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Schänner Töfffreak will seinen Lehrbetrieb unbedingt kaufen

Samuel Seliner ist Motorradmechaniker und eingefleischter Ducati-Fan. Nun zeigt das Schweizer Fernsehen SRF seine Schwierigkeiten, den renommierten Motorradbetrieb seines zurücktretenden Chefs zu übernehmen.

Jérôme
Stern
15.11.17 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Knifflige Aufgabe: Der Schänner Werkstattbesitzer Edgar Schnyder (rechts) will seinen Betrieb an Samuel Seliner übergeben.
Knifflige Aufgabe: Der Schänner Werkstattbesitzer Edgar Schnyder (rechts) will seinen Betrieb an Samuel Seliner übergeben.
PRESSEBILD SRF

In seiner «Dok»-Reihe namens «Wenn Alte gehen und Junge kommen» beleuchtet das Schweizer Fernsehen SRF ein drängendes Problem: Immer mehr Familienbetriebe stehen hierzulande vor einem Generationenwechsel.

Am Donnerstag zeigt SRF vier Beispiele solcher Firmen – darunter auch die renommierte Schänner Ducati-Motorradvertretung Schnyder Corse von Edgar Schnyder. Vor drei Jahren beschloss der heute 58-Jährige, seinen Betrieb zu übergeben. Bloss wem? Keines seiner beiden Kinder wollte die Last schultern. Und sein ehemaliger Lehrling Samuel Seliner arbeitete mittlerweile bei der Glarner Abwasserreinigung. Trotzdem ist der 24-jährige Motorradmechaniker aus Schänis nun als Nachfolger eine der Hauptpersonen der Fernsehdoku.

«Weil es um Ducati geht, habe ich Ja gesagt – bei einer japanischen Marke hätte ich abgelehnt.»

Die Banken halfen weiter

Seliner erklärt, wie es dazu gekommen ist: «Anfang 2015 war ich bei einem Rundstreckentraining in Frankreich.» Er sei mit einer speziell präparierten Ducati dort gefahren, erinnert er sich. «Bloss zum Vergnügen.» Ein Mitarbeiter von Ducati-Schweiz fragte den gelernten Motorradmechaniker, ob er die Werkstatt plus die Ducati-Vertretung seines ehemaligen Lehrmeisters Schnyder übernehmen wolle. Für Seliner war schnell klar, dass er wollte. «Weil es um Ducati geht, habe ich Ja gesagt», erklärt der bekennende Ducati-Freak. «Bei einer japanischen Motorradmarke hätte ich die Anfrage sicher abgelehnt.»

Für den Firmengründer Schnyder war Seliner sowieso der Wunschkandidat: Er habe das Know-how, die anspruchsvolle Kundschaft zufriedenzustellen und seinem Lebenswerk eine beruhigende Kontinuität zu geben.

Mit Seliners Entscheidung begannen jedoch die Probleme: Denn die geforderten knapp zwei Millionen Franken hatte er nicht auf der hohen Kante. So machte er sich auf die Suche nach Geldgebern. Gleichzeitig stieg er als Werkstattchef wieder bei Schnyder Corse ein. 

Als die Fernsehjournalistin Susanne Arnold vor zwei Jahren anfing, nach passenden Betrieben für ihre Sendung zu recherchieren, kam der Kontakt zur Schänner Firma durch deren Hausbank zustande. 

Lieber schrauben als reden

«Ich traf Arnold zum ersten Interview 2015, als ich mitten in den Verhandlungen mit Banken und Investoren stand», erinnert sich Seliner. Die Suche nach dem Geld sei aufreibend gewesen, und die ganze Angelegenheit sei damals in der Schwebe gewesen. Nicht zuletzt, da ein anfänglich interessierter Investor äusserst kurzfristig abgesprungen ist. 

Acht Tage dauerten die Filmarbeiten – und für den jungen Werkstattchef wurde es eine hektische Zeit. Die Drehtage seien für ihn anstrengend gewesen, sagt Seliner. «Ich bin es nicht gewohnt, viel zu reden.» Bei den Dreharbeiten sei so viel gefragt und gesprochen worden, dass er sich gar nicht mehr an alle Fragen erinnern könne. «Ausserdem schraube ich lieber an Motorrädern, anstatt zu reden.» Trotzdem bezeichnet Seliner die Filmarbeit als «eine coole Erfahrung». 

Tochter möchte nicht leiten

Er hält fest, dass sein Job als Werkstattchef zeitaufwendig sei. «Ich arbeite 50, 60 Stunden in der Woche.» Wegen den Filmarbeiten hätten sich noch längere Arbeitstage ergeben. Den Film wird sich Seliner mit Vergnügen anschauen. Aufnehmen möchte er ihn aber nicht. «Aber ich habe Kollegen, die die Sendung sicher aufnehmen werden.»

Im Film zu Wort kommt neben Seliner, dem Firmengründer Schnyder und seiner Frau Margrit auch die Tochter des Firmengründers, Natalie. Zwar ist die 28-Jährige im väterlichen Betrieb zuständig für Verkauf und Kundendienst. Doch übernehmen wolle sie die Firma nicht, sagt sie.«Ich habe eine Ausbildung als tiermedizinische Gehilfin und keine Mechanikerlehre absolviert», so Natalie Schnyder. Die Leitung eines Betriebs sei nicht ihr Ding. 

Ob Seliner das Geld auftreiben kann, sei an dieser Stelle nicht verraten, zumal SRF die Geschichte über zwei Folgen erzählt.

Familienbetriebe in der Schweiz sind gefordert

Die Schweiz ist ein Land der kleinen und mittleren Betrieben. 75 Prozent davon sind reine Familienunternehmen. Die erfolgreiche Übergabe solcher Firmen ist für die Volkswirtschaft von grosser Bedeutung. Dieser Herausforderung widmet das Schweizer Fernsehen SRF eine zweiteilige Dokumentation. Deren Macher fragen unter anderem, ob die alten Firmenchefs Vertrauen in die Nachfolger haben. Sie zeigen, was geschieht, wenn niemand in der Familie den Betrieb übernehmen will. Neben der Firma Schnyder Corse (siehe Haupttext) kommen drei weitere Familienbetriebe zu Wort: der Luzerner Gastrobetrieb Renimag AG der Familie Eltschinger, die Zingre Chaletbau AG in Saanen sowie die Secondhand-Ladenkette Anna K der Familie Kössler in Basel. Ausgestrahlt werden die Beiträge morgen sowie am Donnerstag, 23. November, jeweils um 20.05 Uhr auf SRF 1. 

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