×

«Der Hund hat mit seiner feinen Nase eine viel grössere Leistungsfähigkeit»

Die Technologie hat die Lawinenrettung in den letzten Jahren deutlich schneller gemacht. Wenn es am Boden aber um Minuten geht, führt nach wie vor kein Weg an Lawinensuchhunden vorbei. Davon ist Geschäftsführer der Alpinen Rettung Schweiz, Andres Bardill, überzeugt.

Südostschweiz
17.01.19 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit

Lawinenwinter 1951, Lawinenwinter 1999 und vielleicht Lawinenwinter 2018? Die Schneefälle der letzten Woche haben Graubünden in ein Lawinen-Hochrisiko-Gebiet verwandelt. Vielerorts finden Sprengungen statt, wie diese Woche in verschiedenen Videos zu sehen war. Viele natürliche Lawinen bedeuten aber auch potenziell viel Arbeit für die Lawinenretter und die Rega, wenn Menschen unter den Schneemassen verschüttet werden. Warum jetzt gerade oder auch im vergangenen Winter verhältnismässig wenige Menschen durch Lawinen ums Leben kamen, hat RSO-Moderator Simon Lechmann vom Chef der Alpinen Rettung Schweiz, dem Bündner Andres Bardill wissen wollen.

Es gibt demnach vor allem zwei Gründe dafür: «Zum einen sind die Leute, die auf Ski- und Snowboard-Touren gehen, heutzutage sehr viel besser ausgebildet und ausgerüstet als früher», erklärt Bardill. Lawinenverschütteten-Suchgeräte (LVS), Schaufeln und Sonde seien heute für die meisten Tourengänger selbstverständliche Ausrüstungsgegenstände, deshalb gebe es immer seltener Gruppen, die unausgerüstet in eine Lawine geraten würden. Zum anderen gehe es heute dank Helikoptern sehr viel schneller, bis Such- und Rettungskräfte vor Ort seien und helfen könnten.

Einen Lawinensuchhund im Einsatz, seht Ihr im Video unten:

Unterschied liegt im Tempo

Während die Tourengänger heute deutlich besser ausgerüstet sind als in der Vergangenheit, beruht die Technologie für die Suchkräfte nach wie vor auf dem gleichen Prinzip. Die laufende Weiterentwicklung der Ausrüstung und Ortungsgeräte habe die Suche nach verschütteten Personen vereinfacht. «Im Prinzip funktioniert das aber immer noch wie früher: ein Sender und ein Empfänger und dann sucht man nach dem Signal», erklärt Bardill. Zusätzliche Mittel habe dann natürlich die Rega mit dem radarbasierten Recco- oder LVS-Gerät, die gleich am Helikopter angebracht seien. Der Unterschied gegenüber früheren Zeiten liege, so Bardill, wirklich in erster Linie in der Geschwindigkeit, die viel grösser sei.

Für die Suche am Boden führt, sofern Lawinenopfer nicht mit Ortungsgeräten ausgerüstet sind – auch wie früher –, nichts an Lawinensuchhunden vorbei. Davon, dass bessere Technologie die Hunde irgendwann ablösen würden, könne keine Rede sein. «Es gibt jedes Jahr Einsätze, bei denen wir nur dank Hunden erfolgreich sein können», sagt Bardill, «der Hund braucht nichts, er kann bei jeder Witterung suchen und hat mit seiner feinen Nase eine viel grössere Leistungsfähigkeit bei der Suche im Schnee.»

Für den Bedarf gut aufgestellt

Aktuell verfügt die Alpine Rettung Schweiz landesweit über 68 Lawinensuchhunde-Teams, 24 davon sind im Kanton Graubünden Zuhause. Dazu sind 28 Teams in Ausbildung. Damit sei man für den heutigen Einsatzbedarf gut aufgestellt, sagt Bardill weiter. Das hat wiederum damit zu tun, dass man die Teams sehr viel schneller zu den Einsatzorten transportieren kann – auch über grössere Distanzen – als früher. Ausserdem seien viele der Hundeführer schon in Berufen tätig, die kurzfristige Einsätze und schnelle Reaktionszeiten erlaubten.

Der entscheidende Faktor, für den eingangs erwähnten Rückgang an schweren Lawinenunglücken ist der Zeitfaktor. Besser geschulte Tourengänger, weiter verbreitete Lawinensuchausrüstung, einfachere und damit schnellere Alarmierungsmöglichkeiten und kürzere Reaktions- und Anreisezeiten für die Suchtrupps und die Rega – das zusammen führt, trotz mehr und über die ganze Woche verteilten Touren, zu weniger Unfällen. (ofi)

Die Rega im Einsatz:

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Leben & Freizeit MEHR