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Wenns wild wuselt im bunten Bündner Bergdorf

Wer Kinder hat, kennt die beliebten Wimmelbücher. Dank zwei innovativen Brigels-Fans gibt es nun eines, das exklusiv im surselvischen Ferienort spielt. Damit ist der «Cudisch plein pievel» ein Novum in Graubünden.

Jano Felice
Pajarola
26.12.18 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit

Was hat der Zoo von Leipzig mit Brigels zu tun? Auf den ersten Blick nicht viel. Und doch haben sie etwas gemeinsam: Beide Orte hat die deutsche Illustratorin Isabelle Metzen besucht, um Fotos aufzunehmen, sich Szenerien einzuprägen und sie zeichnerisch umzusetzen, in Wimmelbuchbilder voller Geschehnisse, voller Figuren. Oder mit anderen Worten: «plein pievel», voller Leute. So nämlich haben sie es mit einer sprachlichen Neuschöpfung getauft, ihr Wimmelbuch aus Breil/Brigels, die Herausgeber Silvan Gabriel und Sebastian Duff: «Cudisch plein pievel». Denn die Übersetzung des Worts «Wimmelbuch», nach Rumantsch-Grischun-Vokabular Pledari Grond, «cudesch furmicler», gefiel ihnen nicht sonderlich gut. Ameisenhaufen – «das fanden wir wegen der Assoziationen nicht so geeignet», erklärt Duff mit einem Augenzwinkern. «Plein pievel» hingegen «tönt gut und passt», so Duff. Schliesslich solle es ein Buch für die Leute sein, und das im regionalen Idiom Sursilvan.

Mit Brigels eng verbunden

Aber der Reihe nach. Eigentlich fing die Geschichte an mit einem Wimmelbuch bei Familie Duff zu Hause in Zürich. Ebenfalls speziell für einen Zoo gemacht, wenn auch nicht für jenen in Leipzig. «Ich habe es mit meiner Tochter bestimmt tausendmal angeschaut», meint Duff lachend. Plötzlich kam ihm und seinem engen Freund Gabriel die Idee: Wenn es schon solche Wimmelbücher für besondere Orte gibt, warum nicht gemeinsam eines für Brigels erarbeiten? Zumal ja beide enge Beziehungen zum Dorf haben: Für Gabriel, den lokalen Tourismus-Infostellenleiter, ist es die Heimat, für den Zürcher Kantonsverwaltungsmitarbeiter Duff, dessen Familie aus Sumvitg und Lumbrein stammt, das Ferienziel in einer Region, in der er sich verwurzelt fühlt.

Die initiativen Mittdreissiger nahmen mit dem in Berlin domizilierten Wimmelbuchverlag Kontakt auf, «denn wir wollten etwas Professionelles machen», betont Duff. Sie übernahmen auf eigenes Risiko die Finanzierung, schufen ein Konzept, legten die zu zeichnenden Szenerien und Personen aus dem Dorf fest. Der Verlag brachte sie mit Illustratorin Metzen zusammen, und die Dinge nahmen ihren Lauf. Mit Erfolg: Seit Anfang Dezember liegt das «Wimmelbuch Breil/Brigels» oder eben der «Cudisch plein pievel» in gedruckter Form vor, erhältlich ist das Werk in ausgewählten Geschäften und online auf wbbb.ch, der notabene durchgehend auch in Sursilvan gehaltenen Website zum Buch.

Badesee und Alpabzug

Die Illustrationen zeigen Szenen aus dem Dorfleben: den Silvestermarkt, Tschuppina mit Golfplatz und Militäreinrichtungen, das Resort «Pradas», den Alpabzug, das Skigebiet, alles detailgetreu, «wir haben viel Aufwand betrieben», erklärt Duff. Besondere Figuren haben, wie in Wimmelbüchern üblich, mehrmals ihren Auftritt, zum Beispiel der bekannte Poet Giacun Hasper Muoth (1844–1906). Für Duff «gehört er einfach dazu, er ist ja die Figur aus Brigels. Und dann tauchen auch gewisse Charakterköpfe aus dem Dorf in den Bildern auf.» Allzu viel möchte Duff dazu nicht verraten, aber Persönlichkeiten wie der bärtige Julian Cathomas sind natürlich schnell entdeckt. Die Herausgeber notabene hat Metzen für die Website des Buches auch gezeichnet, sie winken in blauer (Gabriel) und roter (Duff) Jacke.

Lokale Betriebe integriert

Dann die Hotels, Läden, Dienstleister: Mehrere Betriebe im Ort haben Duff und Gabriel von Illustratorin Metzen geschickt in die Szenen integrieren lassen. «Aber nicht als Werbung, sondern weil sie Teil des Dorflebens und von grosser Bedeutung für Brigels sind», so Duff. Was den Herausgebern ebenfalls wichtig ist: Die Bilder bieten Raum für Gedanken, Erinnerungen und Träume. «Mit dem Wimmelbuch können Gäste ihre Ferienerlebnisse mitnehmen und ihre eigenen Geschichten dazu erzählen. Für eine Familien-Ferienregion ein ideales Souvenir», ist Duff überzeugt – und in dieser Form eine Premiere in Graubünden. Aber wer weiss, vielleicht findet der «Cudisch plein pievel» ja bald Nachahmer.

Silvan Gabriel, Sebastian Duff (Hg.): «Wimmelbuch Breil/Brigels». Mit Illustrationen von Isabelle Metzen. Wimmelbuchverlag. 25 Franken.

Jano Felice Pajarola berichtet seit 1998 für die «Südostschweiz» aus den Regionen Surselva und Mittelbünden. Er hat Journalismus an der Schule für Angewandte Linguistik in Chur und Zürich studiert und lebt mit seiner Familie in Cazis, wo er auch aufgewachsen ist. Mehr Infos

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