×

Glarus Nord stellt jeden dritten Brunnen ab

Jetzt schlägt sich der fehlende Regen doch auch im Glarnerland nieder: In Glarus Nord versiegen die Quellen. Dramatisch sei die Situation aber nicht, sagt die Gemeinde: Wasser kann die Gemeinde auch von einem anderen Ort beziehen. Das hat allerdings finanzielle Folgen.

Sebastian
Dürst
18.07.18 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Der letzte Tropfen aus dem Stein: Der Brunnen in der Näfelser Gerbi sprudelt heute wegen der Trockenheit nicht mehr. Gestern floss das Wasser aber noch.
Der letzte Tropfen aus dem Stein: Der Brunnen in der Näfelser Gerbi sprudelt heute wegen der Trockenheit nicht mehr. Gestern floss das Wasser aber noch.
SEBASTIAN DÜRST

Zwischendurch gibt es zwar ein Gewitter und etwas Niederschlag, aber grundsätzlich ist es in diesem Sommer in der ganzen Schweiz viel zu trocken. Noch vor einigen Wochen konnten die Behörden melden: Die Trockenheit ist zwar auch im Glarnerland spürbar, aber grosse Folgen habe das nicht.

Als erste Gemeinde hat jetzt Glarus Nord eine Massnahme ergriffen. Aus rund einem Drittel der 93 Brunnen auf Gemeindegebiet sprudelt ab heute Morgen kein Wasser mehr. Rolf Hunold, Leiter der Abteilung Tiefbau bei der Gemeinde Glarus Nord, erklärt, wie man die Brunnen ausgewählt hat: «Wir haben darauf geachtet, dass nicht in einem Quartier alle Brunnen abgeschaltet werden, sondern nur jeden zweiten oder dritten.» Es ist nicht so, dass die abgestellten Brunnen an einem Ort stehen, wo besonders wenig Wasser zur Verfügung steht. Das Abschalten sei übrigens einfach, erklärt Hunold: «Man dreht einfach den Hahn zu.»

Bis zu 45 Badewannen pro Brunnen werden gespart

Die Brunnen werden abgestellt, um den Verbrauch der Ressource Trinkwasser zu senken, schreibt die Gemeinde Glarus Nord in einer Mitteilung. Pro Brunnen spare man so pro Tag 30 bis 45 durchschnittlich gefüllte Badewannen Wasser pro Tag.

«Zurzeit beziehen wir rund 75 Prozent des Wasser aus Grundwasser.»

Das Sparen wird nötig, weil die Quellen in Glarus Nord durch die Trockenheit versiegt sind. Für die Bevölkerung gebe es aber noch genug Wasser, sagt Hunold. Die Gemeinde hat nämlich eine Alternative zur Hand: das Grundwasser.

«Zurzeit beziehen wir rund 75 Prozent des Wassers aus dem Grundwasser. Normalerweise sind es 0 bis 25 Prozent», so Hunold. Die Trinkwasserversorgung könne man theoretisch relativ lange so sicherstellen. «Aber natürlich beeinflusst es den Grundwasserspiegel, wenn man viel mehr Wasser daraus bezieht», erklärt er. Im Moment werde die Versorgung mit zusätzlichem Wasser aus den Grundwasserpumpwerken Allmeind Mollis, Feld Niederurnen und Erlen Näfels gespeist.

Das Umschalten auf den Bezug aus dem Grundwasser hat noch eine andere unangenehme Folge. Das Wasser muss nämlich mit grossen Pumpen aus dem Boden geholt werden. Das braucht Energie, und die kostet Geld.

Nicht betroffen von den versiegenden Quellen ist laut der Mitteilung der Gemeinde nur ein Gebiet: der Kerenzerberg. Dort würden die Quellen immer noch genug Wasser hergeben. Warum genau die Quellen auf dem Kerenzer immer noch sprudeln, wisse man nicht genau, sagt Rolf Hunold.

Das Brunnen-Abstellen ist ein Novum in der Gemeinde

«Dass die Gemeinde Brunnen abstellt, um Wasser zu sparen, hat es meines Wissens noch nie gegeben», so Hunold. Daraus dürfe man aber nicht den Schluss ziehen, dass es früher noch nie so trocken war.

Hunold ist es auch wichtig zu betonen, dass für die Bevölkerung nach wie vor genug Wasser zur Verfügung steht. «In Panik geraten muss niemand: Wir sind nicht soweit, dass wir drastische Massnahmen ergreifen müssten», so Hunold.

Drastische Massnahmen mussten beispielsweise im Kanton Thurgau ergriffen werden, wie Hunold erklärt. Dort hätten die Behörden zum Beispiel das Spritzen der privaten Gärten verboten und die Entnahme von Wasser aus öffentlichen Gewässern. «Das ist ein nächster Schritt, wenn es so trocken bleibt», erklärt er. Vorerst legt er aber der Bevölkerung ans Herz, von sich aus sparsam mit der Ressource Wasser umzugehen, damit sie nicht knapper wird als nötig. «Zum Beispiel empfehle ich der Bevölkerung von Glarus Nord, das eigene Auto nicht ohne Grund zu waschen», sagt Hunold.

Warten auf den Regen

Wie lange bei den gut 30 abgestellten Brunnen in Glarus Nord kein Wasser mehr sprudelt, kann Hunold nicht sagen. Das hängt davon ab, wie sich das Wetter entwickelt. «Die Situation wird fortlaufend analysiert. Wenn es regnet, entspannt sich die Situation natürlich. Wir haben Daten, von welcher Quelle wie viel Wasser kommt, und können darum schnell reagieren, wenn eine Veränderung eintritt», sagt Rolf Hunold.

«Es braucht 14 Tage Regen, damit sich die Reservoirs erholen können.»

Fest steht aber so oder so, dass es viel Wasser braucht, bis die Quellen in den Bergen wieder gefüllt sind. «Damit sich die natürlichen Reservoirs in den Bergen wieder erholen können, braucht es rund 14 Tage Landregen», weiss der Wasserfachmann.

Nachteile mit «Schwimmern»

Schon seit einer Woche sind die Brunnen im Gebiet Fronalp abgestellt. «Seit Längerem gibt es dort auch Brunnen mit Schwimmerbetrieb. Das heisst, dass der Brunnen nur Wasser abgibt, wenn es benötigt wird», so Hunold. Das habe allerdings den grossen Nachteil, dass die Reinigung intensiver ausgeführt werden müsse.

Sebastian Dürst ist Redaktionsleiter der «Glarner Nachrichten». Er ist in Glarus geboren und aufgewachsen. Nach Lehr- und Wanderjahren mit Stationen in Fribourg, Adelboden und Basel arbeitet er seit 2015 wieder in der Heimat. Er hat Religionswissenschaft und Geschichte studiert. Mehr Infos

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Leben & Freizeit MEHR