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Der Tüftler aus Benken

Lindenblüten, Heu und Randen: Schnapsbrenner Max Helbling experimentiert gerne mit neuen Zutaten. Nach dem heissen Sommer hat er aber auch mit klassischen Obstbränden wie Williams alle Hände voll zu tun.

30.10.18 - 04:32 Uhr
Leben & Freizeit

In der Küche brutzelt es. Ein säuerlicher Geruch liegt in der Luft. Peperonata? Nein, es sind Quitten, die von Margrit Helbling zu Saft verarbeitet werden. Später friert sie ihn ein, bis ihr Mann die Früchte gebrannt hat. Erst dann fügt er den eingefrorenen Saft dem Quittendestillat bei. «Dadurch reduziere ich den Alkoholgehalt», sagt Max Helbling. «Ohne das Verdünnen wäre der Schnaps mit rund 70 Volumenprozent Alkohol viel zu stark.»

«Das Schnapsen ist eine Krankheit, die man pflegen und nicht heilen sollte.»
Max Helbling, Schnapsbrenner aus Benken

Draussen vor dem Schopf, in dem Helbling während drei bis vier Stunden den Schnaps brennt, stapeln sich blaue Fässer. «Wir werden derzeit regelrecht überrannt mit Früchten», erklärt der leidenschaftliche Schnapsbrenner. Nur wisse er selten im Voraus, wann er wie viele Früchte verarbeiten müsse. Derzeit seien die Quitten reif, aber auch Zwetschgen, Birnen, Äpfel und Trauben würden ihm vorbeigebracht – manchmal zehn Kilo, manchmal 50 oder gleich 150 Kilo. «Die Schwierigkeit ist, dass die Hausfassadenwinzer dann Schnaps aus genau ihren fünf Kilo Früchten wünschen», sagt Helbling. Mit «Hausfassadenwinzern» meint der Schnapsbrenner jene Kleinproduzenten, die in ihrem Garten drei oder vier Stöcke von Weinreben pflegen.

Gut gebrauter Schnaps ist teuer

Wie gross der Konzentrationsprozess beim Alkoholbrennen ist, zeigen Paletten voller Williams-Birnen, die Helbling nachreifen lässt: «Aus diesen elf Kilogramm Früchten mache ich rund einen Liter Schnaps.» Das koste natürlich dann entsprechend. In seinem Lädeli kosten die schlanken 35 Zentiliter-Flaschen Schnaps zwischen 18 und 22 Franken. Beim Grossverteiler sei es viel weniger – zu wenig, wie Helbling findet: «Für brauchbaren Kirsch brauche ich mindestens zehn Kilogramm Früchte.» Bei einem Kilopreis von rund zwei Franken kostet allein das «Material» schon mehr als 20 Franken. Von den billigen Destillaten der Grosshändler hält Helbling wenig: «Diese Schnäpse werden aus Reinalkohol und höchstens 10 Prozent Früchten hergestellt.» Der Benkner hingegen lässt seine Früchte vier bis sechs Wochen im Fass gären. Pro Jahr brennt Helbling rund 500 Liter reinen Alkohol.

Dass Helblings Gebräu jeden Franken wert ist, zeigt sich bei der Testrunde in der Stube: Auf dem mächtigen Buffet aus hellem Holz stehen schön aufgereiht vier Flaschen, die allesamt Kräuter enthalten. Ein Hexentrank? «Das ist Hanf-Schnaps», grinst der experimentierfreudige Benkner. Schon hat er ein Gläschen gezückt und eingeschenkt. Das Gebräu schmeckt in der Tat nach Gras. Viel delikater ist Schnaps aus Stewia, ebenfalls ein Versuch von Max Helbling. Stewia, dieses Kraut, das auch als süssendes Konzentrat erhältlich ist, entpuppt sich als delikates «Beigemüse» von starkem Alkohol. Der lieblich schmeckende Schnaps dürfte insbesondere weiblichen Gaumen munden.

Wie kommt Max Helbling, gelernter Landwirt und später auf dem Bau tätig, zu diesem aufwändigen und anspruchsvollen Hobby? «Vor 15 Jahren habe ich in einem Stall einen alten Brennofen gefunden.» Bald wandelte er seine Garage in eine Kleinbrennerei um, absolvierte gemeinsam mit seiner Tochter Claudia Kurse im Schnapsbrennen und legte los. Maximal 150 Liter können seine vier Öfen fassen. «Mir gefällt das Pröbeln mit neuen Kräutern, Früchten und Substanzen», sagt Helbling mit leuchtenden Augen. «Schnapsbrennen ist ein scheinbar schwieriges Gebiet, aber eigentlich ist es kaum schwieriger als Suppekochen.» Manchmal gibt Helbling getrocknete Birnenschnitze zu einem Williamsschnaps. Diese lässt er einige Wochen im Schnaps, bis dieser den Fruchtzucker aufgesogen hat und entfernt sie dann wieder. «Mal kommt etwas Gutes heraus, mal weniger.»

Bananenschnapps über Glacé

Es sei das «Bastlen» mit den unterschiedlichen Zutaten, das ihm so gefalle. «Einmal habe ich mit Bananen experimentiert. Der Schnaps schmeckte auf der Zunge scheusslich, aber ein Winzer und Hobbykoch aus Meilen nahm davon mit und peppte einen Banana-Split auf.» Auch mit Holunderblüten und -beeren, Datteln und Löwenzahnblüten hat der lebenslustige Benkner schon experimentiert. Durch seine Tätigkeit als Kleinbrenner komme er immer wieder mit interessanten Personen in Kontakt, schwärmt Helbling. «Schnapsen ist eine Krankheit, die man pflegen und nicht heilen sollte.»

www.holzwurmsanatorium.ch

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