu Hälfte vom Kanton getragen. Wir haben auch den Bund und die Gemeinde Breggia um Hilfe gebeten», sagt Luca Cereghetti. Auch bei Privatpersonen suchen die Brüder finanzielle Unterstützung.

Für das Gesamtprojekt sind Luca und Samuel Cereghetti optimistisch. Architekt und Bauunternehmer sind bestimmt. Auch werden die angehenden Unternehmer von ihren Eltern unterstützt. «Wir sind jung, wir haben Zeit», sagt Luca.

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