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Junge sollen nicht ins Altersheim

Immer wieder leben jüngere Personen mit Körperbehinderung oder Hirnverletzung in Altersheimen. Für sie gibt es in Rapperswil-Jona bald ein neues Angebot.

Südostschweiz
22.07.17 - 09:17 Uhr
Leben & Freizeit
Die Ortsgemeinde Rapperswil-Jona hat ein neues Projekt geplant.
Die Ortsgemeinde Rapperswil-Jona hat ein neues Projekt geplant.
ARCHIVBILD JÉROME STERN

Es ist 8 Uhr in einem Alters- und Pflegeheim in Rapperswil-Jona. Die 45-jährige Karin Widmer* ist eben aufgestanden. Sie nimmt das Frühstück entgegen. Nebenan schläft ihre Mutter, Rosa Widmer* (78). Karin Widmer leidet an Multipler Sklerose und wurde jahrelang von ihrer Mutter gepflegt. Seit diese selbst pflegebedürftig ist, leben sie in einem Zweibettzimmer im Alters- und Pflegeheim.

Die Situation widerspricht der UNO-Behindertenrechtskonvention, die für Menschen mit einer Behinderung eine altersgemässe Lebensform mit Teilhabe am Gesellschaftsleben fordert, wie der Ostschweizer Verein zur Schaffung und zum Betrieb von Wohnmöglichkeiten für Körperbehinderte (OVWB) schreibt.

«Jüngere pflegebedürftige Behinderte sollen nicht in einem Mehrbettzimmer untergebracht werden, weil es ja eine längerfristige Wohnsituation braucht», sagt OVWB-Geschäftsleiter Peter Hüberli. Der Verein stellt seit 30 Jahren Wohnraum und Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit einer Körperbehinderung oder Hirnverletzung zur Verfügung in St. Gallen, Walenstadt – und bald auch in Jona.

Betroffene und Warteliste

Das Angebot soll sich speziell an Personen wie Karin Widmer wenden, die in Alters- und Pflegeheimen wohnen müssen, aber noch nicht im AHV-Alter sind.

«In Rapperswil-Jona gibt es mehrere Betroffene und eine Warteliste», sagt Hüberli. In der neuen Institution in Rapperswil-Jona sollen Personen aus der ganzen Umgebung leben. Die ersten sieben von 14 Plätzen werden in der Überbauung Stadttor an der Molkereistrasse 1 in Jona mit Wohn-, Gewerberaum und Einkaufsmöglichkeiten realisiert. «Die Lage mitten in der Stadt mit der gemischten Nutzung erlaubt mehr Teilnahme am Gesellschaftsleben als eine Wohnung am Stadtrand», sagt Hüberli.

Alle Plätze habe der Kanton bereits bewilligt, heisst es in der Mitteilung weiter. Der Name des neuen Angebots lautet Casamea. Es umfasst neben dem Wohnen auch eine Tagesstruktur mit Arbeitsmöglichkeiten wie Bürodienstleistungen und die Herstellung kunsthandwerklicher Produkte. Start ist noch diesen Herbst. Mit der Ortsgemeinde Rapperswil-Jona wird die zweite Etappe geplant: 2020/21 sollen weitere sieben Wohn- und Arbeitsplätze in einer Wohnung einer Alterssiedlung eröffnet werden. (RED)

*Namen geändert.

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