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Ein Verein begleitet Angehörige, die ihr Kind verlieren

Trauer hat viele Wege – jeder ist anders. Der Verein Regenbogen Schweiz begleitet Hinterbliebene von verstorbenen Kindern individuell. In Pfäffikon SZ leitet ein Rapperswiler eine regionale Gruppe des Vereins.

Südostschweiz
29.08.17 - 05:00 Uhr
Leben & Freizeit
Wenn ein Kind stirbt: Der Verein Regenbogen hilft Betroffenen in der ganzen Schweiz – der Rapperswiler Jules Juple (links) leitet eine Selbsthilfegruppe des Vereins in Pfäffikon.
Wenn ein Kind stirbt: Der Verein Regenbogen hilft Betroffenen in der ganzen Schweiz – der Rapperswiler Jules Juple (links) leitet eine Selbsthilfegruppe des Vereins in Pfäffikon.
ZVG

Ein Kind stirbt. Grenzenlose Trauer entsteht. Für Eltern, Geschwister, Grosseltern, Angehörige. Aber auch Freunde und Bekannte stürzen in einen Strudel der Gefühle, wissen oft nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollen. «Sehr oft sind trauernde Eltern völlig allein gelassen», sagt Jules Juple aus Rapperswil- Jona vom Verein Regenbogen Schweiz. Er weiss, wie es sich anfühlt, wenn man als Eltern plötzlich den Boden unter den Füssen verliert, von einer Sekunde auf die andere alles anders ist. Seine Familie hat vor sechs Jahren Tochter Melina, im Alter von acht Jahren, durch einen Unfall verloren.

Nach dem ersten Schock begann die Trauerarbeit. Juples versuchten, mit der neuen, unfassbaren Situation klar zu kommen. «Ich schaffte das nicht alleine und fand Hilfe im Verein Regenbogen Schweiz.» Der Verein ist schweizweit organisiert und betreibt 26 Gruppen, über die gesamte Schweiz verteilt. Juple besuchte regelmässig die Gruppe in Zürich und fand damit wieder einen gangbaren Weg in den Alltag zurück. «Man findet zwar wieder zurück in den Alltag. Die Trauer aber bleibt lebenslänglich.»

Hilfe in Pfäffikon für die Region wieder aufgebaut

Nach rund drei Jahren wollte die Gruppenleiterin in Zürich die Leitung in neue Hände legen. Jules Juple wurde angefragt und sagte gerne zu. Seither amtiert er als Gruppenleiter. Während dreier Jahre in Zürich, und im vergangenen Januar hat er in Pfäffikon SZ eine neue Gruppe ins Leben gerufen.

Dort finden auch Betroffene aus dem Linthgebiet Hilfe. «In Pfäffikon gab es früher bereits eine Gruppe, die aber vor längerer Zeit aufgegeben worden war.» Juple wusste, dass auch in dieser Region Bedarf an einer Selbsthilfegruppe besteht. Denn Eltern erhalten zwar von Ärzten und Psychologen Unterstützung, aber nur, wer dieses Schicksal persönlich erlebt hat, weiss, wovon er spricht, wenn er Hilfe anbietet.

Viele der Selbsthilfegruppen sind unterteilt in gemischte Gruppen, die Papillon-Gruppe und die Suizid-Gruppe. «In der Papillon-Gruppe finden sich Eltern von Kindern, die ungeborenen oder neu geborenen verstorben sind», erklärt Juple. Die Gruppe in Pfäffikon beinhaltet alle drei Gruppen, solange sich nicht mehr Betroffene melden.

Auf seinem Weg durch die Trauer wurde Jules Juple bald klar, dass er sich diesbezüglich weiterbilden möchte. Er begann die Ausbildung zum Sterbe- und Trauerbegleiter. Nun ist er im Endspurt und hat soeben die Abschlussarbeit mit dem Thema «Wenn ein Kind stirbt» geschrieben. Darin beleuchtet er die verschiedenen Wege der Trauer und auch, wie die Gesellschaft mit trauernden Menschen umgeht. Er weiss, wie es sich anfühlt, wenn Trauernde gemieden werden, Freunde sich nicht melden, weil sie nicht wissen, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Er weiss auch, dass jeder Mensch anders trauert und es eine Herausforderung ist, wenn Partner und Kinder völlig unterschiedlich trauern.

Mit der Trauer nicht allein gelassen werden

Im Verein Regenbogen Schweiz erfahren die Betroffenen, dass sie nicht alleine sind. Und vor allem erhalten sie nicht Mitleid, sondern Mitgefühl. «Und das ist enorm wichtig in dieser Situation.» Denn Mitleid hilft nicht weiter, und dass die Gesellschaft der Ansicht ist, dass nach einem Jahr Trauer alles erledigt ist, macht es den Betroffenen nicht einfacher. «Auch im Arbeitsleben wird erwartet, dass man einfach weiterhin so funktioniert als wäre nicht geschehen.»

Während der Verein Regenbogen Schweiz ausschliesslich für Eltern da ist, gibt es für Grosseltern lediglich eine Internetseite. Für Kinder, die eine Schwester oder einen Bruder verloren haben, gibt es wiederum einen eigenen Verein, den «life with».

Egal, wie alt ein Kind war, als es verstarb – der Verein Regenbogen Schweiz ist für alle, die Bedarf an einer Interessengemeinschaft haben, da.

 

Die Vereine der Region kennenlernen
Immer am Dienstag präsentiert sich an dieser Stelle ein Verein aus der Region. Nutzen Sie die Möglichkeit, kostenlos in der «Südostschweiz» vorzustellen. Melden Sie sich bei uns, und wir nehmen gerne mit Ihnen Kontakt auf. Schicken Sie ein Mail mit dem Vermerk an: gastersee@suedostschweiz.ch.

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