×

Entlang der A3 wird ein Platz für Fahrende geplant

Der Kanton Glarus will in der Nähe der Autobahn A3 einen offiziellen Durchgangsplatz für Fahrende einrichten. Dies in Zusammenarbeit mit den benachbarten Gemeinden und den Kantonen St. Gallen und Schwyz.

Südostschweiz
23.07.18 - 06:29 Uhr
Leben & Freizeit
Archivbild
Archivbild
NADJA SIMMEN

Die Autobahn A3 ist eine der Hauptrouten für Schweizer Fahrende. Deshalb will der Kanton Glarus dort einen Durchgangsplatz erstellen. Dies gemeinsam mit St. Gallen und Schwyz und den jeweiligen betroffenen Gemeinden. In einem Beschluss des aktuellen Richtplanentwurfs von 2018 heisst es vom Kanton: «Für die Schweizer Fahrenden steht entlang der Hauptroute A3 ein Durchgangsplatz mit angemessener Infrastruktur zur Verfügung.» Weiter ist zu lesen: «Der Kanton Glarus unterstützt die Standortgemeinde bei der Errichtung und dem Betrieb des Durchgangsplatzes.»

Platz muss noch gefunden werden


Wo genau die Fahrenden ihren Glarner Platz entlang der Hauptverkehrsader bekommen sollen, ist noch nicht klar. Zur Auswahl stehen die Orte Mühlehorn, Mollis, Nieder- und Oberurnen, Bilten und der Autobahnabschnitt im Riet nähe Weesen.
«Der Kanton evaluiert in Zusammenarbeit mit der Standortgemeinde sowie den benachbarten Gemeinden und Kantonen bis 2020 mögliche Standorte für Durchgangsplätze im Einzugsgebiet der A3», heisst es im Richtplan dazu. «Dabei handelt es sich aber um einen Auftrag, der erst mit der Genehmigung des Richtplans 2018 entsteht», so Peter Stocker, Leiter Raumentwicklung und Geoinformation des Kantons Glarus. Momentan seien deshalb noch keine Planungen und Abklärungen im Gange. Die Gemeinde Glarus Nord hat zwar eine Stellungnahme zum Richtplanentwurf des Kantons abgegeben. Zum Thema Fahrende hat sie sich aber nicht speziell geäussert. Auch habe man weder in der Ortsplanung noch im Nutzungsplan einen solchen Platz vorgesehen, heisst es von Andreas Neumann, Mediensprecher der Gemeinde.
Noch vor etwa zwei Jahren betonte er ausserdem: «Private Grundstücke vermitteln wir nicht. Denn das ist nicht unproblematisch.» Auf Privatgrund habe man nur noch wenig Einflussmöglichkeiten

.
Rückendeckung von den Nachbarn


Neumann verwies damals auf einen Fall in Bilten, bei dem es Reklamationen von Anwohnern gegeben hatte, die sich von den Fahrenden gestört oder belästigt gefühlt hatten. Ueli Strauss, Leiter des St. Galler Amtes für Geoinformation und Raumentwicklung, begrüsst derweil laut einem Bericht der «Zürichsee-Zeitung» den aktuellen Vorstoss des Kantons. «Ein Durchgangsplatz entlang der A3 wäre ideal.» Es brauche in der Linthebene unbedingt einen Durchgangsplatz für Fahrende. «Wir drei Kantonsplaner stehen hinter dem Projekt.»


Hintergrund des geplanten interkantonalen Durchgangsplatzes ist ein Bericht des Bundesrates aus dem Jahr 2006. Darin ersucht die Landesregierung die Kantone, bei der Genehmigung ihrer Richtpläne die Raumbedürfnisse der Fahrenden zu berücksichtigen. Und in den Kantonen Glarus und St. Gallen sind heute keine Durchgangsplätze vorhanden.
Gemäss einem 2015 aktualisierten Bericht des Bundes braucht es ausdrücklich im Umkreis der Hauptroute der Fahrenden, also im Linthgebiet, einen Durchgangsplatz. Durchgangsplätze dienen dem kurzfristigen Aufenthalt von bis zu einem Monat vor allem während der sommerlichen Reisetätigkeit. Sie sollten mit einer Infrastruktur für die täglichen Bedürfnisse ausgestattet sein. Standplätze hingegen dienen dem stationären Aufenthalt vor allem im Winter und als ganzjährige Basis.

Fahrende: Jenische, Sinti, Roma – wer ist wer?

«Fahrende» steht als Begriff für Menschen, die ein «Nomadenleben» führen. Sie haben keinen festen Wohnsitz, sondern ziehen mit Wohnwagen umher. Dabei gibt es grosse Unterschiede zwischen den Gruppen, die darauf Wert legen, dass sie jeweils eine eigene Kultur und einen eigenen Lebensstil haben. Folgende Gruppierungen sind in der Schweiz vertreten: Die Jenischen stellen die grösste Gruppierung dar. Laut Schätzungen leben rund 30 000 Jenische in der Schweiz, wobei bloss noch 3000 bis 5000 auch wirklich umherziehen. Oft haben sie den Schweizerpass. Der Rest stammt zwar von ursprünglich fahrenden Bevölkerungsgruppen ab, hat sich aber mittlerweile niedergelassen. Die Roma wanderten vor etwa 1000 Jahren aus Nordindien aus und fassten in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in den Balkanstaaten Fuss. Im engeren Sinn versteht man unter Roma die Nachkommen jener Auswanderer, die sich in Osteuropa niederliessen und erst in den letzten 200 Jahren in den deutschen Sprachraum zogen. Gruppen in Mitteleuropa, die ihre Sprache stark den jeweiligen Landessprachen angepasst haben, bezeichnen sich als Sinti oder Manusch. Diese teilen sich wiederum in verschiedene Untergruppierungen auf, die sich an der beruflichen Tätigkeit, am örtlichen Aufenthalt, an der sprachlichen Entwicklung oder an der Sippenzugehörigkeit orientieren.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Leben & Freizeit MEHR