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Kalte Füsse gab es dieses Mal keine

Der Churer Fasnachtsumzug lockte rund 23 000 Schaulustige an. Und die bekamen ein tolles und farbenprächtiges Schauspiel zu sehen.

Dario
Morandi
04.03.19 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit

Dem Winter den Garaus machen und den Frühling einziehen lassen: Das sei Sinn und Zweck der Fasnacht, heisst es. Und genau dieser alte Brauch zeigte am Samstagnachmittag Wirkung, als sich der 42. Churer Fasnachtsumzug auf der Kasernenstrasse in Richtung Innenstadt in Bewegung setzte. Die 42 Kliggen und Guggen konnten bei frühlingshaften Witterungsverhältnissen ihre Spässe mit dem Publikum treiben, das erneut in Scharen die Strassen säumte und für einmal nicht über kalte Füsse klagen musste.

Grossen Aufwand betrieben

Die nach Polizeiangaben rund 23 000 Zaungäste bekamen einiges zu sehen und zu hören, wurden oft mit farbigen Papierschnitzeln aus Konfettikanonen «malträtiert». Vor allem alteingesessene Kliggen brillierten heuer mit kreativen Ideen und mit grossem Aufwand inszenierten Umzugswagen. So etwa die Margrittli-Kligga: Diese hatte sich für das Motto «Kiss» entschieden und trat deshalb in düster-schwarzem Ambiente mit einem Sologitarristen als Blickfang, unüberhörbar in Erscheinung, fast genau so gut wie die gleichnamige US-Hardrockband.

Der Aroser Bär als Thema

Einem ebenso breit wie heiss diskutiertem Thema hatte sich die Parniffla-Kligga verschrieben: dem amtlichen Feuerverbot am Churer Fest. «Wenn zünftig dr Schisser wit, nimm vum Stadtfescht a Gas-Zigüner mit», war an ihrem Wagen zu lesen. Und der rollte in Form eines fahrenden Grills mit einem riesigen «Zigüner» am Spiess, vorsorglich zusammen mit einem Feuerwehrauto über die Umzugsroute.

«Wenn zünftig dr Schisser wit, nimm vum Stadtfescht a Zigüner mit.»

Ein weiteres Sujet bildete das Aroser Bärenland. Abgebildet wurde es von der Renecenser-Kligga Khur mit «Winnie Puh» und den Khuurer Galööri’s mit «Aktion sauberes Graubünden – Happa für Napa». Auf beiden Wagen war das Aroser Weisshorn zu sehen, das vom Ausstellungs-Bär Napa erklommen wurde. «Napa ufschtoh, Tourischta sind do», hiess es dazu bei der Renecenser-Kligga Khur.

Vom Publikum geschätzt

Und wie seit vielen Jahren gab es auch dieses Mal eine kleine Zwischenverpflegung für die Zuschauerinnen und Zuschauer in Form einer Schale mit frisch zubereiteter Polenta, gratis offeriert von der Polentagaschi. Eine ebenso freundliche wie grosszügige Geste, die vom Publikum geschätzt wird, das während des Umzugs jeweils über zwei Stunden am Strassenrand ausharrt.

Gleich zwei brandaktuellen Themen hatten sich die Kliggen Guugastrecker und Neustadt-Fissla mit fasnächtlichem Biss angenommen: «Fasnacht isch nit gratis», hiess es bei der ersteren. Die Guugastrecker liessen dem Motto auch gleich Taten folgen und schickten eine uniformierte Plakettenpolizei auf die Strasse. «Zeig d’ Plaketta» stand über der Haftzelle auf dem Wagen. Und wer nicht hören beziehungsweise keine Fasnachtsplakette zwecks Finanzierung der närrischen Tage kaufen wollte, musste dort für kurze Zeit einsitzen. Der Wagen der Neustadt-Fissla kam mit einer Gelddruckmaschine und einem mit Banknoten zugekleisterten Panzerwagen des Wegs. Das Motto «Stadt des Geldes» zielte, in Abwandlung der erfolgreichen Netflix-Serie «Haus des Geldes», auf die momentan grosszügige Ausgabenpolitik des Churer Stadtrats ab.

Eine qualmende Postautogarage

Ebenso aktuell präsentierte sich die Umzugsplattform der Calanda-Rudel-Kligge, die mit «Do goht Poscht ab» sogar einem Doppelpack-Sujets auftrat. Zu sehen war einerseits die qualmende Churer Postautogarage. Andererseits eine von Steinböcken gezogene Postkutsche, mit der die 20 Millionen Franken schwere Rückzahlung aus dem Subventionsgelder-Betrug der Postauto-Bosse nach Graubünden transportiert wurde. «Zum Glück isch Kassa voll, und schu bald isch au Poschtgarage wieder voll», lautete der Kommentar.

Mit dem gewissen Augenmass

Die Schnuderbeerischniffer wiesen gewissermassen in eigener Sache mit einer gigantischen Geburtstagstorte und glänzenden Kostümen auf ihr 30-Jahr-Jubiläum hin. Und die Gipfelstürmer sprachen ein delikates Thema an: die in allen Lebensbereichen grassierende political correctness. Die freie Meinungsäusserung wurde dabei auf dem Wagen per Fallbeil oder am Galgen geopfert, frei nach dem Spruch «R.I.P (Ruhe in Frieden) Narrafreiheit, political correctness, tötet d’ Fasnacht».

Mit einer riesigen Sandburg und einer Strandbar aus der Karibik wiesen die Grischuna-Flöhe darauf hin, dass man der «Hitzewella» am besten am Meer ausweicht. Die Bluzger Düsla Khur nahmen am Umzugsschluss die Stadtpolizei wegen ihrer Tempokontrollen in den Begegnungszonen aufs Korn. Kommentar: «Die Polizei, Dein Freund mit dem gewissen Augemass.»

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