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Hitzesommer bringt zu viel Ozon

Der Grenzwert dürfte eigentlich nicht überschritten werden, doch im vergangenen Jahr hatte es 260 Stunden lang zu viel vom Schadstoff Ozon in der Luft. Das lag am heissen Sommer und bringt Gefahren für Mensch und Natur.

Fridolin
Rast
11.12.18 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Nicht nur Wärmespender: Die Sonne bringt chemische Reaktionen in Gang, die in der Luft aus gewöhnlichem Sauerstoff das aggressive Ozon machen.
Nicht nur Wärmespender: Die Sonne bringt chemische Reaktionen in Gang, die in der Luft aus gewöhnlichem Sauerstoff das aggressive Ozon machen.
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Das Reizgas Ozon erreichte heuer am 6. August in Glarus den Maximalwert von 165 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. «Hohe – zu hohe – Ozonkonzentrationen waren im Sommer 2018 in Glarus über längere Zeit zu verzeichnen», so der neuste Newsletter der kantonalen Abteilung Umweltschutz und Energie: Während 260 Stunden wurde der Immissionsgrenzwert von 120 Mikrogramm überschritten.

Die halbwegs gute Nachricht: Es gab Jahre, in denen massiv höhere Ozonwerte erreicht wurden. Zum einen war das Maximum 2018 wesentlich tiefer als im Hitzesommer 2003 mit maximal 216 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Zum anderen wurde der Grenzwert «nur» 260 Stunden lang überschritten, deutlich weniger lang als 2003. Damals waren es sogar 627 Stunden.

Ozonsaison wird immer länger

Die schlechte Nachricht: Auch die tieferen Werte sind deutlich zu lange deutlich zu hoch.

Gebildet wird das Ozon aus sogenannten Vorläufersubstanzen in den bodennahen Luftschichten. Das sind Stickstoffdioxid und flüchtige orga- nische Verbindungen, etwa verdampfendes Benzin oder Lösungsmittel aus Farben. Die höchsten Ozonwerte werden laut dem Amt für Umweltschutz an windstillen, heissen und sonnigen Tagen gemessen. Bei diesen Bedingungen werden die Tage als «ozonträchtig» bezeichnet. Nun war 2018 das drittheisseste Jahr seit 1864, als die Meteorologen ihr Messnetz eingerichtet haben. Die Sommertemperatur war volle 2 Grad wärmer als der schon hohe Vergleichs-Durchschnitt 1981–2010. Nur gerade der Hitzesommer 2003 und dann auch der Sommer 2015 waren noch heisser.

2018 waren aber nicht nur die Sommermonate ozonträchtig, sondern auch 14 Tage im April und 16 Tage im Mai sowie 14 Tage im September, ja sogar noch vier Tage im Oktober. Mit dem Resultat, dass heuer nicht nur der Juli (mit 21 Tagen) unter den drei verglichenen Jahren am meisten «Ozon-Tage» hatte, sondern auch April, Mai, September und Oktober.

Dass die Ozonkonzentrationen trotzdem nicht mehr so hoch anstiegen wie im Hitzesommer 2003, hat laut Ozon-info.ch damit zu tun, dass die Werte generell leicht abgenommen haben: «Wohl sind die maximalen Ozonbelastungswerte in den letzten paar Jahren zurückgegangen, und zwar in ländlichen Regionen etwas stärker als in den Städten. Demgegenüber hat die mittlere Ozonbelastung kaum nachgelassen, und auch bei der Anzahl Tage, an denen der Immissionsgrenzwert überschritten wurde, ist keine Abnahme erkennbar.» Und Ferien im Süden sind nicht unbedingt besser: Die Werte im Tessin sind noch markant höher als auf der Alpennordseite.

Ozon ist nicht harmlos

Wer draussen arbeitet, war auch heuer nicht nur brütender Hitze ausgesetzt, er musste gewissermassen während vollen sechs Wochen mehr Ozon einatmen, als das Gesetz zu seinem Schutz vorsieht. Als Auswirkungen auf die Menschen zählt Ozon-info.ch auf:

● Ozon gibt Augenbrennen und reizt die Schleimhäute, führt zu Kratzen im Hals, Druck auf der Brust und Schmerzen beim tiefen Einatmen;

● Atemwege entzünden sich, mehr Atemwegssymptome und Atemwegserkrankungen;

● die Lungenfunktion ist vorübergehend messbar eingeschränkt;

● die körperliche Leistungsfähigkeit wird beeinträchtigt;

● Spitaleinweisungen und Sterblichkeit steigen an.

Je höher die Ozon-Konzentration, je länger man es einatmet und je strenger man arbeitet oder Sport treibt, desto stärker die Auswirkungen, erklärt Ozon-info.ch weiter.

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Nun, so einfach ist die Sache nicht: Zwar gelten seit langem vor allem Stickoxide als Ursache hoher Ozonwerte im Sommer. Nachdenklich macht, dass die mit Milliardenaufwand vorangetriebene Verminderung der Stickoxidemissionen (NOx) auf etwa die Hälfte sowie der flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) auf einen kleinen Rest bislang keine nennenswerte positive Auswirkung auf die Ozonbelastung zeigt. In den letzten 25 Jahren sind nämlich die Anzahl der Ozonwerte über 120 g/m3 – abgesehen von einigen messtechnisch begründbaren Abweichungen in früheren Jahren – witterungsabhängig etwa gleich geblieben. Wie zu erwarten war, sind die Ozonmittelwerte durch die sauberere Luft jedoch etwas gestiegen.
Überprüfbar ist dieser Befund weitgehend unabhängig vom zentralen Faktor Wetter sowie der Messgenauigkeit: Am Wochenende sind diese Stickoxidemissionen wegen fehlenden Berufsverkehrs und des LKW-Fahrverbotes EUROPAWEIT nur etwa halb so hoch wie an den übrigen Wochentagen. Wer nun deshalb am Wochenende (bspw. im 10-Jahresmittel) tiefere Ozonwerte erwartet, liegt falsch: Die hohen Ozonwerte sind recht gleichmässig über alle Wochentage verteilt, auch im Winterhalbjahr. Das sind die selbst von Laien überprüfbaren Fakten und ist kein Hokuspokus, basierend auf realitätsfremden Computermodellen und Laborexperimenten. Entsprechende Auswertungen sind übrigens im Internet abrufbar.

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