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Keiner kennt Rappi-Jona so gut wie sie

Karl Graf ist ein leidenschaftlicher Sammler von alten Ansichtskarten und Dokumenten aus Rapperswil-Jona. Zusammen mit Jean-Jacques Nussbaum gibt er jetzt ein Buch über vergessene Unternehmen heraus.

Linth-Zeitung
19.12.18 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Ihr erstes Buch ist fertig, das zweite bereits in Arbeit: Karl Graf (links) und Jean-Jacques Nussbaum werfen einen Blick in ihr Werk.
Ihr erstes Buch ist fertig, das zweite bereits in Arbeit: Karl Graf (links) und Jean-Jacques Nussbaum werfen einen Blick in ihr Werk.
MARKUS TIMO RÜEGG

von Elvira Jäger

Ein ganzes Regal voller gelber Ordner. Und jeder Ordner prallvoll mit alten Ansichtskarten aus der Rosenstadt. Karl Graf sitzt im Büro seines Häuschens in Kempraten und blickt auf das Büchergestell, in dem sich vom Boden bis zur Decke Tausende von Schätzen aneinanderreihen. Graf ist ein Ur-Joner, seit 67 Jahren wohnt er hier. Bis zu seiner Pensionierung vor rund zwei Jahren betrieb er ein eigenes Kaminfegergeschäft. Er kenne alle und alles in der Stadt, sagt er. «Während 47 Jahren war ich hier in jedem Haus.»

Sammler und Forscher

Karl Graf sammelt seit Jahrzehnten alles, was er über Rapperswil und Jona in die Hände bekommt. Er klappert Flohmärkte und Briefmarkenbörsen ab, durchforstet das Internet und besitzt heute eine der grössten und schönsten Heimatsammlungen, wie er sie nennt: Neben Ansichtskarten und Briefmarken mit Sujets oder Stempeln aus der Stadt vor allem auch Firmendokumente jeglicher Art. Weil die Sammlung nicht in Grafs Büro verstauben soll, hatte er die Idee, ein Buch herauszugeben. Er setzte sich mit Jean-Jacques Nussbaum zusammen.

Nussbaum, pensionierter Buch- und Offsetdrucker und ebenfalls leidenschaftlicher Sammler, hat schon vor 40 Jahren ein Büchlein mit alten Ansichten von Rapperswil und Umgebung herausgegeben. Diesmal sollte ein Buch entstehen, das darüber hinausgeht. Druckfrisch liegt das Werk nun in Karl Grafs Büro. Es versammelt Bilder und Ansichten aus einer Epoche, in der es noch viel zu erfinden gab, wie es auf dem Buchdeckel heisst. Die Dokumente – Briefe, Prospekte, Rechnungen und vieles mehr – sollen einen Einblick in das Geschäftsleben von Rapperswil und Jona in den letzten 150 Jahren geben.

Was die beiden Sammler und Forscher zu den einzelnen Firmen zusammentragen konnten, ist abgebildet und wurde ergänzt durch kurze Informationstexte. «Viele Werbemittel waren damals eigentliche Kunstwerke», schwärmen Graf und Nussbaum. Manchmal stand am Anfang vielleicht nur eine Karte mit einem Namen und einer Telefonnummer. Dann setzte sich Nussbaum an den Computer und recherchierte. «Bis zu 16 Stunden am Tag», sagt der Romand, der vor einem halben Jahrhundert der Liebe wegen in die Region zog. Er meint es nur halb im Scherz.

Jede Seite eine Überraschung

Das Buch ist eine Fundgrube und dürfte selbst langjährige Einwohnerinnen und Einwohner auf vielen Seiten überraschen. Da ist zum Beispiel die Firma Mommendey, die mitten im Krieg panzerartige Traktoren mit einem Rollbahnlaufwerk entwickelte. Oder die grösste Sauerkrautfabrik der Schweiz, die einst tatsächlich in Rapperswil stand. Vom Merkurhof-Areal führte sogar eine Seilbahn für den Warentransport direkt zum Bahnhof. 1971 wurde die Firma wegen Geruchsemissionen geschlossen.

Und Jahrzehnte bevor Pietro Ferrero im piemontesischen Alba das Rezept für den süssen Brotaufstrich Nutella erfand, produzierte die Firma Nuxo in Rapperswil bereits Nussbutter und Nusscrème. Für ihre Nussnahrung warb sie mit dem Slogan: «Für gesundes Blut, straffe Muskeln, starke Nerven.»

Solche und Dutzende weitere Geschichten, Anekdoten und Erinnerungen wollen Karl Graf und Jean-Jacques Nussbaum für die Nachwelt erhalten. Ihr Buch richtet sich gleichermassen an alt Rapperswiler und alt Joner wie an Schülerinnen und Schüler. Dafür, dass das gesammelte Wissen nicht verloren geht, haben Nussbaum und Graf zweieinhalb Jahre gearbeitet. Und bereits sind sie am zweiten Band. Darin wird es unter anderem um die Poststellen gehen, aber auch um die interessante Geschichte der Glashalle Fäh.

Das Buch «Einblick in eine vergessene Zeit» kann bei Karl Graf bestellt werden: graf.karl@bluewin.ch, 055 210 69 84 oder 079 282 90 32.

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Salü Karl,
was kostet das Buch?
In Jona an der Molkereistrasse 11 aufgewachsen.
Dein Vater hat uns den Kachelofen Jahrzehnte gereinigt.
Gruss Max

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