×

ARD filmt auf der «Alp ohne Hörner»

Mit Kameras und gutem Willen hat Hornkuh-Verfechter Armin Capaul die Grossalp besucht.

Südostschweiz
21.07.18 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit

Von Stefanie Studer

Der Motor dröhnt, während sich der alte VW Carthago Malibu langsam die Kurven des Kunkelspasses hochkämpft. Eine Kassette spielt Musik aus den Siebzigern. «Blüemlimusig», meint der Fahrer lachend. Die höre er auch im Stall. Am Steuer: Armin Capaul, Vater der Hornkuh-Initiative. Sein Ziel: die Grossalp. Der Grund: Anfang Jahr hatte die Alpgenossenschaft Tamins beschlossen, die Milchkuhalp nur noch mit hornlosen Kühen zu bestossen. Und das geht dem Kuhhorn-Verfechter gehörig gegen den Strich. Nachdem in der «Südostschweiz» ein Leserbrief auf den Entscheid aufmerksam gemacht hatte, schaltete sich Capaul ein – und brachte die Grossalp national in die Schlagzeilen. «Weisch, es hat mich richtig ‹vertätscht›, als ich das gehört habe», sagt Capaul.

Auf der Grossalp suche er nun das Gespräch, einen Termin vereinbart habe er nicht. «Ich will schauen, ob ich ein paar Tipps geben kann», erklärt Capaul. Im Gepäck habe er eine Kugel, die – zum Schutz vor Verletzungen – auf die Hörner gesteckt werden könne. Er wolle sich aber auch entschuldigen, sagt Capaul. Vergangene Woche hatte er angekündigt, eine Strafanzeige zu prüfen (Ausgabe vom 13. Juli). Wie er nun durch seinen Anwalt erfahren habe, sei eine Strafanzeige ohne eine Straftat überhaupt nicht möglich. «Das ist jetzt der letzte Versuch. Für mich ist die Sache danach abgeschlossen», erklärt Capaul. «Ich brauche meine Kraft sowieso für die Initiative.» Am 25. November kommt diese zur Abstimmung.

Kamera auf Schritt und Tritt

Begleitet wird Armin Capaul an diesem Donnerstagnachmittag von einem Fernsehteam der ARD. Der Verbund öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten in Deutschland dreht seit einigen Monaten eine Reportage, die auf dem deutsch-französischen Kultursender Arte ausgestrahlt werden soll. Laut Autor Henning Winter wird es darin aber nicht um den Alpstreit in Tamins gehen, sondern um die Initiative von Capaul: «Sie ist ein Beispiel der direkten Demokratie in der Schweiz. Wir wollen zeigen, was eine einzelne Person mit einer Initiative bewirken kann.» Und dann sei Capaul natürlich «eine Figur». «Wenn er ruft, dann kommen die Medien alle», sagt Winter.

In Tamins finden einige der letzten Dreharbeiten statt, voraussichtlich im September soll die rund 30-minütige Reportage ausgestrahlt werden. «Vorher müssen wir noch alles untertiteln. Nicht mal ich verstehe Armin, und ich begleite ihn doch schon seit Längerem», sagt der Deutsche lächelnd.

70 statt 75 Milchkühe

Im Berggasthaus «Überuf» auf der Passhöhe trifft Capaul auf Erich Danuser, den Verfasser des Leserbriefs, der den Stein ins Rollen gebracht hatte. Gemeinsam ziehen die beiden hinauf auf die Grossalp auf 1833 Metern über Meer. Dort angekommen, müssen sie sich aber gedulden. Der Senn sei noch bei den Kühen, heisst es. 70 Kühe seien auf der Alp, heisst es. Laut Alpkommission wird die Alp mit 75 Kühen bestossen. Dass es somit keinen Platz für die beiden Hornkühe von Bauer Daniel Roffler gebe, sehen Capaul und Danuser nicht ein. «Das ist himmeltraurig. Es gibt Möglichkeiten wie die Kugeln für die Hörner, aber die Bauern wollen einfach nicht», sagt Danuser.

Glockengeläut ist zu hören, bald schon zieht Kuh um Kuh muhend am Kameramann vorbei. Hörner bekommt er an diesem Tag nur in Form der Teigwaren auf seinem Mittagsteller zu sehen. «Wie traurig die Kühe dreinschauen», bemerkt Capaul. Sprechen will niemand mit dem Kamerateam, auch nicht der Senn, der mit den letzten Kühen eingetroffen ist. Gelohnt habe sich die Fahrt von seinem Hof im Berner Jura auf die Grossalp dennoch, findet Capaul. «Ich habe gesehen, dass hier niemand meine Hilfe will.» Sein Kampf gehe weiter, am Montag und am Dienstag gebe er wieder zwei Interviews. «Machends guet mitenand», sagt Capaul, steigt in seinen VW Carthago Malibu – und tuckert ins Tal.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Leben & Freizeit MEHR