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Pilze und Bäume schliessen oft feste Wald-Freundschaften

Herbstzeit ist Pilzzeit – doch aufgepasst. Von den schweizweit über 6000 Pilzarten sind mehr als 90 Prozent ungeniessbar oder sogar giftig. Ähnlich ist es bei den geschätzt 1500 Pilzarten im Glarnerland.

Südostschweiz
07.10.18 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Der Satansröhrling zeigt sich dieses Jahr häufiger im Glarnerland.
Der Satansröhrling zeigt sich dieses Jahr häufiger im Glarnerland.
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Wenn sie nicht essbar sind – wozu sind die vielen Pilze dann gut? Die Antwort ist verblüffend: Ohne Pilze kein Wald, schreibt das Nuturzentrum Glarnerland in einer Medienmitteilung. Und dem trägt die neue Waldbiodiversitäts-Strategie des Kantons Glarus Rechnung.

Die Pilze haben viele Funktionen. In Mitteleuropa leben praktisch alle Bäume mit Partnerpilzen zusammen. Die essbaren Steinpilze und Eierschwämme sowie die giftigen Fliegenpilze oder Grünen Knollenblätterpilze gehören dazu. Ihr unterirdisches Pilzgeflecht wächst wie ein Mantel um die feinen Baumwurzeln. Das erleichtert den Bäumen den Zugang zu Wasser und Mineralstoffen und schützt sie vor Schadstoffen und Krankheitserregern. Im Gegenzug bekommt der Pilz vom Baum Energie in Form von Kohlenhydraten. Eine andere Gruppe, die Moderpilze, bauen tote Pflanzen und Tiere ab und bringen so Nährstoffe zurück in den Boden. Auf toten Buchenstämmen sind manchmal mehr als 250 Pilzarten am Werk.

«Im Glarner Wald kommen auch sehr seltene Pilze vor: Darunter der Ochsen-Röhrling, der Schwärzende Wiesenritterling oder der Zollingsche Korallenpilz.»

Aber auch als Nahrung für Waldtiere wie Insekten oder Kleinsäuger sind Pilze wichtig. Und sie beugen sogar Naturgefahren vor: Indem sie Bodenkrümel verkleben, schützen Pilze Steilhänge vor Erosion. Gründe genug, den Pilzen Sorge zu tragen. Doch Pilze überleben nur, wenn ihre Umgebung für sie stimmt.

Naturnähe im gesamten Wald

Dieses Ziel verfolgt die neue Waldbiodiversitäts-Strategie des Kantons Glarus. Sie trat im Frühjahr 2018 in Kraft. Über zwei Drittel der heimischen Pilzarten leben nämlich im Wald. Gemeint sind damit nicht nur geschützte Waldreservate oder unbewirtschaftete Waldflächen, sondern auch forstwirtschaftlich genutzte Wälder. Deshalb sollen auch dort langfristig alle forstlichen Eingriffe naturnah erfolgen. So streben Förster und Forstwarte zum Beispiel eine gute Durchmischung von jungen und alten Bäumen von standortgerechten Baumarten an, damit der Wald dauernd bestockt bleibt. Jungbäume fördern sie durch gezielte Auslichtungen. Liegendes oder stehendes Totholz, Biotopbäume mit Höhlen, Stammrissen und loser Rinde sowie weitere Kleinstrukturen werden als Lebensräume geschont.

Anspruchsvolle Vielfalt

All diese Massnahmen helfen auch den Pilzen, von denen jede Art ihre eigenen, ganz speziellen Ansprüche hat: Manche gedeihen nur in Nähe einer bestimmten Baumart, einige besiedeln nur Jungbäume, während wieder andere nur auf alten Biotopbäumen oder Totholz überleben. Darunter kommen im Glarner Wald auch sehr seltene Pilze vor: der Favres Schwärzling, der Ochsen-Röhrling, der Schwärzende Wiesenritterling und der Zollingsche Korallenpilz. Für diese national prioritären Pilzarten trägt die Schweiz und damit auch der Kanton Glarus eine ganz besondere Verantwortung.

Ein Infoblatt mit häufigen Pilzarten im Kanton Glarus sowie eine Broschüre zur Waldbiodiversitätsstrategie können im Naturzentrum Glarnerland oder im Internet unter www.naturzentrumglarnerland.ch bezogen werden. Pilz-Interessierte können ihr Wissen an den Bestimmerabenden des Vereins für Pilzkunde Glarnerland vertiefen.

 

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