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Der kirchliche Haussegen hängt ziemlich schief

In der Katholischen Kirchgemeinde Albula herrscht statt Adventsseligkeit Krisenstimmung. Im Mittelpunkt des Konflikts steht die Schmittner Glaubensgemeinschaft «Quell des Lebens».

12.12.17 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Bild aus besseren Tagen: Bei der Gründung der Glaubensgemeinschaft «Quell des Lebens» unterstützte Bischof Huonder (Mitte) Pater Johannes, Pater Paulus Maria, Schwester Maria Magdalena und Bruder Abraham (von links).
Bild aus besseren Tagen: Bei der Gründung der Glaubensgemeinschaft «Quell des Lebens» unterstützte Bischof Huonder (Mitte) Pater Johannes, Pater Paulus Maria, Schwester Maria Magdalena und Bruder Abraham (von links).

Das ist nicht mehr meine Kirche», sagt Martina Brazerol aus Schmitten. Die Mutter zweier Buben ist enttäuscht über das Vorgehen der Katholischen Kirchgemeinde Albula. Vor Kurzem wurde nämlich bekannt, dass die beliebten Religionslehrer Pater Paulus Maria Schmuck und Bruder Abraham Würtenberger keinen Unterricht mehr erteilen dürfen.

Die beiden sind Mitglieder der Schmittner Glaubensgemeinschaft «Quell des Lebens», die bisher im Auftrag der Kirchgemeinde im Schulkreis Belfort unterrichtete.

Brazerol reagierte sofort: Sie verfasste einen Brief an die Kirchgemeinde, an Bischof Vitus Huonder und an Dekan Kurt Susak, der die Entlassung der Glaubensbrüder veranlasst hatte.

In dem von allen Eltern der Schulgemeinde Belfort unterzeichneten Schreiben wird gefordert, dass Schmuck und Würtenberger weiterhin Religion unterrichten dürfen. Einige Eltern drohen gar mit einem Austritt aus der Kirche, falls auf die Forderung nicht eingetreten werden sollte.

Zerstrittener Vorstand

Der Brief der Eltern sorgte an der kürzlich durchgeführten Kirchgemeindeversammlung für einen Eklat. Lautstark wurde dabei nicht nur über den Religionsunterricht, sondern auch über die Zusammenarbeit der Kirchgemeinde mit der Glaubensgemeinschaft «Quell des Lebens» insgesamt diskutiert, wie die Lokalzeitung «Novitats» schreibt.

Kirchgemeindepräsident Werner Wind will heute dazu nur Folgendes sagen: «Ich stehe voll hinter dem ‘Quell des Lebens’. Ich lege für die Gemeinschaft meine Hände ins Feuer, sie hat sich nichts zuschulden kommen lassen.» Deshalb hat er die Kündigung, welche die Gemeinschaft am 7. November erhalten hat und die der Redaktion vorliegt, auch nicht unterschrieben.

Mit bischöflichem Segen

Begonnen hat die Geschichte der Gemeinschaft «Quell des Lebens» im Jahr 2012. Damals liessen sich vier Männer und eine Frau aus Süddeutschland in Schmitten nieder und gründeten die Glaubensgemeinschaft. Zwei von ihnen sind als Patres bis heute dem Benediktinerkloster Beuron angeschlossen, einer ist Religionspädagoge und studiert in Chur Theologie, ein weiterer ist Theologe und mittlerweile bischöflich ernannter Vikar für verschiedene Pfarreien im Albulatal.

Schwester Maria Magdalena schliesslich sitzt im Vorstand der Katholischen Kirchgemeinde Albula. Als Eremiten leben die fünf Mitglieder der Glaubensgemeinschaft in zwei Pfarrhäusern und in Mietwohnungen. Für die Kirchgemeinde Albula übernahmen sie bis vor Kurzem seelsorgerische und priesterliche Aufgaben.

Bischof Vitus Huonder und Dekan Kurt Susak haben damals alle Mitglieder der Gemeinschaft wohlwollend empfangen, wie Pater Paulus Maria Schmuck heute erklärt. «Der Bischof hat uns während fünf Jahren sehr unterstützt.» Er habe die Gemeinschaft auch kirchenrechtlich anerkannt.

Pfarrstelle sorgt für Wirbel

Hinzu kommt, dass Schmuck im vergangenen Jahr von Huonder zum Priester geweiht wurde. Und es sah alles so aus, als ob der Bischof die momentan vakante Pfarrstelle im Albulatal mit Schmuck oder einem anderen Priester aus der Gemeinschaft besetzen würde.

Trotz allem stellt sich Bischof Huonder laut Schmuck nun aber auf den Standpunkt, dass die zwei Benediktinermönche ins Kloster Beuron zurück müssen. Die kirchenrechtlich erlaubte fünfjährige Auszeit vom Kloster sei nämlich abgelaufen.

Schmuck versteht dies nicht. Denn im August habe man gemeinsam mit dem Erzabt eine für alle zufriedenstellende Lösung gefunden, sodass die Gemeinschaft im Albulatal weiter wirken könne. Schmuck glaubt, Dekan Kurt Susak wolle verhindern, dass die Pfarrstelle im Albulatal durch Mitglieder des «Quell des Lebens» besetzt werde.

