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I wärde oi hura vermissa, liebe Bündner

Warum sich Gast-Schreiberin Valentina Dirmaier trotz Startschwierigkeiten und Missverständnissen in Euer Graubünden verliebt hat und ihr der Abschied nicht nur ein «bitzli», sondern sehr schwer fällt.

31.01.18 - 12:48 Uhr
Leben & Freizeit
Abschieds-Föteli aus der Redaktion: Gast-Schreiberin Valentina sagt «Uf  Widerluaga»!
Abschieds-Föteli aus der Redaktion: Gast-Schreiberin Valentina sagt «Uf Widerluaga»!

Liebe Bündner!

Eigentlich passe ich hier nicht her. Das war mein Gedanke bei der Ankunft Anfang Januar (ich wurde immer wieder mit Lachen oder Blicken von der Seite aufmerksam gemacht, dass es bei euch Eidgenossen keinen «Jänner» gibt). Dafür gibt es einige Gründe. Zunächst, die Uhr ist mein Feind und «Pünktlichkeit» versteckt sich in meinem Wortschatz gerne hinter «flexibel».

Von eurem herzhaften Käse und den zartschmelzenden Pralinen ganz zu schweigen. Schon beim Gedanken daran streikt die Verdauung, bei Überkonsum gibts dann abdominalen Ärger – obwohl ich als waschechte Innviertlerin vermutlich mit deftiger Hausmannskost statt mit Muttermilch aufgezogen wurde. Also bin ich gewissermassen ein Fremdling im Land, wo Käse und Schokolade fliessen.

Schliesslich wäre da noch das Thema Sprache. Wir hätten zwar die gleiche Basis, aber in der Vollendung liegen Gräben, Berge und Landesgrenzen dazwischen. Ich hatte zwar vor meiner Ankunft schon Radio Südostschweiz konsumiert. Aber das «Zualosen» hat nichts genützt.

Nicht die einzige mit Verständnisproblemen

An meinem ersten Tag in Chur hat ein «Wie bitte?» das nächste «Was hast du gesagt?» gejagt. Und hat schliesslich mit einem Lachanfall nach «huara» seinen Höhepunkt gefunden. Ja, «i han nüt verstanda». Zum Glück war ich nicht die einzige, die gesprochene Sprache als Barriere interpretierte: Die Schweizer Kollegen in der Redaktion hatten oft ihre liebe Not mit mir.

Besonders bei Innviertlerischen Brocken wie «patzig», «verplempan», «Neichtl», «drawig», «deppat» und «freili». Das Lachen verging mir aber, als ich mich bei meinem ersten Ausgang spätnachts zum Graubünda-Song bewegen sollte. Mitsingen? Nie im Leben.  

Der Verwunderung nicht genug: Ich hatte selten im Leben so viele Schreckmomente als vor Euren Kassierinnen – nein, die armen Damen sind nicht zum Fürchten. Aber das, was sie von mir verlangten, war horrend. Ja, mit Eurer Preispolitik muss der östliche Nachbar leben lernen. Generell, das Thema Geld ist ein heikles. Habe ich im Eiltempo gelernt.

Bin dem Schwiizerdütsch a bitzli mächtig

Genauso schnell habe ich aber vieles gesehen, erlebt und (sehr schätzen) gelernt. Ich bin nach meinem kurzen Gastspiel nicht nur Eurem Schwiizerdütsch einigermassen mächtig (mit Ausnahme der Buchstabenschlucker und Nuschler, die verstehe ich noch immer nicht) und kann sogar ohne das von mir heiss begehrte «scharfe S» auf der Tastatur leben.

Ich kann nun auch mit Fug und Recht behaupten, dass ihr zwar ein «bitzli» braucht, bis ihr auftaut. Aber dann schliesst Ihr einen sofort ins Herz und macht einem den Abschied würkli «gopferdammi» schwer.

Und so kommt es. Nach einem Monat Praktikum bei «suedostschweiz.ch» geht es wieder nach «Dahoam» ins Innviertel. (Ja, dorthin, wo Wegweiser nach «Fucking» und ins «Jenseits» führen).

Liebe Schweizer, liebe Bündner,
Uf Widerluaga, Uf Widerlese! Ade und Adieu! Pfiad eich!

Valentina

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