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Ein «charmanter Kerl» ist gestorben

Bischof Amédée Grab ist letzten Sonntag im Alter von 89 Jahren gestorben. Er war ein Kommunikator, ein Schlichter und ein Wanderer. Ein Nachruf auf einen Ordensmann, der Frieden brachte nach Chur.

Pierina
Hassler
23.05.19 - 15:23 Uhr
Leben & Freizeit

Vor ein paar Jahren in der Kapelle St. Verena auf dem Emser Maiensäss. Ein warmer Sommersonntag. Die Kirche ist voll besetzt. In wenigen Minuten beginnt die Heilige Messe, die Glocke läutet, nur der Priester fehl. Aber er kommt – strammen Schrittes mit Wanderschuhen, Rucksack und einem Schmunzeln auf den Lippen läuft er Richtung Altar. Zieht sich in der Sa-kristei schnell das Priestergewand über. Und alle freuen sich, dass es Bischof Amédée Grab wieder einmal aufs Maiensäss geschafft hat.

Vor ein paar Jahren auf dem Arcas-Platz in Chur. Wieder ein warmer Sommertag. Und wieder verblüfft einer, der damals noch in einem Schloss wohnt, seine Mitmenschen. Amédée Grab sitzt auf einer Bank und liest. Wird er erkannt, gibts einen Schwatz. Herzlich, unbekümmert, einer unter vielen. «Ja schau mal, der Herr Bischof», sagen die Leute. «Ja grüss Gott, wie gehts?», antwortet dieser.

Neuer Mann an der Spitze

Grab wird am 3. Februar 1930 in Zürich geboren, wächst aber in Genf auf. Das internationale Klima in der Rhône-Stadt habe ihn nachhaltig geprägt, sagte er immer wieder. 1954 erhält Grab die Priesterweihe. Und nach jahrzehntelanger Lehrtätigkeit an den Gymnasien in Einsiedeln und Ascona wählt ihn die Schweizer Bischofskonferenz 1983 zum Sekretär. 1995 wird Grab zum Diözesanbischof des Bistums Lausanne, Genf und Freiburg ernannt. Drei Jahre später löst er den ungeliebten Bischof Wolfgang Haas an der Spitze des Bistums Chur ab.

Zeichen der Hoffnung

Dass der Ton des neuen Bischofs anders ist, zeigt sich schon am 24. August 1998. An einem Gottesdienst in der Churer Kathedrale wird Grab als Nachfolger von Haas feierlich eingesetzt. Er komme, sagt Grab, nicht als Vertreter einer bestimmten theologischen Richtung und nicht, um zu sagen, wer in den letzten Jahren das Richtige getan habe und wer nicht. Sondern er komme für eine glaubwürdige Verkündigung der Frohen Botschaft. Und dies mache er gemeinsam mit Priestern und Mitarbeitern. Zum Schluss der Messe erwähnt er das «authentische ökumenische Leben» als Zeichen der Hoffnung.

Kurze Zeit später an einem Vortrag in Zürich: Grab unterstreicht noch einmal die Bedeutung der Ökumene und schliesst seine Ausführungen mit einem Plädoyer für gemeinsames Beten und offene Gespräche über die Grenzen aller Konfessionen hinweg. Es gelingt Grab, die damaligen Verhältnisse im Bistum Chur zu beruhigen. Er hat die Krise entschärft. Aber er wollte nicht enttäuschen: Deshalb lagen ihm Reformen fern, er hätte sie nicht erfüllen können.

Seine Exzellenz Monsignore Amédée Grab war ein Kommunikator, ein Schlichter, ein Wanderer. Aber letzten Sonntag ist auch ein «charmanter Kerl» gestorben.

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