Susak ist als Pfarrer in Davos tätig und seit der Fusion der Kirchgemeinden als sogenannter «Administrator in solidum» gemeinsam mit Pfarrer Paul Schlienger für das Albulatal zuständig. Diese Übergangslösung gilt, bis im Sommer ein zweiter Pfarrer gewählt wird.

Was Susak vorschwebe, sei aber eine doppelt besetzte Seelsorgeeinheit Davos-Albulatal, meint Schmuck. Und in diesem «Bauplan» habe der «Quell des Lebens» keinen Platz mehr. Deshalb führe Susak seit zwei Jahren eine Verleumdungskampagne gegen die Gemeinschaft und füttere Menschen gezielt mit Falschinformationen.

Klarstellung vonseiten Susaks

Und was sagt der angegriffene Dekan zu diesen Vorwürfen? «Es ist alles auf gutem Weg. Es ist ganz normal, dass es auch in der Kirche zu Spannungen kommt», so Susak. Seinen Aussagen an der Kirchgemeindeversammlung zum Trotz sieht er nun doch eine Lösung, die beiden beliebten Religionslehrer trotz Kündigung weiter für die Kirchgemeinde arbeiten zu lassen.

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Mit Erstaunen habe ich den Bericht „Der kirchliche Haussegen hängt ziemlich schief“ in der Südostschweiz gelesen. Denn als zuständiger Pfarrer erlebe ich die Pfarreien im Albulatal friedlich und lebendig. Der Sachverhalt einer gegenwärtigen Personalfrage ist einfach erklärt. Von den fünf Mitgliedern des privaten Vereins „Quell des Lebens“ in Schmitten, von einer kirchenrechtlichen Erhebung kann keine Rede sein, sind nur zwei, nämlich P. Johannes Schmuck und P. Stephan Petzolt, Pater der Erzabtei Beuron. Beiden wurde eine übliche 5-Jährige Zeit ausserhalb ihres Klosters gewährt, welche sie als priesterliche Mitarbeiter im Albulatal verbrachten. Nun, nach Ablauf des 5-Jährigen Exklaustrationsindult wurden beide Pater von ihrem zuständigen Erzabt Tutilo Burger OSB in ihr Heimatkloster nach Deutschland zurückgerufen. Dem wollen sie aber nicht Folge leisten und so sind unnötige Turbulenzen entstanden, die auf dem Rücken der Gemeindemitglieder ausgetragen werden sollen, wogegen ich mich als zuständiger Pfarrer und Dekan wehre. Diese kircheninterne Frage muss zwischen den beiden Patern und dem Erzabt von Beuron geregelt werden. Es ist nicht Aufgabe des Bischofs von Chur und der Kirchgemeinde Albula, sich in dieses klosterinterne Verfahren einzumischen. Dies war die Grundlage für den Entscheid des Kirchgemeindevorstands Albula, die Anstellung mit den beiden Patern nicht mehr verlängern zu können. Wenn die Pater nicht mehr Mitglieder der Erzabtei Beuron sein wollen, dann können sie den ordentlichen Austritt aus dem Kloster beantragen und sich als Pfarrer bei einem Bischof bewerben. Aber beides gleichzeitig ist nicht möglich. Anders verhält es sich bei Thomas Schmuck (Paulus Maria). Er ist kein Pater sondern Vikar des Bistums Chur. Er war nie bei der Kirchgemeinde Albula angestellt. Zwischenzeitlich hat er sich als Vikar in einer Kirchgemeinde beworben und arbeitet dort. Ich frage mich, warum er sich für seinen Verbleib im Albulatal einsetzt aber zeitgleich bei einer anderen Kirchgemeinde anstellen lässt. Auch hier sei gesagt, beides ist nun mal nicht möglich.
Bei logischer Betrachtung und Kenntnis der Situation ist der Sachverhalt eindeutig. Niemand ist gegen die priesterlichen Dienste der Pater und niemand ist gegen die Idee einer Gemeinschaft Quell des Lebens. Wogegen sich immer mehr Pfarreimitglieder wehren ist die Tatsache, dass Gläubige instrumentalisiert und entzweit werden, nur weil fünf Mitglieder eines privaten Vereins nicht willens sind, der Anweisung des zuständigen Vorgesetzten der Erzabtei Beuron Folge zu leisten. Wenn ich mich richtig erinnere gehört Gehorsam zu einer klösterlichen Tugend. Von der Entscheidung der Kirchgemeinde Albula, die in ihr Heimatkloster zurückgerufenen Pater folgerichtig nicht mehr anstellen zu können, ist Religionslehrer Markus Württemberger nicht tangiert. Er ist Theologiestudent in Chur und hat bis heute keine Kündigung erhalten. Geplant ist, dass er den Religionsunterricht in Alvaneu zusammen mit Pfarrer Paul Schlienger bis zum Schuljahresende fortsetzt.
Dekan Pfr. Kurt B. Susak, Davos

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